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Zeitschrift für bildende Kunst — 2.1867

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Förster, Erwin: Werke der Kunst um einen Groschen[1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.71569#0275

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Bou Erwin Förster.

219


ich glaubte es ihr aufs Wort; als ich aber den nämlichen Jäger in noch mehreren Hütten fand und
immer die gleiche Versicherung hören mußte, wurde in mir der Verdacht rege, daß dieser Schatz
etwas von einem Don Juan an
sich oder die Sennerin sich etwas
in der Physiognomie getäuscht
Haben müßte. —
Es giebt Leute, die mir
unter allen Mitchristen die unan-
genehmsten sind, nämlich die so-
genannten Principienreiter, aber
noch furchtbarer sind sie mir,
wenn es gar Principienreiterin-
nen sind. Eine Dame meiner
Bekanntschaft, welche feit etwa
20 Jahren Witwe ist, gehört zu
dieser angenehmen Klasse. Alles,
was sie thut, thnt sie aus Prin-
eip. Sie hat aus Princip nicht
mehr geheirathet, obwohl die
böse Welt behauptet, ihr sei das-
selbe aus Mangel an Freiern
octroyirt worden; aus Priucip
ißt sie immer die feinsten Ge-
müse und trinkt den besten Wein;
aus Priucip lädt sie Niemanden
zu Tische und aus Priucip schlägt
sie keine Einladung aus. Ich
glaube, das Landhaus, das sie
vor mehreren Jahren in Tegern-
see baute, hat sie auch nur aus
Priucip gebaut; aber das Uner-
quicklichste all ihrer Principieu
bleibt doch, daß sie keinem Ver-
wandten etwas borgt, und da sie
nebenbei eine gute Christin ist, so
weiß sie aus dem 1. Buche Mosis,

daß das engste verwandtschaftliche Band sie mit allen Menschen verknüpft. — Während des
letzten Krieges lag die Literatur fehr darnieder nnd ich war darauf angewiesen, vom eigenen Fett
zu zehreu; da ich aber leider nicht korpulent bin, so war ich genöthigt, „glückliche Finanzoperatio-
nen" machen zu müssen, und da mein mitteleuropäisch gruppirtes Vaterland Bayern durch solche in
den Stand gesetzt wurde, 30 Millionen Kriegsentschädigung an Preußen zu zahlen, so wollte ich mir
auf ähnliche Weise wenigstens den millionsten Theil verschaffen und ging zur Principieudame; allein
ich vergaß, daß meines Vaters Großonkel mütterlicher Seite einen Stiefbruder Hatte, desfen
Schwägerin einen Vetter in Oschatz besaß, welcher Geschwisterkind von meiner bekannten Groß-
tante väterlicher Seite war. Man kann sich denken, daß ich erschrak über den freundlichen Gruß:
„Ei guten Morgen, lieber Vetter, was bringen Sie Gutes?"
Erst drehte ich verlegen an meinen Hut, dann rückte ich endlich mit dem Wunsch Heraus. Zu
meinem nicht geringen Erstaunen sagte mir Madame:
„Ja, mein liebster Herr Vetter, von Herzen gern; denn es ist mein Princip, die Literatur
und ihre Vertreter nach Thunlichkeit zu unterstützen; ach, die Literatur, sie ist sehr schön, namentlich
die deutsche, wenn sie die Franzosen übersetzen!"
 
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