Aus Florenz.
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stellte eine gute Ansicht des Doms zu Mailand aus. Von Saperiti sieht man ein Hafenstück ans
Tunis und eine orientalische Straße, von Pasini eine persische Straßenscene bei Nacht. Eine
hänsliche Sceue von Tedesco, eine jnnge Mutter mit Kind, bei denen die schöne Schwester der
ersteren auf dem Bette sitzt und durch die geschlossenen Laden ein sanftes Dämmerlicht einfällt, ge-
hört nach der Konception zu den anziehendsten Bildern der Ausstellung. Camino hat einige recht
erfreuliche Landschaften, Sartori ein Kavalleriemanöver eingesandt. Bei Carmignani's Hinterhalt
im Walde thnt das Novellistische der Staffage, zwei Banditen, die einem nnbeforgt reitenden Ritter
auflanern, der Wirkung Eintrag. Anders bei einem Bilde Mazzo's, wo das Genrehafte die Land-
schaft überwiegt; ein Reiter hat sich hier auf der Erde zum Schlaf gebeitet, fein Pferd und sein
Hund wittern eine herannahende Gefahr. Ein Seesturm von Gamba hat wohl erst nachträglich den
Titel „der Morgen nach der Schlacht bei Lissa" und die zersetzte italienische Flagge ans einem Wracke
bekommen. Varni's Garibaldi am Bette seiner gestorbenen Fran, Tancredi's Eamoens mit seinem
treuen Neger im Gefängniß, Gerbi's Lorenzo de 'Medici, von dessen Krankensitz Savonarola fort-
geht, ohne die Absolution zn ertheilen, Parsini's Cellini, der dem Herzog von Medici das Modell
seines Persens zeigt, Ferrari's Abführung, eines vernrtheilten Polen, die venetianische Liebesscene
mit verstecktem Bravo von Sanesi, Bncciarelli's Schachparthie am Hofe der Medici, Couti's
Begegnung Petrarca's und der Lanra in der Kirche zu Avignon, Folchi's große Veronika Cybo im
rothen Sammtkleid, Gasser's Maria Stuart, von ihrem Gefolge Abschied nehmend, sind weniger
nm ihres besonderen Kunstwerthes willen als znr Charakteristik der Stosskreise zu nennen, in denen
die Genremalerei des modernen Italiens sich vorzugsweise bewegt. Ausprechend in Stoff nnd Ans-
führnng ist ein kleines Mädchen, ans einer Onelle triukend, vou Ginliauo. Die vervielfältigeudeu
Küuste sind durck einige reckt gute chromolithographische Drncke auf Leiuwand vou Ulisses Borzino
in Mailand, durch eiue tüchtige Kreidezeichnung vou Perotti, eiuige Sckwarzkunstblätter vou
Cucinetta in Neapel, endlich durch eine Federzeicknnng mit Angelica nnd Medor von Giovanni
Fiorini zwar nicht glänzend, aber anständig vertreten.
