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Zeitschrift für bildende Kunst — 2.1867

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Thausing, Moritz: Zur Kupferstichkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.71569#0127

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Zur Kupferstichkunde.

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Einen eigentümlichen Gegensatz zu Reinhards Leben bildet das Schicksal eines anderen, nicht
minder geschätzten deutschen Radirers, Johann Christoph Erhard's. Das verflossene Jahr brachte
uns auch über diesen srühverblühten Künstler und sein trotzdem so reichhaltiges Werk (von 195
Nummern) eine gründliche Monographie, und zwar die des Dresdener Kunsthändlers Aloys Apell.
Alle Liebhaber werden deren endliche Herausgabe um so freudiger begrüßt haben, als uns dieselbe
bereits vor einigen Jahren durch Jahn in seinem „Werke von I. Adam Klein" als bevorstehend angekün-
digt wurde und man bei Erhard bisher auf das sehr mangelhafteVerzeichnißBörner's im „Sammler für
Kuust und Alterthum in Nürnberg" (1824) angewiesen war. Niemand aber wird nun eine Verzöge-
rung beklagen, auf dereu Rechnung vielleicht die penible Genauigkeit des vorliegenden Verzeichnisses
fällt, denn das Gute kommt nie zu spät. Denselben geht überdies nebst Rechenschaftsberichten und
Registern eine Biographie des Künstlers voran — kurz, gehaltreich und tragisch wie sein wirkliches
Leben. Geboren zu Nürnberg 1795, verließ er so wie Reinhart, an dessen Werken er sich auch ge-
bildet, frühzeitig die fränkische Heimath und kam nach Kreuz- und Querzügen in Deutschland und
nach einem besonders fruchtbaren Aufenthalte in Oesterreichs herrlicher Natur gegen Ende des
Jahres 1819 nach Rom. Dort aber harrte feiner keine lange, thatenfrohe Jahresreihe, fondern
Krankheit, Seelengual und Verzweiflung. Ein am 18. Jan. 1822 wiederholter Selbstmordversuch
beschleunigte noch seinen Tod, der ihn zwei Tage später von seinen Leiden erlöste. — Zu Nr. 4 des
Verzeichnisses bemerken wir, daß so wie bei 5 ein zweiter Aetzdruck existirt, auf welchem blos die
Aetzflecken und der horizontale Strick links unten im Rande ausgeschlifsen und die Einfassungslinien
verstärkt sind. Bei 145, 21J pn^. 92 bedurfte die Nummer der Albertina keiner Korrektur, da
dieselbe dort blos eine zufällig noch aus dem Kunsthandel herrührende Bezeichnung ist. Zu S. VIII.
sei noch bemerkt, daß der todtgesagte Hr. I)r. Pokorny sich zwar seiner Sammlung, nicht aber seiner
irdischen Leiblichkeit entäußert hat. Zu besonderer Zierde gereicht dem Büchlein als Titelkupfer,
das nach einer Zeichnung J. Schnorr's von Carolsfeld von Hugo Bürkner sauber ausgeführte Por-
trät des Künstlers.
In einer schwierigen Lage befinden wir uns gegenüber einem anderen Werke, nämlich Alvin's
Katalog von den Werken der drei Brüder Johann, Hieronimus und Anton Wierix (Bruxelles,
Arnold, 1866). Das schön ausgestattete, in Elzevirlettern gedruckte Buch erschien in drei Lieferun-
gen und mancher Sammler wird vielleicht schmerzlich das Ende erwartet haben, in der Hoffnung,
daß genaue Register ihm die Benutzung des Werkes erleichtern; um schließlich auch darin enttäuscht
zu werden. In der Einleitung, die nicht ohne Interesse ist, plaidirt der Verfasser mit Glück für
Antwerpen, als die Heimath der Wierix, und dies sehr angelegentlich, denn ihm „Handelt es sich um
nichts Geringeres, als drei Glanzpunkte mit einem Schlage Holland zu entreißen und dem Belgi-
schen Pantheon einzuverleiben". Diese patriotische Lokaltendenz kann leider Niemanden für die ganz
unhandsame Anordnung des Verzeichnisfes entschädigen. Ans die klare, einfache, folgerichtige An-
ordnung kommt bei so fruchtbaren Kupferstechern, wie den Gebrüdern Wierix, ungemein viel an, zu-
mal wenn alle drei gemeinsam abgehandelt werden. Dazu kommt, daß ihre Stiche sehr ungleich
überliefert sind: vielfach aus den Suiten geriffen, ja bei Blättern mit mehreren Darstellungen in
zerschnittenen Exemplaren. Da soll nun ein „6utul0AUtz ramonne" Rath schaffen, der ja nicht den
Zweck hat Seite für Seite studirt zu werden, der vielmehr vorzüglich als Nachschlagebuch, als
Richtschnur für die Ordnung des Stecherwerkes dienen soll. Da hat man aber mit dem vorliegen-
den Buche seine Noth. Jeder, der seiner bedarf, wird das zu fühlen haben, und wir wollen daher
auf das ganze spitzfindige Schachtelsystem seiner Eintheilung hier nicht kritisch eingehen. Gleich bei
der ersten Klasse, „der Himmel" überschrieben, beginnt die Konfusion, die in den Kapiteln über
„Allegorie, Mystik und Symbolik" gipfelt und die wir vom bibliographischen Standpunkte aus eine
wahrhaft französische nennen möchten. Nachdem man das vielleicht allzu scharfsinnig eingetheilte
Buch durchblättert hat, steht einem die Sache schließlich so, daß man manchen Stich unter einer jeden
der Rubriken glaubt suchen zu dürfen. Ein alphabetifckes Register der Gegenstände oder Legenden
fehlt am Schluffe und es wäre fehr wünschenswerth, wenn der gelehrte Verfasser oder auch ein an-
derer Kupferstichsreund ein solches noch nachträglich liesern wollte. Das sehr mühsame und darum
so daukenswerthe Werk Alvin's würde dadurch erst recht nutzbar gemacht werden.
Zeitschrift für bildende Kunst. II.

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