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Hannibal. Statue von Vincenz Pilz.
Verdient ein solch thatkrästiger, von einer erhabenen Idee geleiteter, auch von den
schwersten Schicksalsschlägen unbesiegt gebliebener Charakter nicht unsterblich zu sein im
Andenken der Nationen?
Julius Braun vergleicht in seinen historischen Landschaften Hannibal mit Alexander,
und meint, daß bei ersterem das eigene Selbst ganz zurücktrete. „Was er gethan, geschah
aus Liebe zu seiner Vaterstadt Kartago, deren Triumph über Rom sein einziger Lebens-
gedanke blieb. Ein Gedanke von mehr moralischem Werth, als das Ringen Alexander's
nach dem Endziel der — Selbstvergötterung."
Wohl hat Hannibal Italien menschenleer gemacht und dort nichts hinterlassen, als
rauchende Trümmer. Aber hätte das krämerhaste Kartago den Bitten seines Helden ent-
sprochen, so wäre die junge Weltherrscherin in der Wiege erdrückt worden.
Unser von Eisenmenger gezeichneter Holzschnitt zeigt, wie sehr Vincenz Pilz in
seiner Statue den Charakter des Erstlingswurses der „Löwenbrut" Hamilkar's getroffen hat.
Der freistehende, mit den rechten Fuße vorschreitende Hannibal ist nach Barbarenart ge-
kleidet. Ein Schuppenpanzer bedeckt seine mächtige Brust. Der kurze Kriegsmantel wird
von der linken, eine Rolle haltenden Hand, um den Schwertgriss herum an die linke Hüfte
heraufgezogen. Nach der energischen Bewegung der rechten Hand und der Haltung des
scharf individualisirten, von einem antiken Helm mit zweigetheiltem, auf den Rücken hinab-
fallendem Kamm bedeckten Kopfe zu schließen, scheint sich der Künstler den Heerführer eben
anlangend auf dem Höhenkamm der Alpen gedacht zu haben, wie er, das schöne Italien
zu seinen Füßen gewahrend, dasselbe dem verzagenden Afrikanerheere als Preis seiner
Mühen zeigt.
Das Hannibalstandbild ist ganz eigenartig, vollständig und mangellos, ohne jede
Reminiscenz an ein Muster der alten oder neuen Zeit, aus der Idee Hervorgegangen,
in welche sich der Künstler schaffensbegierig versenkt hat. - Wie natürlich bewegt sich die
Figur und wie großartig ist ihr Pathos. Der Kopf ist so vollkommen charaktertreu aus-
gebildet, daß er für Hannibaldarstellungen so typisch werden könnte, wie die Götter- und
Heroenbilder der Antike. Im Gewand ist jener scharse Zug zu erkennen, welchen Rahl als
eine besondere Schönheit der klassischen Gewandbchandlung seinen Schülern zu bezeichnen
pflegte.
Vincenz Pilz erblickte 1819 zu Warnsdorf in Böhmen das Licht der Welt, und
widmete in seiner Jugend sich eifrig den humanistischen Studien, denen er bis zur Vollen-
dung der philosophischen Semester treu blieb. Bis dahin wurde dem künstlerischen Drange
nur eine Nebenrolle gestattet. Als dieser aber mit unabweisbarer Macht Hervortrat, folgte
Pilz seinem Gebote, begehrte und fand 1837 Aufnahme an der Wiener Kunstakademie, und
zwar in der Malerschule, da in der Bildhauerei kein Platz mehr für ihn war. Die religiöse
Kunst war es vorerst, die den jungen Künstler an sich zog. Sein Chklus von Zeichnungen
„das Weihnachtsfest" und „der Gang nach Golgatha" sowie seine „Schlacht am Marchfelde"
galten mit Recht für Meilensteine eines hervorragenden Talentes. In der Bildhauerschule
zeichnete er sich durch seinen „David und Abigail" dann die „Wiederberufung des Cinci-
natus zur Diktatur" aus. Die erste Gruppe verschaffte ihm den Reichel'schen, die letzte den
Hofpreis, und damit endlich 1849 die Reise nach Italien, wo er als kaiserlicher Pensionär,
von 1850 bis 1855 mit der ihm eigenen Rastlosigkeit seine Studien betrieb. Die Statue
„Ulrichs von Lichtenstein", ein großes, unzählige Male kopirtes Basrelief. „Die heil, drei
Könige" und der Hausaltar der Kaiserin von Oesterreich, nach einer Zeichnung von H.
Schmidt in Marmor ausgeführt, stammen aus dieser Zeit. Nach seiner Heimkehr entstanden
der Reihe nach ein großes Marmorrelief, „die Kreuzabnahme", in der Hauskapelle des Fürsten
Hannibal. Statue von Vincenz Pilz.
