Bonaventura Emler.
255
Könige (2^ hoch Z^h breit) vollendete er 1855 im Auftrage des Kardinals Viale Prela; dasselbe
wanderte nebst sechs anderen Bildern von seiner Hand nach Amerika. Eben so viele große Altar-
blätter von Emler sind je über Ungarn und Niederösterreich zerstreut; ein großes Altarbild gelangte
nach London, ein anderes nach Triest, ein drittes nach Prenßisch-Schlesien. Sind wir auch nicht in
der Lage, nähere Rechenschaft über diese Gemälde zn geben, so glanben wir durch deren Erwähnung
doch einer künftigen Kunsttopographie Winke zu geben. Pnblicirt ward von Emler blos eine Folge
von acht Blättern über „das Leben des heiligen Severin" im Holzschnitt; endlich sei nock erwähnt,
daß er die Sage vom Kiffhäuser in einer Radirnng illustrirte.
Diese seine emsige Thätigkeit unterbrach der Künstler wiederholt dnrch Ansflüge und Reifen.
Bon der Art, wie er bei solchen Gelegenheiten Naturstudien einheimste, giebt das im Besitze der
kais. Akademie in Wien befindliche Skizzenbuch Zeugniß. Im I. 1850 besuchte Emler zuerst
Müncheu, Nürnberg, Tirol, 1852 Tirol und Oberitalieu, 1854 Dresden nnd 1855 die meisten
Rheinischen Städte, wobei er Steinle kennen lernte und Schwind ans der Wartburg besuchte. Im
September 1857 eudlich konnte er mit Staatsnuterstützung seine heißersehnte Romfahrt antreten,
von der er erst im August 1860 zurückkehrte, um sich durch Verbindung mit seiner in Wien zurück-
gelassenen Braut eiu häusliches Glück zu begrüudeu. Es sollte vou kurzer Dauer sein. Schon in
Rom hatten sich Anzeichen einer Lnngenkrankheit bei ihm eingestellt, die in dem rauheren Klima der
Heimat bald einen bedenklichen Charakter annahm. Dabei gönnte sich der an eine stets gesteigerte
Thätigkeit gewöhnte Künstler keine Erholung, und seine spekulative Phautasie eilte auck über seiue näch-
sten Knnstzwecke weit hinaus; so versuchte er sich z. B. iu einer ganz interessanten Rekonstruktion des
alten Forum Nomanum und in einer freilich weniger gelungenen Darstellung der allen Kaiserburg
in Wien. Rastlose Tagesarbeit nnd eifriges Nachtstudinm entkräfteten vollends den ohnehin
schwächlichen Körper, und eben hatte er seine letzten Arbeiten, zwei prachtvolle Blätter für das Missale,
welches die kais. Kunstakademie für den Papst zusammenstcllt, vollendet, als er auf's Krankenlager
sank. Am 20 April 1862 machte eine Lungenlähmnng feinem hoffnungsreichen Leben im 31. Jahre
ein Ende. Zwei Tage vor seinem Tode hatte er vom Kaiser Franz Joseph den Anftrag zur Aus-
führuug feiues Purgatoriums iu Del erhalten; das war die letzte Frende seines kurzen Daseins;
es war gewissermaßen eine Abschlagszahlung des Schicksals dafür, daß er anf die ganze Vollendung
feines Hauptwerkes verzichten mußte. Den kostbarsten Theil seines künstlerischen Nachlasses bilden diese
drei Kartons der „Göttlichen Komödie". Erst im Jahre 1866 gelaugten dieselben um den Preis von
600 Fl. in den Besitz des unter dem Namen Philalethes berühmten Dantegelehrten, König Johann
von Sachsen, und diesem Umstande verdanken wir deren photographische Publikation durch Hanfstaengl.
