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Zeitschrift für bildende Kunst — 2.1867

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Korrespondenz. Aus Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.71569#0101
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Korrespondenz. Ans Paris.

„Geschichte der Arbeit" wird, so viel bis jetzt verlautet, eine bedauerliche Lücke sich bemerklich
machen, da die Blüthe aller menschlichen Thätigkeiten, die Malerei, nicht vertreten sein soll. Doch
erscheint mir noch immer möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß Privatunternehmungsgeist sich das
Ausfüllen dieser Lücke wird angelegen sein lassen, und daß schließlich doch eine Lxpo8ition r^tro-
sxsotivs von alten Bildern veranstaltet werden wird. Der kaiserlichen Kommission kann man im
klebrigen den Vorwurf der Saumseligkeit wahrhaftig nicht machen; denn vor einigen Tagen sind
bereits die vollständigen Verordnungen über die Art der Zulassung in die verschiedenen Abtheilungen
der Ausstellung, die Eintrittspreise je nach den Tagen und den verschiedenen Stunden des Tages,
die Bedingungen des Abonnements für die ganze Dauer oder für eine Wocke, alles in größter Aus-
führlichkeit, eingetheilt in 6 Titel und 36 Artikel, erlassen worden. — Den Grundriß des Aus-
stellungsgebäudes, nebst der inneren Eintheilung u. s. w., sieht man seit einigen Tagen schon in den
Schaufenstern der Buch- und Kunsthandlungen. — Von der neu herauszugebenden Beschreibung
von Paris verspricht man sich, was inneren Werth und äußere Ausstattung betrifft, ganz Unge-
wöhnliches. Die angesehensten Schriftsteller des Tages theilen sich in die verschiedenen Kapitel.
Original-Radirungen bedeutender Künstler werden eine besonders werthvolle Zugabe bilden.
Von Versteigerungen ist schlechterdings noch nichts zu berichten. Nicht als ob das Hotel Drouot
feierte; o nein, der Trödel blüht und gedeiht mehr als je; aber seit der Wiedereröffnung im Oktober,
bis jetzt, ist nicht ein einziges Bild von wirklicher Bedeutung, ja kaum etwas halbwegs annehmbares,
aufgetaucht. Selbst von bevorstehenden Verkänfen verlautet noch wenig oder gar nichts, wenn wir
das nach und nach Gestalt gewinnende Gerücht, Pommersfelden betreffend, ausnehmen. Das Schick-
sal dieser kostbaren Sammlung soll entschieden nnd der Vertrag mit einem Pariser abgeschlossen
sein, demgemäß die Bilder in mehreren Abtheilungen hierher geschafft, und hier, unter Gewähr-
leistung einer gewissen Summe von Seiten des Spekulanten, im Laufe des Frühjahrs öffentlich
versteigert werden. Möchte sich das Gerücht als verfrüht, am besten als ganz grundlos erweisen.
Ich für meinen Theil würde es schmerzlich empfinden, wenn diese Sammlung, seit anderthalb Jahr-
hunderten eine Zierde Deutschlands und insbesondere Bayerns, dessen Hauptstadt hier eine will-
kommene Gelegenheit gefunden hätte, sich für den Verlust der Leuchtenbergischen Galerie schadlos
zn halten, wenn diese Sammlung, jenes Schimmers entkleidet, den die prachtvoll ausgestatteten
Räume des fürstlichen Schlosses Weißenstein ^) allen einzelnen, selbst untergeordneten Bildern liehen,
an den schmucklosen Wänden des Pariser Versteigerungslokales, mitten unter dem Gerümpel dieses
wahrhaften Trödelmarktes ausgestellt, von dem niedrigsten Schacherer ohne alle Spur von Pietät
beschnüffelt und bekrittelt, und schließlich, kraft des Elfenbeinhammers, in alle Himmelsgegenden
zerstreut, ein klägliches Ende nehmen sollte. Ja ich gestehe Ihnen sogar, daß ich den verwöhnten
und übersättigten Parisern, diesem Schlaraffenvolk unserer Tage, den Genuß nicht gönne, den ihnen
ein ausdauerndes, selbstgenügsames Verharren an einer Stelle schließlich nur zu sicher bringt,
während unser einer sich die Mühe nie verdrießen läßt, dem Berge, der sich von der Stelle zu
rühren zögert, wie weiland Mahommed, entgegenzugehen. Sollte aber diese Zertrümmerung un-
widerruflich beschlossen sein, so mögen wenigstens deutsche Galerien, namentlich zweiten Ranges,
sich diese einzige Gelegenheit nicht entgehen lassen, von solchen Bildern, die bei aller Aechtheit und
Vortrefflichkeit, ihrer Größe wegen verhältnißmäßig geringe Preise erzielen werden, — und solcher
ist in Pommersfelden eine große Zahl — ein und das andere an sich zu bringen, und so billigen
Kaufes ihre Lücken auszufüllen.
Die Direktion der kaiferlichen Museen hat ganz kürzlich, diesesmal alle Mitbewerber aus
dem Felde schlagend, die sechs ausgezeichneten Fresken des B. Luini, welche seit Jahren den großen
Vorsaal des Palazzo Litta in Mailand zierten, für die mäßige Summe von 100,000 Franken
käuflich an sich gebracht, und es werden gegenwärtig Vorkehrungen getroffen, um diese kostbaren
Werke, sammt der Mauer auf der sie gemalt, auf kürzestem Wege nach Paris zu schaffen, wo die
Louvregalerie ihrer harrt.
Seit dem 28. Januar ist im Gebäude der kais. Kunstschule die Ausstellung der Hauptsächlichsten

*) Der eigentliche Name des Schlosses zu Pommersfelden.
 
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