Die Anfänge der Drnckerkunst in Bild nnd Schrift.
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nichts von ähnlichem erweisbarem Alter nachweisen kann. Um Material für die Entscheidung dieser
Frage zu sammeln, legte T. O. Weigel vor Jahren eine Sammlung alter Bilddrucke an, die in ihrem
Heutigen Umfange ihres Gleichen wohl nicht hat, und die nun edirt die uns vorliegenden zwei statt-
lichen Foliobände füllt. Diese alten Blättchen, um die es sich hier handelt, mit ihren ungeschickten
Figuren aus plumpen Linien zusammengesügt und mit bunten Farben überkleckst, werden Manchem
beim ersten Anblicke nur ein mitleidiges Lächeln für ihre Erzeuger und Bewnnderer entlocken
können, bei öfterem Ansehen aber wird man finden, daß oft durch die rohe Technik eine warme
künstlerische Empfindung durchdringt, die uns hier um fo mehr erfreut, als sie unter dem schlichten
Gewände ordinärster Marktwaare, was ja diese Dinge zumeist waren, anftritt.
Eine gedrängte Uebersicht des Inhaltes des genannten Werkes, soweit sie dem Raume und
Zwecke dieser Blätter nach gegeben werden kann, wollen wir solgen lassen.
Nach einer kulturgeschichtlichen Einleitung bringt die erste Abtheilung eine Abhandlung über
älteste Zeugdrucke aus der Feder des kenntnisreichen Verfassers der „Geschichte der liturgischen
Gewänder" Vr. F. Bock; sie bilden den Anfang, wie sie zweifelsohne auch die Vorläufer des Bild-
druckes gewefen find. Obwohl vielleicht fchon in weit früherer Zeit geübt, stammt der ältestbe-
kannte Rest, ein Erzeugniß sarazenisch-sicilischer Mannfaktnr, aus dem 12. Jahrhundert. Wir ver-
folgen an, in trefflichen Abbildungen gegebenen, Proben nun den Zeugdruck bis zu jener Zeit, wo
er für unfern Zweck das Interesse verliert, nämlich bis zu der Zeit, wo wir schon den eigent-
lichen Bilddruck in voller Entwickelung tressen. Dieser selbst hatte eine Reihe der wich-
tigsten und interessantesten Phasen dnrchzumachen, bis er in der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts zur allseitigen Entfaltung nach den beiden Richtungen des Holzschnittes nnd Kupferstiches
gelangte. Die erste Form, unter der er uns aber entgegentritt, ist nicht eigentlich eine der beiden ge-
nannten Arten, wohl aber etwas in technischer Beziehung dem Holzschnitte Verwandtes, nämlich
der Metallschnitt, dessen Aehnlichkeit mit dem Holzschnitte darin bestehet, daß bei beiden die
Zeichnung erhöht und die ans dem Abdrucke weiß bleibeuden Stellen vertieft gearbeitet sind. Nnr
das Material, aus dem die Platten bestanden, ist verschieden, beim Metallschnitte eine, wie es scheint,
bald Härtere bald weichere Metalllegirung, worauf Eigentümlichkeiten des gedruckten Bildes
schließen lassen. Metallschnitte führt uns nnn die Weigelfche Sammlung aus bedeutend früher
Zeit vor, in erster Reihe einen Christus am Kreuze mit Maria und Johannes ans dem 12. Jahr-
hundert, auf Pergament gedruckt und ursprünglich zur Verzierung der Anßenseite eines Buchdeckels
bestimmt. Es ist kulturgeschichtlich interessant zn sehen, wie lange zuvor es wenigstens Einzelnen
schon bekannt war, daß man „Bilder drucken" könne, bis das Bedürfniß darnach eine hänsigere
Ausübung dieses Verfahrens veranlaßte, was wie es scheint bereits im letzten Viertel des 14. Jahr-
hunderts der Fall war. Unser Werk macht uns mit einer großen Zahl dieser überaus seltenen
Blätter bekannt, späterhin mitunter Erzeugnissen von vollem künstlerischem Werthe, wie beispiels-
weise die beiden Darstellungen der Verkündigung Nr. 17 nnd 23. Der bald ansblühende
Holzschnitt verdrängte den Metallschnitt, obwohl dieser noch lange Zeit, bis ins 16. Jahrhundert,
neben ihm geübt wurde. Die Abtheilung, welche die „Holzschnitte" behandelt, ist die reichhaltigste des
Werkes; wir erhalten hier eine vollständige Uebersicht seiner ersten Entwickelung im 15. Jahrhundert.
