Aus Berlin.
311
Die Anatomie liegt, wie bereits erwähnt worden, in einem mit den schönsten alten Bäumen
und prächtigen Rasenflächen ausgestatteten Parke. Der Architekt war somit in der äußerst günstigen
Lage, seinen Grundriß frei von allen örtlichen Beschränkungen aus den inneren für die Zweck-
mäßigkeit des Baues selber maßgebenden Bedingungen heraus gestalten zu können.
Das Gebäude bildet in seiner Grundanlage ein sogenanntes rechtwinkeliges Hufeisen, dessen
parallele Schenkel ungefähr zwei Drittel der Länge des sie verbindenden Querbaues besitzen; die
Tiefe sämmtlicher Gebäudetheile ist gleich der halben Längenausdehnung der kurzen Schenkel. In
zwei Stockwerken erhebt sich über dem Kellergeschoß der Bau, der nur durch zwei an den aus-
springenden Ecken des Hufeisens belegene Treppenhäuser und durch einen in der Mitte des Quer-
baues emporsteigenden Mittelbau, und zwar von diesem um Stockwerkshöhe überragt wird. Dieser
Mittelbau springt nach der offenen Seite des Hufeisens nur um wenige Fuß vor die Mauer des
Ouerbaues hervor, während er in der entgegengesetzten Richtung, polygonal im chalben Achteck ge-
schlossen, um die Tiefe der übrigen Gebäudetheile sich vorschiebt; er enthält außer dem Bestibul,
in welches man durch ein aus Sandsteinsäulen gebildetes Portal eintritt, ein großes Auditorium.
Das neue Anatomiegebände in Berlin.
Die Fanden sind, so sagt der Architekt selbst *), im „italienisch-romanischen Stile" entworfen.
Die Fenster, mit Ausnahme der des Kellers, sind rundbogig geschlossen; das Hauptgesims sitzt auf
einem rundbogig, von Konsolen unterstützten Friese aus; eiu Sägezahnband bildet das Gurtungs-
gesims, über dem unmittelbar die Fenster des Hauptgeschosses sich erheben, während das Parterre-
geschoß mit einem karniesartigen Fußgesims über dem Plinthenmauerwerk aufsteigt. An allen
ausspringenden Ecken des Gebäudes treten Mauerpfeiler aus der Wandfläche hervor, die bis über
das Dach fortgesetzt, dort zeltförmig abgedacht und mit einem Knopfe gekrönt sind. Nur die
Architektur des Mittelbaues gestaltet sich reicher, indem sich zwischen dem Hauptgesims und den Fen-
stern des ersten Stockwerkes ein ebenfalls rundbogiger Fensterfries herumzieht, dessen einzelne Fenster
durch Säulchen getrennt sind.
Diese einfache Architektur wird gehoben durch die hellrothe Farbe des Steins, die ihrerseits
wieder durch eingelegte mattgelbe Streifen vortheilhaft unterbrochen wird.
So verfehlt das Gebäude, umgeben von schönen Parkanlagen, nicht durch seine guten Ver-
hältnisse, seine einfache, aber charakteristische Gliederung einen günstigen Eindruck beim Beschauer
*) Siehe Zeitschrift für Bauwesen. Jahrg. XVI. S. 165.
41*
311
Die Anatomie liegt, wie bereits erwähnt worden, in einem mit den schönsten alten Bäumen
und prächtigen Rasenflächen ausgestatteten Parke. Der Architekt war somit in der äußerst günstigen
Lage, seinen Grundriß frei von allen örtlichen Beschränkungen aus den inneren für die Zweck-
mäßigkeit des Baues selber maßgebenden Bedingungen heraus gestalten zu können.
Das Gebäude bildet in seiner Grundanlage ein sogenanntes rechtwinkeliges Hufeisen, dessen
parallele Schenkel ungefähr zwei Drittel der Länge des sie verbindenden Querbaues besitzen; die
Tiefe sämmtlicher Gebäudetheile ist gleich der halben Längenausdehnung der kurzen Schenkel. In
zwei Stockwerken erhebt sich über dem Kellergeschoß der Bau, der nur durch zwei an den aus-
springenden Ecken des Hufeisens belegene Treppenhäuser und durch einen in der Mitte des Quer-
baues emporsteigenden Mittelbau, und zwar von diesem um Stockwerkshöhe überragt wird. Dieser
Mittelbau springt nach der offenen Seite des Hufeisens nur um wenige Fuß vor die Mauer des
Ouerbaues hervor, während er in der entgegengesetzten Richtung, polygonal im chalben Achteck ge-
schlossen, um die Tiefe der übrigen Gebäudetheile sich vorschiebt; er enthält außer dem Bestibul,
in welches man durch ein aus Sandsteinsäulen gebildetes Portal eintritt, ein großes Auditorium.
Das neue Anatomiegebände in Berlin.
Die Fanden sind, so sagt der Architekt selbst *), im „italienisch-romanischen Stile" entworfen.
Die Fenster, mit Ausnahme der des Kellers, sind rundbogig geschlossen; das Hauptgesims sitzt auf
einem rundbogig, von Konsolen unterstützten Friese aus; eiu Sägezahnband bildet das Gurtungs-
gesims, über dem unmittelbar die Fenster des Hauptgeschosses sich erheben, während das Parterre-
geschoß mit einem karniesartigen Fußgesims über dem Plinthenmauerwerk aufsteigt. An allen
ausspringenden Ecken des Gebäudes treten Mauerpfeiler aus der Wandfläche hervor, die bis über
das Dach fortgesetzt, dort zeltförmig abgedacht und mit einem Knopfe gekrönt sind. Nur die
Architektur des Mittelbaues gestaltet sich reicher, indem sich zwischen dem Hauptgesims und den Fen-
stern des ersten Stockwerkes ein ebenfalls rundbogiger Fensterfries herumzieht, dessen einzelne Fenster
durch Säulchen getrennt sind.
Diese einfache Architektur wird gehoben durch die hellrothe Farbe des Steins, die ihrerseits
wieder durch eingelegte mattgelbe Streifen vortheilhaft unterbrochen wird.
So verfehlt das Gebäude, umgeben von schönen Parkanlagen, nicht durch seine guten Ver-
hältnisse, seine einfache, aber charakteristische Gliederung einen günstigen Eindruck beim Beschauer
*) Siehe Zeitschrift für Bauwesen. Jahrg. XVI. S. 165.
41*