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Zeitschrift für bildende Kunst — 2.1867

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Mündler, Otto: Einige Worte über Dr. Ernst Förster's "Raphael"[1][
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Lübke, Wilhelm: [Rezension von: Adolph Braun, Handzeichnungen alter Meister aus der Sammmlung des Louvre]
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https://doi.org/10.11588/diglit.71569#0251

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Von Otto Mündler.

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Ausführlichkeit, mit welcher der Verf. diese Werke, denen, gelinde gesagt, die allgemeine Zustimmung
fehlt, (und die sich in Passavant's Buch z. B. nicht ausgenommen finden) in seinem Texte aufführt,
er einige unbezweifelt ächte Bilder des Meisters geradezu übergeht, so z. B. die sogenannte kleine
Jungfrau mit dem Kinde aus der Galerie Orleans, welche ans der Sammlung Aguado in die der
Herren Delessert in Paris übergegangen ist, wo Herr Förster bei seinem letzten Aufenthalte in Paris,
1864, dieses Juwel hätte sehen können, welches von vielen, und darunter auch von Passavant, für
die zweite kleine Madonna gehalten wird, die der jugendliche Meister für seinen Herrn, den Herzog
Guidobaldo von Urbino ausgeführt. „Ich habe mich bemüht", fagt Vr. Förster in der Vorrede, „in
der Aufzählung der Werke Raffael's vollständig zu sein." Dieses Programm hat er aber keines-
wegs eingehalten, denn ich vermisse auch noch ein anderes unbestritten ächtes Bildchen des Meisters
von Urbino, aus der florentinischen Zeit, um 1505 entstanden, das s. g. Uux vodis, die Halbfigur
des auferstandenen Christus, welches aus der Familie Mosca in Pesaro in den Besitz des Grafen
Paolo Tosi in Brescia gekommen, wo es noch gegenwärtig die von dem Grafen seiner Vaterstadt
hinterlassene öffentliche Sammlung ziert. Diese beiden Lücken sind mir aufgesallen. Es ist wohl
möglich, daß bei einer sorgfältigen Vergleichung mit dem Verzeichniß bei Passavant noch ein und
das andere vermißt würde. Von einer Anzahl anderer Bemerkungen, die ich beim Durchlesen des
Förster'schen Buches zu machen Gelegenheit gehabt, setze ich nur einige hieher, um Einzelnes zu be-
richtigen, das, wiewohl von geringerer Bedeutung, doch der wünschenswerthen Genauigkeit und
Korrektheit Eintrag thut. S. 20 spricht der Verf. von Pietro della Francesca di S. Croce, statt:
P. d. Fr. di S. Sepolcro. In der Uebersicht der malerischen Leistungen der Vorgänger Raffael's
fiel mir die Stelle über Symon von Siena auf, worin Herr Förster eine Tafel in der Sammlung
des Herrn Rothpletz in Aarau anführt, als einen Theil des großen Altarwerkes in Pisa. Ich möchte
fragen, ob der Vers, von dieser Herkunft sichere Kunde hat, und was ihn bewogen hat, jene sehr
verdorbene Tasel anzuführen, während sich doch anderswo, diesseits der Alpen z. B. in Antwerpen,
Bedeutenderes von der Hand des Symone (di Martino) findet. Die Antwort auf die letztere Frage
siel mir ein, in dem von I)r. E. Förster 1865 Herausgegebenen Büchlein: „Reise durch Belgien nach
Paris und Burgund" zu suchen, wo ich auf S. 57 die gewünschte Auskunft fand. Herr Vr.
Förster hält die im Antwerpener Museum ausbewahrten 4 Bildchen, die in einem Rahmen ver-
einigt und mit „Kernon ?inxiG bezeichnet sind, trotz dieser ächten Inschrift und trotz der unver-
kennbaren Uebereinstimmung in allen Stücken mit der großen Verkündigung des Symone in den
Uffizien zu Florenz, nicht für ein ächtes Werk des Meisters, sondern vertheilt die Darstellung zwischen
Lippo Memmi und Giotto (?!), eine höchst auffällige und durch nichts zu rechtfertigende Ansicht, zu
welcher der Verf. Wenige bekehren wird. Man vgl. Crowe und Cavalcaselle II, 98, die der Verf.
des obengenannten Werkchens mehrere Mal unter dem Namen Crown und Cavalcasella anführt, in
seinem 1. Bande über Rasfael aber meines Wissens nicht ein einziges Mal erwähnt Hat.
(Schluß folgt.)

Necension.
Handzeichnungen alter Meister aus der Sammlung des Louvre, photographirt von
Adolph Braun. Dornach (Elsaß).
Der Photographie in ihrer jüngsten Entwicklung verdanken wir, daß das Studium der ver-
gleichenden Kunstgeschichte auf eine immer breiter werdende Basis fester Thatfachen gestellt werden
kann. Von der größten Wichtigkeit sind dabei die durch keine andre Vervielfältigungsart mit solcher
Sicherheit Herzustellenden Facsimile's der Handzeichnungen alter Meister. Erst wenn wir die
gesammten Schätze dieser Art, welche sich aus der Vergangenheit in unsre Tage gerettet haben, in
Photographieen vor uns ausbreiten können, werden wir im Vollbesitz eines Materiales sein, dessen
wissenschaftliche Verwerthung zu manchen neuen Ergebnissen sühren wird. Unter diesem Gesichts-
punkt vornehmlich begrüßen wir das Unternehmen des bekannten elsässischen Photographen, dessen
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