Ich verlasse damit die Ränme der Kunstausstellung nnd berichte Ihnen von anderen be
merkenswerthen Erscheinungen des Hiesigen Knnsilebens, wie sie mir bei meinen Wanderungen durch
die Straßen und Ateliers begegnet sind. Znerst eiu Wort vou der Bauthätigkeit iu der jetzigen
Hanptstadt Neu-Italiens. Im gauzeu Nordosten der Stadt werden die alten Umfassungsmanern
eifrigst eingerissen, nene Straßen angelegt nnd Hänser gebant. Auf schöueu Stil macheu oie
letztereu freilich weniger Anspruch, aber um so gesuuder werden die Wohnungen in diesen massiven
Gebäuden an den breiten Straßen mit ihrer schönen freien Anssicht auf die reizendeu Berge vou
uud um Fiesole ohne Zweifel fein. Ein großer Kasernenban für ärmere Lente vor der Porta San
Gallo ist besonders häßlich, netter sehen einige Qnartiere vor der Porta Santa Croce ans, welche
lauter eiustöckige, hölzerne, ganz nnd gar mit gewelltem Zink bekleidete Häuser enthalten. Für
neue Baumpflauzuugeu sorgt man leider gar nicht; der große Platz äsIIn Incikpecleimn z. B. ist
völlig kahl. Der einzige größere Neuban von Regiernngswegen, das Kriegsministerium am Sankt
Markusplatz, zeigt drei gleichartige, unendlich nüchterne Fronten. Kleinlicke Thüren, nichts-
sagende Fensteröffnungen in den drei Stockwerken und gelber Kalkputz, auders läßt sich diese flache
Mittelmäßigkeit nicht beschreiben, die den bloßen Verwaltungszwecken wohl genügen dürste, aber
der Stadt der Arnolfo und Brnnelleschi wenig Ehre macht. Für den König wurde hiuter dem
Palazzo Pitti ein großer Marstall gebant, der namentlich der Erdarbeiten wegen bedeutende Summen
verschlungen hat, ohne jedoch architektonisch einen besriedigenden Eindruck Hervorzubriugeu.
In der königlichen Gießerei war bei meinem neulichen Besnch eine für Tnrin bestimmte
Bildsäule des iu der Krimm kommandirt habenden Generals La Marmora angefertigt, überlebens-
groß, vorwärts stürmend, fast theatralisck. Technisch schien mir die Arbeit so gut gelungen, wie
nur immer die besten dentscken Güsse. — In der königlichen Mosaiksabrik sah ich au einem für die
Pariser Ausstellung bestimmten Tische arbeiten. Die Mitte des nicht eben großen runden Tisches
nimmt ein sich schnäbelndes Taubenpaar ein, welches ans einer Gruppirung von Köcher, Bogen
und Lorbeerzweigen steht. Grundfläche der bekannte schwarze Schiefer, im Umkreis viel Vögel
und eine Blumengruppe. Mir scheinen die Modernen mit ihren naturalistischen Tendenzen bei
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stellte eine gute Ansicht des Doms zu Mailand aus. Von Saperiti sieht man ein Hafenstück ans
Tunis und eine orientalische Straße, von Pasini eine persische Straßenscene bei Nacht. Eine
hänsliche Sceue von Tedesco, eine jnnge Mutter mit Kind, bei denen die schöne Schwester der
ersteren auf dem Bette sitzt und durch die geschlossenen Laden ein sanftes Dämmerlicht einfällt, ge-
hört nach der Konception zu den anziehendsten Bildern der Ausstellung. Camino hat einige recht
erfreuliche Landschaften, Sartori ein Kavalleriemanöver eingesandt. Bei Carmignani's Hinterhalt
im Walde thnt das Novellistische der Staffage, zwei Banditen, die einem nnbeforgt reitenden Ritter
auflanern, der Wirkung Eintrag. Anders bei einem Bilde Mazzo's, wo das Genrehafte die Land-
schaft überwiegt; ein Reiter hat sich hier auf der Erde zum Schlaf gebeitet, fein Pferd und sein
Hund wittern eine herannahende Gefahr. Ein Seesturm von Gamba hat wohl erst nachträglich den
Titel „der Morgen nach der Schlacht bei Lissa" und die zersetzte italienische Flagge ans einem Wracke
bekommen. Varni's Garibaldi am Bette seiner gestorbenen Fran, Tancredi's Eamoens mit seinem
treuen Neger im Gefängniß, Gerbi's Lorenzo de 'Medici, von dessen Krankensitz Savonarola fort-
geht, ohne die Absolution zn ertheilen, Parsini's Cellini, der dem Herzog von Medici das Modell
seines Persens zeigt, Ferrari's Abführung, eines vernrtheilten Polen, die venetianische Liebesscene
mit verstecktem Bravo von Sanesi, Bncciarelli's Schachparthie am Hofe der Medici, Couti's
Begegnung Petrarca's und der Lanra in der Kirche zu Avignon, Folchi's große Veronika Cybo im
rothen Sammtkleid, Gasser's Maria Stuart, von ihrem Gefolge Abschied nehmend, sind weniger
nm ihres besonderen Kunstwerthes willen als znr Charakteristik der Stosskreise zu nennen, in denen
die Genremalerei des modernen Italiens sich vorzugsweise bewegt. Ausprechend in Stoff nnd Ans-
führnng ist ein kleines Mädchen, ans einer Onelle triukend, vou Ginliauo. Die vervielfältigeudeu
Küuste sind durck einige reckt gute chromolithographische Drncke auf Leiuwand vou Ulisses Borzino
in Mailand, durch eiue tüchtige Kreidezeichnung vou Perotti, eiuige Sckwarzkunstblätter vou
Cucinetta in Neapel, endlich durch eine Federzeicknnng mit Angelica nnd Medor von Giovanni
Fiorini zwar nicht glänzend, aber anständig vertreten.
