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Zeitschrift für bildende Kunst — 2.1867

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F., M.: Hermann Wislicensus
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https://doi.org/10.11588/diglit.71569#0229

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Hermann Wislicenus.
Mit zwei Abbildungen.

In unserer Zeit, die jedes Talent mit einem ungewissen Ungestüm Herausfordert und
zur Wirkung drängt, wird Wenigen gegönnt, sich ruhig und stetig aus dem Kerne ihrer
Natur heraus zu entwickeln. Wo es geschieht, ist es in der Regel weit mehr das Ver-
dienst des Einzelnen, als die Gunst des Glückes; zumal beim Künstler. Ihn trifft es am
härtesten, daß er nicht mehr außerhalb der Betrachtung menschlichen Schaffens steht, die
ihre Urtheile den Anforderungen praktischer und öffentlicher Wirksamkeit entnimmt. Viel
allein zu sein, ohne mißverstanden zu werden, wird ihm schwer gemacht, denn es gilt nur,
was sich beweist, und unter dieser Erfahrung leidet bei empfindsamen Naturen die
Freudigkeit, ihres Schaffens im Vereine zu genießen und sich in lebendige Beziehung zur
Gegenwart zu setzen. Und doch ist alle Menschenarbeit, auch die idealste, gesellig wie der
Mensch selber und bedarf um ihrer selbst willen der Uebereinstimmung. Das Wort des
Dichters wirbt um Echo in der andern Brust; es würde verschwiegen bleiben, wäre
es nicht entstanden als stilles Zwiegespräch mit einer Gemeinde, die der Schaffende sich
geformt hat und die er dann mit dem Organe seines Geschöpfes in der Wirklichkeit sucht.
Ebenso Leim bildenden Künstler. Aber zunächst muß er streben, in seinen Leistungen mit
sich selbst übereinzustimmen. Denn keine Verwerfung und keine Anerkennung vermag das
Lob oder den Tadel umzustoßen, den der rechtschaffen Strebende sich selber giebt. Dem
Zeitschrift für bildende Kunst. II.

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