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Korrespondenz. Aus München.
Hat im tiefen mystischen Helldunkel eine solche Noblesse und Kraft, daß man es unbedingt eine durch-
aus geniale Produktion nennen muß, zu der wir uns nur Glück wünscheu köunen, und die ihre
Macht gerade dadurch beweist, daß sie vielseitig erbittertsten Widerspruch hervorrief, der sich oft auf die
allerdrolligsteu Grüude stützte, ohne eben doch irgendwie das Hervorragende der Erscheinung bestreiten
zu können. — Ehe ich indeß vollständig vom Genre zur Landschaftübergehe, bleiben mir noch einige Bil-
der zu erwähuen übrig, die die Mitte zwischen beiden halten; so ein ganz reizend feines Bildchen von
Hartmann: Bauern am Pflügen, ein wahres Kleinod echt malerisch anspruchsloser Ausfassung und
Delikatesse der Ausführung, ferner eine Heuernte von Raupp, welche die schwüle Stimmung des
Moments wie das pslanzenhaft Elementare des Bauernlebens überhaupt mit großem koloristischem
Talent wiedergab, dann mehrere treffliche Thierbilder, zunächst ein von Volz und Schleich gemeinsam
gemaltes von einer Schönheit des Tons, die schon sehr an die guten Alten erinnerte, dann ein nicht
minder treffliches von Volz allein, andere von Breit und besonders Hofner, denen bei frappanter
Wahrheit nur etwas mehr Ton fehlte, um meisterhaft zu fein, endlich treffliche Architekturen von
Knab und Mayer, die aber an demselben Gebrechen laborirten, welches fast nur Markart so total
überwunden. Ungewöhnliche Kraft der Stimmung zeigt auch ein Abendbild von Schleich, eines der
besten, die wir seit lange von ihm gesehen, auch Morgeustern, Lier, Heinlein, Map Zimmer-
mann, Ebert geben tüchtige Leistungen, ebenso ist besonders Steffan durch zwei gauz vortreffliche
kleiue Bilder fehr gut vertreteu. Fischbach endlich hat seither in einer Reihe von Zeichnungen die
Bäume Deutschlands fein nnd poetisch charakterisirt, in einer Weise, daß sie besonders zu Zeichnungs-
Vorlagen passend erscheinen. Bei solchem Reichthum der Kunstvereins-Ausstellungen tauchte der
beiläufig fehr natürliche Gedanke auf, die jetzt so viel mehr bietende Anstalt möge einmal zur
Herstellung ihrer Finanzen wenigstens für die hiesigen Mitglieder das Kunstvereinsgeschenk unter-
lassen, um so mehr als man in den letzten Jahren bisweilen sehr unglücklich damit gewesen ist.
Warum hat der Verein noch nie ein Blatt bei dem trefflichen Raab in Nürnberg, der doch in der
letzten Pariser Ausstellung durch die große goldene Medaille ausgezeichnet wurde, bestellt?
Zum Schluß sei hier noch der großartigen Thätigkeit der königlichen Glasmalerei-Anstalt unter
Ainmüller's Leitung gedacht, welche die größten Ansträge nach allen Himmelsgegenden still und
geräuschlos ausführt, so z. B. früher deu Dom in Glasgow, jetzt die Paulskirche in London mit groß-
artigen Fenstern nach Kompositionen unserer ersten Meister, nach Kaulbach, Schwind und
Schnorr ziert. Eins derselben mit herrlichen Kompositionen des letzteren war kürzlich ausgestellt
uud machte einen großartig wohlthuenden Eindruck, so daß ich den kürzlich in diesen Blättern
ausgesprochenen Tadel gegen die meines Wissens von Faustner herrührende Ausführung der Figuren
nicht recht begreife.
Die Produktion war um so interessanter als sie auf's klarste bewies, daß die Glasmalerei zur
Verwendung der Renaissance-Architektur sich durchaus uicht weniger eignet als für die Gothik, ja
vielleicht noch besser, weil sie weder teppichartige Muster verlangt wie diese, noch durch das magere
Stabwerk so störend die Darstellung großer Scenen und Gestalten zu unterbrechen braucht, welche
nlit dem edleu Pathos der Schnorr'scheu Kompositiou ausgestattet, hier nun eine durchaus grandiose
befriedigende Wirkung hervorbrachten.
Fr. Pecht.
Verantwortlicher Redakteur: Ernst Arthur Seemann in Leipzig. — Druck von C. Grumbach in Leipzig.
