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Zeitschrift für bildende Kunst — 2.1867

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Teichlein, Anton: Betrachtungen über Dr. H. Riegel's Buch: "Cornelius, der Meister der deutschen Malerei"[1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.71569#0171

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Betrachtungen über Vr. H. Niegel's Buch:
„Cornelius, der Meißer der deutschen Malerei"*).
Von A. Teichlein.
I.
„Lx UIIAUS Isonsrn."
Nicht mit Unrecht hat man den Titel des Riegel'schen Buches schon bei seiner ersten Anzeige in
dieser Zeitschrist als einen etwas emphatischen bezeichnet. „Cornelius, der Meister der deutschen
Malerei"! Das klingt allerdings säst wie die Schlußkadenz einer Festrede und erinnert lebhaft an
alle die patriotischen Phrasen, worin man lange genug in Deutschland mit dem Nationalitätsprinzipe
in der Kunst einen nahezu napoleonischen Schwindel getrieben hat. Und dennoch — hüten wir uns,
mit dem Verfasser gar zu streng über die Emphase seines Titelblattes zu rechten!
Cornelius! — Wer spräche diesen Namen jemals ohne Ehrfurcht aus und stünde nicht
bei seinem bloßen Klange schon wie mit gezogenem Hut vor der imponirenden Erscheinung des
„Mannes mit dem Adlerauge", dessen fascinirenvem Blick man es wohl ansieht, daß er wie Dante
Himmel und Hölle geschaut hat. Was Wunder, wenn wir selbst die Feder nur in das traditionelle
Pathos zu tauchen wagten, in welchem wir alle von jeher den „Meister der deutschen Malerei" gefeiert
Haben. Doch besinnen wir uns! Diesmal ist es ja nicht so sehr Cornelius selber, als vielmehr nur
ein Buch über ihn, worüber wir sprechen sollen.
Wer ein Buch über Cornelius geschrieben hat, dem ist jedenfalls die Aufmerksamkeit der Kunst-
welt von vornherein gesichert. Bei dem besonderen Interesse, welches der Autor durch ein solches
Unternehmen für sich erregt hat, hielten wir es für angemessen, seine Monographie nicht aufzu-
schlagen, ohne zuvor auch einen Blick in sein früheres Werk geworfen zu haben: „Grundriß der
bildenden Künste; eine allgemeine Kunstlehre." Daß wir auch hier zuvörderst auf eine etwas über-
schwängliche Widmung an Cornelius stießen, konnte uns um so weniger abschrecken, als wir ja, wie
gesagt, aus Erfahrung wiffen, wie der Deutsche, mit dem Namen jenes außerordentlichen Mannes
auf den Lippen, stets verführt wird, in der Diktion feiner Bewunderungsergüsse sich auf's hohe und
höchste, womöglich aufs trojanifche Roß zu schwingen. Ansprechender erschien uns allerdings das
Vorwort, das freilich nichts Geringeres in Aussicht nimmt als den Versuch „einer Encyklopädie der
-Knnstwissenschaften". In mannigfacher Hinsicht unserer eigenen Knnstanschauung sympathisch, fanden
wir die vielversprechende Inhaltsübersicht und ihre dreitheilige Gliederung. Durchaus vertrauen-
erweckend aber sind die beiden Motto's, unter deren glücklichen Zeichen die Kunstlehre geschrieben
ward. Das eine ist das Goethessche Wort: „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister, und
das Gesetz nur kann uns Freiheit geben;" das zweite, ein Spruch Sokratischer Weisheit, lautet:
„Das Schöne ist schwer." — Wir gehen somit gewiß nicht unter unvortheilhaften Eindrücken an das
neuere Werk des Verfassers. Begierig aber sind wir zu erfahren, inwiefern er seinen ungemessenen
Enthusiasmus für Cornelius mit Grundsätzen zu vereinbaren gewußt habe, wie sie die angeführten
Axiome verrathen. Denn Eines müssen wir unsererseits von vornherein bekennen, so sehr wir die
allgemeine Verehrung für den großen Kunstreformator theilen, als ein Meister, der sich vornehmlich
„in der Beschränkung" zeigt, will er uns ungleich weniger erscheinen, denn gleichwie eine gewaltige,

I Hannover, bei Karl Rümpler. 1866. 8". Was Ton und Haltung dieser Aufsätze betrifft, so er-
suchen wir den Leser, in Anschlag zn bringen, daß dieselben mehrere Wochen vor dem Tode des Meisters
geschrieben und zum Theil auch gesetzt sind. Seiner Pietät gegen den Lebenden sich bewußt, glaubt der
Verfasser übrigens nicht, daß seine Arbeit irgend etwas enthalte, was die Gesühle verletzen könne, welche
uns Alle am Grabe des großen Todten bewegen und erheben. A. Teichlein.
 
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