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Gruppe von Pio Fedi.
zu neunen, schwerlich kann man dagegen die ungeheuren Tücher, die dem Pyrrhus und
Polites beigegeben sind, mit einem antiken Namen bezeichnen, vielmehr tritt ihr Zweck als
Draperie zu deutlich und ausschließlich hervor. Und zwar ist dieser Zweck hier vor-
zugsweise der des Lückenausfülleus, weuigsteus bei des Pyrrhus Gewand. Oder wenn
noch eine andere Absicht als die des Drapirens in diesen Gewändern liegen soll, also die
des Bekleidens, warum sind wohl dann Beiden ihre Mäntel entglitten? Konnten sie die-
selben nicht mit Spangen befestigen? Oder ist es wohl bequem für einen Krieger, sich in
ein loses Tuch zu hüllen, das bei der nächsten Gelegenheit Hernnterfällt? Die Alten
pflegten ihre Helden entweder ganz nackt oder in anschließender Rüstung darzustellen, welche
die Körperformen nicht verdeckt; nur auf Reliefs gaben sie ihnen gern auch die Chlamys
oder das Himation bei. Auch glaubten die Alten nicht die Anatomie zu beeinträchtigen,
wenn sie zum Schwert auch eiue Scheide beifügten. Auf dem Bilde im Palast Corsini trägt
Pyrrhus eiue anschließende Rüstung, ohne daß deshalb seine Muskeln für das Auge ver-
loren gingen. Bei Fedi ist es überdies schwierig, ja ohne des Künstlers Angabe nnmög-
lich, zu entscheideu, wem das Gewand, das von Pyrrhus Knie durch seine Beine hindurch
nach hinten wallt, gehört, ob ihm oder Polypena. Nach Fedi's Angabe allerdings dem
Pyrrhus.
Die Gewaudung Hat Fedi sowohl iu Beuutzuug als Ausarbeitung in mehreren andern
Werken glücklicher behandelt, wo sie allerdings nur ruhige Stelluugeu oder sanfte Bewe-
gungen umgiebt, während sie bei unserer Gruppe der höchsten leidenschaftlichen Erregtheit
und Bewegtheit zu folgen hat. Allein was die Ausführung anbelangt, scheint er sich auch
bestrebt zu habeu, mehr als in seinen ältern Werken eiue iu's Detail geheude Manier zu
befolgen.
Damit in Zusammenhang stehen seine künstlerischen Intentionen überhaupt. Nach
seiner Aussage nämlich hat er sich in Formeureinheit nnd ernster Auffassung das Griechen-
thum der höchsten Blüthe zum Vorbild genommen, ohne deshalb die Vortheile und Fertig-
keiten der modernen Kuustübung verschmähen zu wollen. Er hat sich das hohe Ziel gesetzt,
klassischen Idealismus mit modernem Realismus harmonisch zu vereiuigen und mit dem
ursprünglichsten Leben zn beseelen. Weder will er sich, wie die Nenaissancezeit, mit den
Mustern römischer Klassieität begnügen, noch blos formell das Griecheuthum reproduciren.
Was Anatomie nnd bei dieser Gruppe auch iuueres Leben anbelangt, mag er seinem
Ideal nahe gekommen sein, was Linienharmonie, plastische Anordnung und Nothwendigkeit
iu deu Beweguugeu, Behandlung der Gewänder nnd Haare aubetrisst, läßt er nicht nur
deu moderneu Künstler, sondern mehr oder weniger auch dessen Fehler erblicken, die mit
den Schönheiten der Gruppe nicht recht Harmoniren.
Wir wollen hoffen, daß Fedi, trotz seines vorgerückten Alters noch in voller Mauues-
kraft, in einem neuen Werke dasselbe Leben, dieselbe Energie, wie sie iu der von uns be-
schriebenen Gruppe sich siuden, in einer auf jede Weise geläuterten Form auspräge, welche
die Klarheit klassischer Nothweudigkeit uud Vollenduug an sich trägt.
Florentin.
