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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft: Zweiter Kongreß für Ästhethik und allgemeine Kunstwissenschaft Berlin, 16.-18. Oktober 1924 — 19.1925

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Geiger, Moritz: Phänomenologische Ästhetik
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Kreis, Friedrich: Über die Möglichkeit einer Ästhetik vom Standpunkt der Wertphilosophie
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https://doi.org/10.11588/diglit.3819#0049

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42 FRIEDRICH KREIS.

der Ausrufer zu viel des Merkwürdigen versprochen hat. So auch
liegt die letzte Bewährung all dessen, was ich als wesentlich für die
phänomenologische Methode aufgewiesen habe, nicht in methodischen
Versprechungen, sondern in ihrer Durchführung an den einzelnen
Problemen, die hier vorzunehmen nicht meine Aufgabe sein kann.

Friedrich Kreis:

Über die Möglichkeit einer Ästhetik vom Standpunkt

der Wertphilosophie.

I.
Beim Eintritt in die ästhetische Untersuchung bleibt zunächst der
Charakter des ästhetischen Gegenstandes ganz unbestimmt. Denn die
Frage nach den konstitutiven Momenten des Ästhetischen ist viel zu
kompliziert, als daß wir damit unsere Überlegungen beginnen könnten.
Wir müssen vielmehr unseren Ausgang nehmen von den einfachsten
Voraussetzungen. Als eine solche betrachten wir die Feststellung, daß
sich allem ästhetischen Verhalten ein Sinn erschließt, der unmittelbar
verstanden wird. Wir meinen also, daß das ästhetische Erleben nicht
im bloßen Wahrnehmen eines Gegenstandes beschlossen bleibt, daß
vielmehr darüber hinaus mit der Wahrnehmung ein unmittelbar ver-
ständlicher Sinn gegeben ist, der erst der Wahrnehmung den eigent-
lich ästhetischen Charakter verleiht. So ist es in der Tat. Denn die
Wahrnehmung einer Farbe z. B. als factum brutum, als bloß wirklicher
Vorgang ist sinnfremd und bedeutungslos; sie kann wie alles Wirk-
liche zwar erklärt, aber nicht verstanden werden. Empfinden wir nun
aber die Wahrnehmung einer Farbe als einen ästhetischen Eindruck,
so setzt das eben voraus, daß uns die Farbe irgend etwas bedeutet,
dessen Sinn wir unmittelbar, d. h. ohne begrifflich darüber reflektieren
zu müssen, verstehen. Der bloß als wirklich wahrgenommenen Farbe
gegenüber besitzen wir nicht jene Teilnahme, die die ästhetisch erlebte
Farbe uns abnötigt, und die eben darauf beruht, daß uns mit dem
Wirklichen zugleich ein Sinn gegeben ist, der an unser Verständnis
appelliert. Die Erfahrung also, daß das bloße Erleben eines »Rot« oder
»Blau« uns einen Eindruck vermitteln kann, durch den wir veranlaßt
werden, eben dieses Erleben aus dem Strom der Wirklichkeitserfassung
herauszunehmen, indem wir es mit dem Prädikat »ästhetisch« aus-
zeichnen und damit allen übrigen Erlebnisinhalten gegenüber eigen-
tümlich -bewerten«, beweist die Existenz eines mit der Wahrnehmung
unmittelbar verknüpften verständlichen Sinn- und Bedeutungsgehaltes.
Der wirkliche Vorgang der Wahrnehmung einer Farbe wird somit im
ästhetischen Eindruck zum Träger oder zu der Stätte eines Sinnes, der
 
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