Bonaventnra Emler schuf diese Entwürfe während seines dreijährigen Aufenthaltes in Rom
und zwar so, daß er 1858 das „Inferno", 1859 das „Purgatorio", 1860 das „Paradiso" voll-
endete. Aus dem Tagebucke, welches er während seines römischen Aufenthaltes führte, ersieht man
das tägliche Fortschreiten dieser kolossalen Arbeit nnd die Hingebung des Künstlers an dieselbe. Wenn
aber jedes Blatt ein harmonisches wohlkomponirtes Ganzes bildet, so ist es darum doch nicht
selbständig. Vielmehr hat sich Emler die drei Haupttheile der Dichtuug auch in seiner Darstellung zu
Einem Bilde verbunden gedacht. So sehr die drei Theile auch -— im innigen Anschluß an das
Gedicht — in Charakter nnd Behandlung von einander abweichen, äußerlich werden sie dnrch archi-
tektonische Umrahmung und Anordnung mit einander verknüpft. Und zwar bauen sie sick überein-
ander auf, so daß das Jnseruo einen ranhen sockelartigen Unterban bildet, das Purgatorio als
sriesartiges Stockwerk darauf folgt, um vom schärfer gegliederten Paradiso wie von einer halbkreis-
förmigen Krönnng überragt zu werden. Durch Seitenpilaster, Friese und Predellen, die mit
Episoden trefflich geschmückt sind, wird dann das Ganze eben so verbunden, wie in den Theilen aus-
einandergehalten. Fürwahr dieser Vorwurf ist rieseuhaft für eine Zeit der kleinen Anfgaben, der
kurzen Ziele, wie die unsere ist! Selbst wenn die Ansführnng des Einzelnen viel weniger gelungen
wäre, als sie es ist, der große Gedanke schon würde dem Künstler zur Ehre gereichen.
Aber auch die Ausführung bis ins Detail steht aus der Höhe dieses Gedankens. Vor allem ist
die „Hölle" voll Phantasie nnd Leben. Unten mitten im Vordergründe sitzt Lueiser in kolossaler Größe,
fratzenhaft grimmig, zu seinen Füßen krümmt sich Jndas, daneben Cassius uud Brutus, Graf
34*
255
Könige (2^ hoch Z^h breit) vollendete er 1855 im Auftrage des Kardinals Viale Prela; dasselbe
wanderte nebst sechs anderen Bildern von seiner Hand nach Amerika. Eben so viele große Altar-
blätter von Emler sind je über Ungarn und Niederösterreich zerstreut; ein großes Altarbild gelangte
nach London, ein anderes nach Triest, ein drittes nach Prenßisch-Schlesien. Sind wir auch nicht in
der Lage, nähere Rechenschaft über diese Gemälde zn geben, so glanben wir durch deren Erwähnung
doch einer künftigen Kunsttopographie Winke zu geben. Pnblicirt ward von Emler blos eine Folge
von acht Blättern über „das Leben des heiligen Severin" im Holzschnitt; endlich sei nock erwähnt,
daß er die Sage vom Kiffhäuser in einer Radirnng illustrirte.
Diese seine emsige Thätigkeit unterbrach der Künstler wiederholt dnrch Ansflüge und Reifen.