Gruppe von Pio Fedi.
zu neunen, schwerlich kann man dagegen die ungeheuren Tücher, die dem Pyrrhus und
Polites beigegeben sind, mit einem antiken Namen bezeichnen, vielmehr tritt ihr Zweck als
Draperie zu deutlich und ausschließlich hervor. Und zwar ist dieser Zweck hier vor-
zugsweise der des Lückenausfülleus, weuigsteus bei des Pyrrhus Gewand. Oder wenn
noch eine andere Absicht als die des Drapirens in diesen Gewändern liegen soll, also die
des Bekleidens, warum sind wohl dann Beiden ihre Mäntel entglitten? Konnten sie die-
selben nicht mit Spangen befestigen? Oder ist es wohl bequem für einen Krieger, sich in
ein loses Tuch zu hüllen, das bei der nächsten Gelegenheit Hernnterfällt? Die Alten
pflegten ihre Helden entweder ganz nackt oder in anschließender Rüstung darzustellen, welche
die Körperformen nicht verdeckt; nur auf Reliefs gaben sie ihnen gern auch die Chlamys
oder das Himation bei. Auch glaubten die Alten nicht die Anatomie zu beeinträchtigen,
wenn sie zum Schwert auch eiue Scheide beifügten. Auf dem Bilde im Palast Corsini trägt
Pyrrhus eiue anschließende Rüstung, ohne daß deshalb seine Muskeln für das Auge ver-
loren gingen. Bei Fedi ist es überdies schwierig, ja ohne des Künstlers Angabe nnmög-
lich, zu entscheideu, wem das Gewand, das von Pyrrhus Knie durch seine Beine hindurch
nach hinten wallt, gehört, ob ihm oder Polypena. Nach Fedi's Angabe allerdings dem
Pyrrhus.
Die Gewaudung Hat Fedi sowohl iu Beuutzuug als Ausarbeitung in mehreren andern
Werken glücklicher behandelt, wo sie allerdings nur ruhige Stelluugeu oder sanfte Bewe-
gungen umgiebt, während sie bei unserer Gruppe der höchsten leidenschaftlichen Erregtheit
und Bewegtheit zu folgen hat. Allein was die Ausführung anbelangt, scheint er sich auch
bestrebt zu habeu, mehr als in seinen ältern Werken eiue iu's Detail geheude Manier zu
befolgen.
Damit in Zusammenhang stehen seine künstlerischen Intentionen überhaupt. Nach
seiner Aussage nämlich hat er sich in Formeureinheit nnd ernster Auffassung das Griechen-
thum der höchsten Blüthe zum Vorbild genommen, ohne deshalb die Vortheile und Fertig-
keiten der modernen Kuustübung verschmähen zu wollen. Er hat sich das hohe Ziel gesetzt,
klassischen Idealismus mit modernem Realismus harmonisch zu vereiuigen und mit dem
ursprünglichsten Leben zn beseelen. Weder will er sich, wie die Nenaissancezeit, mit den
Mustern römischer Klassieität begnügen, noch blos formell das Griecheuthum reproduciren.
Was Anatomie nnd bei dieser Gruppe auch iuueres Leben anbelangt, mag er seinem
Ideal nahe gekommen sein, was Linienharmonie, plastische Anordnung und Nothwendigkeit
iu deu Beweguugeu, Behandlung der Gewänder nnd Haare aubetrisst, läßt er nicht nur
deu moderneu Künstler, sondern mehr oder weniger auch dessen Fehler erblicken, die mit
den Schönheiten der Gruppe nicht recht Harmoniren.
Wir wollen hoffen, daß Fedi, trotz seines vorgerückten Alters noch in voller Mauues-
kraft, in einem neuen Werke dasselbe Leben, dieselbe Energie, wie sie iu der von uns be-
schriebenen Gruppe sich siuden, in einer auf jede Weise geläuterten Form auspräge, welche
die Klarheit klassischer Nothweudigkeit uud Vollenduug an sich trägt.
Florentin.