Ich verlasse damit die Ränme der Kunstausstellung nnd berichte Ihnen von anderen be
merkenswerthen Erscheinungen des Hiesigen Knnsilebens, wie sie mir bei meinen Wanderungen durch
die Straßen und Ateliers begegnet sind. Znerst eiu Wort vou der Bauthätigkeit iu der jetzigen
Hanptstadt Neu-Italiens. Im gauzeu Nordosten der Stadt werden die alten Umfassungsmanern
eifrigst eingerissen, nene Straßen angelegt nnd Hänser gebant. Auf schöueu Stil macheu oie
letztereu freilich weniger Anspruch, aber um so gesuuder werden die Wohnungen in diesen massiven
Gebäuden an den breiten Straßen mit ihrer schönen freien Anssicht auf die reizendeu Berge vou
uud um Fiesole ohne Zweifel fein. Ein großer Kasernenban für ärmere Lente vor der Porta San
Gallo ist besonders häßlich, netter sehen einige Qnartiere vor der Porta Santa Croce ans, welche
lauter eiustöckige, hölzerne, ganz nnd gar mit gewelltem Zink bekleidete Häuser enthalten. Für
neue Baumpflauzuugeu sorgt man leider gar nicht; der große Platz äsIIn Incikpecleimn z. B. ist
völlig kahl. Der einzige größere Neuban von Regiernngswegen, das Kriegsministerium am Sankt
Markusplatz, zeigt drei gleichartige, unendlich nüchterne Fronten. Kleinlicke Thüren, nichts-
sagende Fensteröffnungen in den drei Stockwerken und gelber Kalkputz, auders läßt sich diese flache
Mittelmäßigkeit nicht beschreiben, die den bloßen Verwaltungszwecken wohl genügen dürste, aber
der Stadt der Arnolfo und Brnnelleschi wenig Ehre macht. Für den König wurde hiuter dem
Palazzo Pitti ein großer Marstall gebant, der namentlich der Erdarbeiten wegen bedeutende Summen
verschlungen hat, ohne jedoch architektonisch einen besriedigenden Eindruck Hervorzubriugeu.
In der königlichen Gießerei war bei meinem neulichen Besnch eine für Tnrin bestimmte
Bildsäule des iu der Krimm kommandirt habenden Generals La Marmora angefertigt, überlebens-
groß, vorwärts stürmend, fast theatralisck. Technisch schien mir die Arbeit so gut gelungen, wie
nur immer die besten dentscken Güsse. — In der königlichen Mosaiksabrik sah ich au einem für die
Pariser Ausstellung bestimmten Tische arbeiten. Die Mitte des nicht eben großen runden Tisches
nimmt ein sich schnäbelndes Taubenpaar ein, welches ans einer Gruppirung von Köcher, Bogen
und Lorbeerzweigen steht. Grundfläche der bekannte schwarze Schiefer, im Umkreis viel Vögel
und eine Blumengruppe. Mir scheinen die Modernen mit ihren naturalistischen Tendenzen bei