Bon der Art, wie er bei solchen Gelegenheiten Naturstudien einheimste, giebt das im Besitze der
kais. Akademie in Wien befindliche Skizzenbuch Zeugniß. Im I. 1850 besuchte Emler zuerst
Müncheu, Nürnberg, Tirol, 1852 Tirol und Oberitalieu, 1854 Dresden nnd 1855 die meisten
Rheinischen Städte, wobei er Steinle kennen lernte und Schwind ans der Wartburg besuchte. Im
September 1857 eudlich konnte er mit Staatsnuterstützung seine heißersehnte Romfahrt antreten,
von der er erst im August 1860 zurückkehrte, um sich durch Verbindung mit seiner in Wien zurück-
gelassenen Braut eiu häusliches Glück zu begrüudeu. Es sollte vou kurzer Dauer sein. Schon in
Rom hatten sich Anzeichen einer Lnngenkrankheit bei ihm eingestellt, die in dem rauheren Klima der
Heimat bald einen bedenklichen Charakter annahm. Dabei gönnte sich der an eine stets gesteigerte
Thätigkeit gewöhnte Künstler keine Erholung, und seine spekulative Phautasie eilte auck über seiue näch-
sten Knnstzwecke weit hinaus; so versuchte er sich z. B. iu einer ganz interessanten Rekonstruktion des
alten Forum Nomanum und in einer freilich weniger gelungenen Darstellung der allen Kaiserburg
in Wien. Rastlose Tagesarbeit nnd eifriges Nachtstudinm entkräfteten vollends den ohnehin
schwächlichen Körper, und eben hatte er seine letzten Arbeiten, zwei prachtvolle Blätter für das Missale,
welches die kais. Kunstakademie für den Papst zusammenstcllt, vollendet, als er auf's Krankenlager
sank. Am 20 April 1862 machte eine Lungenlähmnng feinem hoffnungsreichen Leben im 31. Jahre
ein Ende. Zwei Tage vor seinem Tode hatte er vom Kaiser Franz Joseph den Anftrag zur Aus-
führuug feiues Purgatoriums iu Del erhalten; das war die letzte Frende seines kurzen Daseins;
es war gewissermaßen eine Abschlagszahlung des Schicksals dafür, daß er anf die ganze Vollendung
feines Hauptwerkes verzichten mußte. Den kostbarsten Theil seines künstlerischen Nachlasses bilden diese
drei Kartons der „Göttlichen Komödie". Erst im Jahre 1866 gelaugten dieselben um den Preis von
600 Fl. in den Besitz des unter dem Namen Philalethes berühmten Dantegelehrten, König Johann
von Sachsen, und diesem Umstande verdanken wir deren photographische Publikation durch Hanfstaengl.
Bonaventnra Emler schuf diese Entwürfe während seines dreijährigen Aufenthaltes in Rom
und zwar so, daß er 1858 das „Inferno", 1859 das „Purgatorio", 1860 das „Paradiso" voll-
endete. Aus dem Tagebucke, welches er während seines römischen Aufenthaltes führte, ersieht man
das tägliche Fortschreiten dieser kolossalen Arbeit nnd die Hingebung des Künstlers an dieselbe. Wenn
aber jedes Blatt ein harmonisches wohlkomponirtes Ganzes bildet, so ist es darum doch nicht
selbständig. Vielmehr hat sich Emler die drei Haupttheile der Dichtuug auch in seiner Darstellung zu
Einem Bilde verbunden gedacht. So sehr die drei Theile auch -— im innigen Anschluß an das
Gedicht — in Charakter nnd Behandlung von einander abweichen, äußerlich werden sie dnrch archi-
tektonische Umrahmung und Anordnung mit einander verknüpft. Und zwar bauen sie sick überein-
ander auf, so daß das Jnseruo einen ranhen sockelartigen Unterban bildet, das Purgatorio als
sriesartiges Stockwerk darauf folgt, um vom schärfer gegliederten Paradiso wie von einer halbkreis-
förmigen Krönnng überragt zu werden. Durch Seitenpilaster, Friese und Predellen, die mit
Episoden trefflich geschmückt sind, wird dann das Ganze eben so verbunden, wie in den Theilen aus-
einandergehalten. Fürwahr dieser Vorwurf ist rieseuhaft für eine Zeit der kleinen Anfgaben, der
kurzen Ziele, wie die unsere ist! Selbst wenn die Ansführnng des Einzelnen viel weniger gelungen
wäre, als sie es ist, der große Gedanke schon würde dem Künstler zur Ehre gereichen.
Aber auch die Ausführung bis ins Detail steht aus der Höhe dieses Gedankens. Vor allem ist
die „Hölle" voll Phantasie nnd Leben. Unten mitten im Vordergründe sitzt Lueiser in kolossaler Größe,
fratzenhaft grimmig, zu seinen Füßen krümmt sich Jndas, daneben Cassius uud Brutus, Graf
34*