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Zeitschrift für bildende Kunst — 2.1867

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Florentin: Der Raub der Polyrena
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https://doi.org/10.11588/diglit.71569#0149

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Gruppe von Pio Fedi.

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sich als Toskaner betrachtet. Sein Wesen ist schlicht und ruhig, herzgewinnend, freundlich
und kindlich bescheiden. In seiner Entwickelung hatte er mit vielen Nöthen und Ent-
behrungen zn kämpfen, da seine Eltern fast unbemittelt Waren. Als Knabe arbeitete er
bis zu seinem 16. Jahre bei einem Goldschmidt am Ponte vecchio zn Florenz; dann Wandte
er sich der Kupferstecherei zn und machte für diese Kunst im Jahre 1838 auch in Wien
seine Studien, wo er die Akademie besuchte und in den Galerien des Belvedere und
Schwarzenberg zeichnete. Darauf nach seiner Vaterstadt zurückgekehrt, mußte er in Folge
von Augenleiden die weitere Ausübung seiner Kunst aufgeben. Seine Jugendprodukte iu
derselben zeichnen sich durch Fleiß, feine Strichführung und Weichheit der Behandlung aus.
Nach schweren inneren Kämpfen widmete er sich jetzt der Bildhauerei; nur ver-
möge seines Selbstvertrauens und seiner Energie konnte er es wagen, trotz seiner Mittel-
losigkeit eine so kostspielige Laufbahn anzutreten. Er besuchte die Akademie der Künste
zn Florenz, wo er für Zeichnungen nach antiken Reliefs, sowie sür Zeichnen und
Modelliren nach dem Nackten mit Prämien und mit einem Stipendium für den Aufenthalt
in Rom belohnt wurde. Schon die geringe Summe, die ihm hiermit zur Verfügung stand,
wies ihn in Rom darauf hin, auf alle Zerstreuungen zu verzichten, äußerst sparsam und
zurückgezogen zu leben und einzig seinen Studien in der Antike nnd Anatomie eifrig nach-
zugehen. Als Früchte feiner Thätigkeit konnte er bereits von Rom aus mehrere Ver-
suche nach Florenz schicken: Christns, welcher den Fallsüchtigen heilt, St. Sebastian und
Kleopatra, sämmtlich in der Florentiner Akademie aufgestellt. Nach Florenz zurückgekehrt,
Hatte er (im Jahre 1846), im Auftrage Leopold's II. von Toskana, für zwei Nischen an
den Uffizien die Standbilder Niccolo Pisano's und Andrea Cisalpina's, des Entdeckers des
Blutumlaufs, auszuführen. Beide sind über Lebensgröße im Kostüm ihrer Zeit dargestellt.
Sie sind sehr fleißig gearbeitet und zeigen einen einfachen und klaren Faltenwurf. Im
Jahre 1849 erhielt Fedi von demselben Monarchen den Auftrag, eine Gruppe zu bilden,
die Pia di Tolommei und Nello della Pietra darstellte. Der Künstler hielt sich dabei an
Dante, Purg. V. 133 und an Sestini's Bearbeitung der Legende der Pia, I, St. 34.
Die Gruppe mißt nur halbe Lebensgröße.
Im I. 1852 bildete Fedi für den russischen General Swosf eine lebensgroße Gruppe: der
Schutzengel, der die Seele der verblichenen Tochter des Generals gen Himmel führt. — In
das Jahr 1856 fällt die Kolofsalgrnppe von 2 Figuren, die im Auftrage des Marchese von
Torrigiani ausgeführt, in antikem Gewande den Marchese Pietro Torrigiani darstellt, ge-
stützt aus die Linke seines Sohnes, der den Lorbeerkranz des Ruhmes in der rechten Hand
Hält. Diese Gruppe steht als Einnerungsdenkmal im Garten der Familie. Hier tritt uns
ein komplicirter Gedanke entgegen, der schon an die Allegorie streift. — Andere Werke
Fedi's find entschieden allegorischen Inhalts. So die Kultur Toskanas, eine Frau über
Lebensgröße in antiker Gewandung, ausgeführt im Auftrag des Prinzen Carignan. Den
linken Arm stützt sie auf eine Leier, woran sich ein Amor, vielleicht als Genius der An-
mnth, anklammert. Die Leier ist mit Pergament überspannt, auf welches sie mit dem
Grissel in der rechten Hand die Worte geschrieben hat: OonseZmo clel popolo Rosonno,
27. J^rile 1859. — 15. Nur^o 1860, voti per I'unio niln Normrellin eostituLionuie.
In der Linken hält sie einen Kranz. Die mit Pergament überklebte Leier soll vielleicht
einen besonderen Gedanken ausdrücken, ist aber dennoch nicht nach unserem Geschmack. —
Geradezu geschmacklos aber wagen wir eine im Jahre 1861 in Lebensgröße ausgeführte Alle-
gorie zu nennen, die „Hoffnung, welche die Liebe nährt": ein weiblicher Genins streckt
den Arm empor, um einem kräftigen Amor von 15 Jahren, mit langen Flügeln, der eben
herangeflogen ist, den Busen zum Säugen anzubieten. Sein Mund berührt schon ihre
 
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