Verdient ein solch thatkrästiger, von einer erhabenen Idee geleiteter, auch von den
schwersten Schicksalsschlägen unbesiegt gebliebener Charakter nicht unsterblich zu sein im
Andenken der Nationen?
Julius Braun vergleicht in seinen historischen Landschaften Hannibal mit Alexander,
und meint, daß bei ersterem das eigene Selbst ganz zurücktrete. „Was er gethan, geschah
aus Liebe zu seiner Vaterstadt Kartago, deren Triumph über Rom sein einziger Lebens-
gedanke blieb. Ein Gedanke von mehr moralischem Werth, als das Ringen Alexander's
nach dem Endziel der — Selbstvergötterung."
Wohl hat Hannibal Italien menschenleer gemacht und dort nichts hinterlassen, als
rauchende Trümmer. Aber hätte das krämerhaste Kartago den Bitten seines Helden ent-
sprochen, so wäre die junge Weltherrscherin in der Wiege erdrückt worden.
Unser von Eisenmenger gezeichneter Holzschnitt zeigt, wie sehr Vincenz Pilz in
seiner Statue den Charakter des Erstlingswurses der „Löwenbrut" Hamilkar's getroffen hat.
Der freistehende, mit den rechten Fuße vorschreitende Hannibal ist nach Barbarenart ge-
kleidet. Ein Schuppenpanzer bedeckt seine mächtige Brust. Der kurze Kriegsmantel wird
von der linken, eine Rolle haltenden Hand, um den Schwertgriss herum an die linke Hüfte
heraufgezogen. Nach der energischen Bewegung der rechten Hand und der Haltung des
scharf individualisirten, von einem antiken Helm mit zweigetheiltem, auf den Rücken hinab-
fallendem Kamm bedeckten Kopfe zu schließen, scheint sich der Künstler den Heerführer eben
anlangend auf dem Höhenkamm der Alpen gedacht zu haben, wie er, das schöne Italien
zu seinen Füßen gewahrend, dasselbe dem verzagenden Afrikanerheere als Preis seiner
Mühen zeigt.
Das Hannibalstandbild ist ganz eigenartig, vollständig und mangellos, ohne jede
Reminiscenz an ein Muster der alten oder neuen Zeit, aus der Idee Hervorgegangen,
in welche sich der Künstler schaffensbegierig versenkt hat. - Wie natürlich bewegt sich die
Figur und wie großartig ist ihr Pathos. Der Kopf ist so vollkommen charaktertreu aus-
gebildet, daß er für Hannibaldarstellungen so typisch werden könnte, wie die Götter- und
Heroenbilder der Antike. Im Gewand ist jener scharse Zug zu erkennen, welchen Rahl als
eine besondere Schönheit der klassischen Gewandbchandlung seinen Schülern zu bezeichnen
pflegte.
Vincenz Pilz erblickte 1819 zu Warnsdorf in Böhmen das Licht der Welt, und
widmete in seiner Jugend sich eifrig den humanistischen Studien, denen er bis zur Vollen-
dung der philosophischen Semester treu blieb. Bis dahin wurde dem künstlerischen Drange
nur eine Nebenrolle gestattet. Als dieser aber mit unabweisbarer Macht Hervortrat, folgte
Pilz seinem Gebote, begehrte und fand 1837 Aufnahme an der Wiener Kunstakademie, und
zwar in der Malerschule, da in der Bildhauerei kein Platz mehr für ihn war. Die religiöse
Kunst war es vorerst, die den jungen Künstler an sich zog. Sein Chklus von Zeichnungen
„das Weihnachtsfest" und „der Gang nach Golgatha" sowie seine „Schlacht am Marchfelde"
galten mit Recht für Meilensteine eines hervorragenden Talentes. In der Bildhauerschule
zeichnete er sich durch seinen „David und Abigail" dann die „Wiederberufung des Cinci-
natus zur Diktatur" aus. Die erste Gruppe verschaffte ihm den Reichel'schen, die letzte den
Hofpreis, und damit endlich 1849 die Reise nach Italien, wo er als kaiserlicher Pensionär,
von 1850 bis 1855 mit der ihm eigenen Rastlosigkeit seine Studien betrieb. Die Statue
„Ulrichs von Lichtenstein", ein großes, unzählige Male kopirtes Basrelief. „Die heil, drei
Könige" und der Hausaltar der Kaiserin von Oesterreich, nach einer Zeichnung von H.
Schmidt in Marmor ausgeführt, stammen aus dieser Zeit. Nach seiner Heimkehr entstanden
der Reihe nach ein großes Marmorrelief, „die Kreuzabnahme", in der Hauskapelle des Fürsten