Es würde den Raum dieser Zeilen weit überschreiten, wollten wir von diesem Kapitel nnr die flüch-
tigste Darstellung geben, das knnst- und kulturgeschichtlich von gleich großer Bedeutung ist, ebenso
wie das folgende „Spielkarten", welche letztere sehr zum Unterschiede von den heute iu Gebrauch
stehenden oft Leistungen von bedeutendem Kunstwerthe waren, wie beispielsweise jene prächtigen
vom sogen. Meister U. 8. von 1466. Der letzte Abschnitt bringt Kupferstiche des 15. Jahrhunderts,
unter diesen das zweitältest-bekannte (datirte) Blatt, eine Madonna mit der Jahreszahl 1451,
deutschen Ursprunges, Zeit und Schulgenossen desselben; dann alte Niederländer und ein Werk der
Kölner Schule, eine Maria mit dem Kinde von unbekannter Meisterhand ersten Ranges. Auch
die Italiener sind durch Sandro Botticelli vertreten. Mit Martin Schongauer schließt das
Werk; was darüber hinausgeht, gehörte nicht mehr unter die „Anfänge der Drnckkunst."
Nach diefer flüchtigen Skizze der Anlage des Werkes bleibt noch ein Wort über Text und Aus-
stattung zu sagen übrig. Ersterer ist mit aller Gründlichkeit und Sachkenntniß abgefaßt, wenn auch
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nichts von ähnlichem erweisbarem Alter nachweisen kann. Um Material für die Entscheidung dieser
Frage zu sammeln, legte T. O. Weigel vor Jahren eine Sammlung alter Bilddrucke an, die in ihrem
Heutigen Umfange ihres Gleichen wohl nicht hat, und die nun edirt die uns vorliegenden zwei statt-
lichen Foliobände füllt. Diese alten Blättchen, um die es sich hier handelt, mit ihren ungeschickten
Figuren aus plumpen Linien zusammengesügt und mit bunten Farben überkleckst, werden Manchem
beim ersten Anblicke nur ein mitleidiges Lächeln für ihre Erzeuger und Bewnnderer entlocken
können, bei öfterem Ansehen aber wird man finden, daß oft durch die rohe Technik eine warme
künstlerische Empfindung durchdringt, die uns hier um fo mehr erfreut, als sie unter dem schlichten
Gewände ordinärster Marktwaare, was ja diese Dinge zumeist waren, anftritt.
Eine gedrängte Uebersicht des Inhaltes des genannten Werkes, soweit sie dem Raume und
Zwecke dieser Blätter nach gegeben werden kann, wollen wir solgen lassen.