Korrespondenz. Aus München.
Hat im tiefen mystischen Helldunkel eine solche Noblesse und Kraft, daß man es unbedingt eine durch-
aus geniale Produktion nennen muß, zu der wir uns nur Glück wünscheu köunen, und die ihre
Macht gerade dadurch beweist, daß sie vielseitig erbittertsten Widerspruch hervorrief, der sich oft auf die
allerdrolligsteu Grüude stützte, ohne eben doch irgendwie das Hervorragende der Erscheinung bestreiten
zu können. — Ehe ich indeß vollständig vom Genre zur Landschaftübergehe, bleiben mir noch einige Bil-
der zu erwähuen übrig, die die Mitte zwischen beiden halten; so ein ganz reizend feines Bildchen von
Hartmann: Bauern am Pflügen, ein wahres Kleinod echt malerisch anspruchsloser Ausfassung und
Delikatesse der Ausführung, ferner eine Heuernte von Raupp, welche die schwüle Stimmung des
Moments wie das pslanzenhaft Elementare des Bauernlebens überhaupt mit großem koloristischem
Talent wiedergab, dann mehrere treffliche Thierbilder, zunächst ein von Volz und Schleich gemeinsam
gemaltes von einer Schönheit des Tons, die schon sehr an die guten Alten erinnerte, dann ein nicht
minder treffliches von Volz allein, andere von Breit und besonders Hofner, denen bei frappanter
Wahrheit nur etwas mehr Ton fehlte, um meisterhaft zu fein, endlich treffliche Architekturen von
Knab und Mayer, die aber an demselben Gebrechen laborirten, welches fast nur Markart so total
überwunden. Ungewöhnliche Kraft der Stimmung zeigt auch ein Abendbild von Schleich, eines der
besten, die wir seit lange von ihm gesehen, auch Morgeustern, Lier, Heinlein, Map Zimmer-
mann, Ebert geben tüchtige Leistungen, ebenso ist besonders Steffan durch zwei gauz vortreffliche
kleiue Bilder fehr gut vertreteu. Fischbach endlich hat seither in einer Reihe von Zeichnungen die
Bäume Deutschlands fein nnd poetisch charakterisirt, in einer Weise, daß sie besonders zu Zeichnungs-
Vorlagen passend erscheinen. Bei solchem Reichthum der Kunstvereins-Ausstellungen tauchte der
beiläufig fehr natürliche Gedanke auf, die jetzt so viel mehr bietende Anstalt möge einmal zur
Herstellung ihrer Finanzen wenigstens für die hiesigen Mitglieder das Kunstvereinsgeschenk unter-
lassen, um so mehr als man in den letzten Jahren bisweilen sehr unglücklich damit gewesen ist.
Warum hat der Verein noch nie ein Blatt bei dem trefflichen Raab in Nürnberg, der doch in der
letzten Pariser Ausstellung durch die große goldene Medaille ausgezeichnet wurde, bestellt?
Zum Schluß sei hier noch der großartigen Thätigkeit der königlichen Glasmalerei-Anstalt unter
Ainmüller's Leitung gedacht, welche die größten Ansträge nach allen Himmelsgegenden still und
geräuschlos ausführt, so z. B. früher deu Dom in Glasgow, jetzt die Paulskirche in London mit groß-
artigen Fenstern nach Kompositionen unserer ersten Meister, nach Kaulbach, Schwind und
Schnorr ziert. Eins derselben mit herrlichen Kompositionen des letzteren war kürzlich ausgestellt
uud machte einen großartig wohlthuenden Eindruck, so daß ich den kürzlich in diesen Blättern
ausgesprochenen Tadel gegen die meines Wissens von Faustner herrührende Ausführung der Figuren
nicht recht begreife.
Die Produktion war um so interessanter als sie auf's klarste bewies, daß die Glasmalerei zur
Verwendung der Renaissance-Architektur sich durchaus uicht weniger eignet als für die Gothik, ja
vielleicht noch besser, weil sie weder teppichartige Muster verlangt wie diese, noch durch das magere
Stabwerk so störend die Darstellung großer Scenen und Gestalten zu unterbrechen braucht, welche
nlit dem edleu Pathos der Schnorr'scheu Kompositiou ausgestattet, hier nun eine durchaus grandiose
befriedigende Wirkung hervorbrachten.
Fr. Pecht.
Verantwortlicher Redakteur: Ernst Arthur Seemann in Leipzig. — Druck von C. Grumbach in Leipzig.