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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft: Zweiter Kongreß für Ästhethik und allgemeine Kunstwissenschaft Berlin, 16.-18. Oktober 1924 — 19.1925

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Moser, Hans Joachim: Die Stilverwandtschaft zwischen der Musik und den anderen Künsten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3819#0432

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STILVERWANDTSCHAFT ZWISCHEN MUSIK UND ANDERN KÜNSTEN. 425

Kultur in ihrer Ganzheit empfängt, bedeutet eine Anregung, die in
ihrer Auswirkung dem Wesentlichen näher bleibt als übernommene
Ausdrücke oder abgeguckte Ausdrucksmittel. Die Iphigenie, ganz
Goethesch, ist aus der Antike gebildet, nicht nach ihrem Vorbild, noch
mit ihren Mitteln. »Le repos du septieme jour« ist so chinesisch, nicht
weil dies Drama in China spielt, sondern weil es von Claudel ist.
Mahler hat von den chinesischen Phonogrammen, die er sich angehört
hat, und von den Gedichten, zu denen er sein »Lied von der Erde«
singen läßt, nichts in die Musik hinübergenommen — nach europäischen
Begriffen nichts, nach chinesischen alles: den Sinn.

Schlußwort.

Georg Sc hü ne mann: Schünemann betont seinen Korreferenten gegenüber,
daß er nur von den Beziehungen zwischen exotischer und moderner Musik
gesprochen habe, doch nicht von den Möglichkeiten ihrer Einwirkung auf die
Schaffenden.

Hans Joachim Moser:

Die Stilverwandtschaft zwischen der Musik und den andern

Künsten.

Alfred Einstein hat kürzlich einmal gesagt, das Stilvergleichen mit
Nachbarkünsten arte neuerdings zu einem Gesellschaftsspiel der Musik-
historiker aus. Angesichts der zahlreichen einschlägigen Veröffent-
lichungen auf unserem Gebiet teile ich diese Ansicht, obwohl ich
selbst ein wenig mitschuldig bin. Und ich hätte von mir aus dies
Thema keinesfalls an dieser Stelle erneut angeschnitten, wenn es nicht
der entschiedene Wunsch der Kongreßleitung gewesen wäre. Einer
muß schließlich daran glauben, also nehme ich's auf mich und bitte
um Nachsicht — zugleich auch, wenn ich auf den Nachbargebieten
im Vollbewußtsein sokratischen Nichtwissens noch geringere Kennt-
nisse als im eigenen Fache, dem des Musikgeschichtschreibers, zeigen
sollte.

Daß die heut allgemein ersichtliche Tendenz nach gegenseitiger Er-
hellung der Künste bereits Überdruß erweckt (übrigens hauptsächlich
wohl deshalb, weil die Resultate auf musikalischem Gebiet noch arg un-
gesichert und widerspruchsvoll erscheinen), darf nicht zu der Annahme
verleiten, es handelte sich um eine bloß willkürliche Zeitmode, die
ebenso leicht wieder einfach wegdekretiert werden könne. Vielmehr
haben wir — wohl genau wie auf den Nachbargebieten — eine Er-
scheinung vor uns, die sich im augenblicklichen Stadium des Wissen-
schaftsfortschritts mit organischer Notwendigkeit eingestellt hat. Die
musikhistorische Forschung wenigstens ist nach einer Zeit fleißigsten
 
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