Nach einer kulturgeschichtlichen Einleitung bringt die erste Abtheilung eine Abhandlung über
älteste Zeugdrucke aus der Feder des kenntnisreichen Verfassers der „Geschichte der liturgischen
Gewänder" Vr. F. Bock; sie bilden den Anfang, wie sie zweifelsohne auch die Vorläufer des Bild-
druckes gewefen find. Obwohl vielleicht fchon in weit früherer Zeit geübt, stammt der ältestbe-
kannte Rest, ein Erzeugniß sarazenisch-sicilischer Mannfaktnr, aus dem 12. Jahrhundert. Wir ver-
folgen an, in trefflichen Abbildungen gegebenen, Proben nun den Zeugdruck bis zu jener Zeit, wo
er für unfern Zweck das Interesse verliert, nämlich bis zu der Zeit, wo wir schon den eigent-
lichen Bilddruck in voller Entwickelung tressen. Dieser selbst hatte eine Reihe der wich-
tigsten und interessantesten Phasen dnrchzumachen, bis er in der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts zur allseitigen Entfaltung nach den beiden Richtungen des Holzschnittes nnd Kupferstiches
gelangte. Die erste Form, unter der er uns aber entgegentritt, ist nicht eigentlich eine der beiden ge-
nannten Arten, wohl aber etwas in technischer Beziehung dem Holzschnitte Verwandtes, nämlich
der Metallschnitt, dessen Aehnlichkeit mit dem Holzschnitte darin bestehet, daß bei beiden die
Zeichnung erhöht und die ans dem Abdrucke weiß bleibeuden Stellen vertieft gearbeitet sind. Nnr
das Material, aus dem die Platten bestanden, ist verschieden, beim Metallschnitte eine, wie es scheint,
bald Härtere bald weichere Metalllegirung, worauf Eigentümlichkeiten des gedruckten Bildes
schließen lassen. Metallschnitte führt uns nnn die Weigelfche Sammlung aus bedeutend früher
Zeit vor, in erster Reihe einen Christus am Kreuze mit Maria und Johannes ans dem 12. Jahr-
hundert, auf Pergament gedruckt und ursprünglich zur Verzierung der Anßenseite eines Buchdeckels
bestimmt. Es ist kulturgeschichtlich interessant zn sehen, wie lange zuvor es wenigstens Einzelnen
schon bekannt war, daß man „Bilder drucken" könne, bis das Bedürfniß darnach eine hänsigere
Ausübung dieses Verfahrens veranlaßte, was wie es scheint bereits im letzten Viertel des 14. Jahr-
hunderts der Fall war. Unser Werk macht uns mit einer großen Zahl dieser überaus seltenen
Blätter bekannt, späterhin mitunter Erzeugnissen von vollem künstlerischem Werthe, wie beispiels-
weise die beiden Darstellungen der Verkündigung Nr. 17 nnd 23. Der bald ansblühende
Holzschnitt verdrängte den Metallschnitt, obwohl dieser noch lange Zeit, bis ins 16. Jahrhundert,
neben ihm geübt wurde. Die Abtheilung, welche die „Holzschnitte" behandelt, ist die reichhaltigste des
Werkes; wir erhalten hier eine vollständige Uebersicht seiner ersten Entwickelung im 15. Jahrhundert.
Es würde den Raum dieser Zeilen weit überschreiten, wollten wir von diesem Kapitel nnr die flüch-
tigste Darstellung geben, das knnst- und kulturgeschichtlich von gleich großer Bedeutung ist, ebenso
wie das folgende „Spielkarten", welche letztere sehr zum Unterschiede von den heute iu Gebrauch
stehenden oft Leistungen von bedeutendem Kunstwerthe waren, wie beispielsweise jene prächtigen
vom sogen. Meister U. 8. von 1466. Der letzte Abschnitt bringt Kupferstiche des 15. Jahrhunderts,
unter diesen das zweitältest-bekannte (datirte) Blatt, eine Madonna mit der Jahreszahl 1451,
deutschen Ursprunges, Zeit und Schulgenossen desselben; dann alte Niederländer und ein Werk der
Kölner Schule, eine Maria mit dem Kinde von unbekannter Meisterhand ersten Ranges. Auch
die Italiener sind durch Sandro Botticelli vertreten. Mit Martin Schongauer schließt das
Werk; was darüber hinausgeht, gehörte nicht mehr unter die „Anfänge der Drnckkunst."
Nach diefer flüchtigen Skizze der Anlage des Werkes bleibt noch ein Wort über Text und Aus-
stattung zu sagen übrig. Ersterer ist mit aller Gründlichkeit und Sachkenntniß abgefaßt, wenn auch
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