Das Nationaldenkmal für München.
Preisgekrönter Entwurf von K. Zumbusch.
Mit Abbildung.
Künstlerische Konkurrenzen sind neuerdings in Verruf gekommen, nicht mit Unrecht,
denn die rücksichtslose, willkürliche Weise, welche bei den Entscheidungen gar zu oft in
jüngster Zeit beliebt worden ist, muß sowohl dem Ehrgefühl der Künstler als der Würde
der Kunst verderblich werden. Wir erinnern an die Konkurrenzen für die Nikolaikirche in
Hamburg, für das Rathhaus in Berlin, für den Bahnhof in Zürich, für das Münchener
Rathhaus und an viele ähnliche Fälle, wo zwar Preise zur Vertheilung kamen (in Mün-
chen sogar nur zweite und dritte, aber nicht der erste!), die Ausführung jedoch schließlich
nicht in die Hände des Siegers, sondern oft in ganz fremde, die sich weder in Konkur-
renzen noch sonstwo hervorgethan hatten, gelegt wurde. Dies Verfahren, eine Schmach
und ein Verderb für die Kunst, ist freilich überwiegend bei architektonischen Konkurrenzen
an der Tagesordnung; aber auch bei Konkurrenzen für plastische Denkmale sind mehrfach
arge Verstöße begangen worden. Solchen Thatsachen gegenüber ist es Pflicht der öffent-
lichen Kritik, immer auf's Nene ihre Stimme zu erheben; denn es wäre ein Verlust für
das Kunstleben, wenn eine Gelegenheit so schöner und förderlicher Wettkämpfe, eine Quelle,
aus welcher die Kunst so viel Kraft zu schöpfeu vermag, vergiftet oder verstopft würde.
Waren es nicht Konkurrenzen, durch welche Brunellesco zur Ausführung der Kuppel des
Florentiner Doms, Ghiberti zur Schöpfung seiner Herrlichen Baptisterienpforten gelangte?
Glücklicher Weise fehlt es auch in den jüngsten Tagen nicht an Beispielen, wo ein
glänzender Erfolg aus Konkurrenzen hervorgegangen: das eine ist das Schillerdenkmal
für Berlin von Reinhold Begas, mit dessen Abbildung unsere Zeitschrift ihren vorigen
Jahrgang eröffnete; das andere der unsern Lesern heut vorliegende, von dem Münchener
Schiedsgericht kürzlich gekrönte Entwurf von Zumbusch zum Nationaldenkmal, welches
dem verstorbenen König Maximilian II. in der von ihm erbauten Maximilianstraße er-
richtet werden soll. Beide Fälle sind Wohl geeignet, das Konkurrenzversahren, das etwas
in Mißkredit gerathen war, wieder zum gebührenden Ansehen zu bringen; denn dort wie
hier haben wir Ursache, die Schönheit und Bedeutsamkeit der künstlerischen Entwürfe als
Bürgschaft für eine würdige Gestaltung der zu errichtenden Denkmale zu begrüßen; dort
wie hier ist es ein jüngerer Künstler, der sich auf dem Wege des öffentlichen Wettkampfes
zu einer der höchsten Aufgaben des heutigen Kunstschaffens und dadurch in die Reihe der
schon bewährten Meister aufgeschwungen hat. Der Münchener Fall hat sogar noch das
besonders Anziehende, den Beweis zu liefern, daß auch mit Ausschluß von Berlin in den
Zeitschrift für bildende Kunst. II.
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Preisgekrönter Entwurf von K. Zumbusch.
Mit Abbildung.
Künstlerische Konkurrenzen sind neuerdings in Verruf gekommen, nicht mit Unrecht,
denn die rücksichtslose, willkürliche Weise, welche bei den Entscheidungen gar zu oft in
jüngster Zeit beliebt worden ist, muß sowohl dem Ehrgefühl der Künstler als der Würde
der Kunst verderblich werden. Wir erinnern an die Konkurrenzen für die Nikolaikirche in
Hamburg, für das Rathhaus in Berlin, für den Bahnhof in Zürich, für das Münchener
Rathhaus und an viele ähnliche Fälle, wo zwar Preise zur Vertheilung kamen (in Mün-
chen sogar nur zweite und dritte, aber nicht der erste!), die Ausführung jedoch schließlich
nicht in die Hände des Siegers, sondern oft in ganz fremde, die sich weder in Konkur-
renzen noch sonstwo hervorgethan hatten, gelegt wurde. Dies Verfahren, eine Schmach
und ein Verderb für die Kunst, ist freilich überwiegend bei architektonischen Konkurrenzen
an der Tagesordnung; aber auch bei Konkurrenzen für plastische Denkmale sind mehrfach
arge Verstöße begangen worden. Solchen Thatsachen gegenüber ist es Pflicht der öffent-
lichen Kritik, immer auf's Nene ihre Stimme zu erheben; denn es wäre ein Verlust für
das Kunstleben, wenn eine Gelegenheit so schöner und förderlicher Wettkämpfe, eine Quelle,
aus welcher die Kunst so viel Kraft zu schöpfeu vermag, vergiftet oder verstopft würde.
Waren es nicht Konkurrenzen, durch welche Brunellesco zur Ausführung der Kuppel des
Florentiner Doms, Ghiberti zur Schöpfung seiner Herrlichen Baptisterienpforten gelangte?
Glücklicher Weise fehlt es auch in den jüngsten Tagen nicht an Beispielen, wo ein
glänzender Erfolg aus Konkurrenzen hervorgegangen: das eine ist das Schillerdenkmal
für Berlin von Reinhold Begas, mit dessen Abbildung unsere Zeitschrift ihren vorigen
Jahrgang eröffnete; das andere der unsern Lesern heut vorliegende, von dem Münchener
Schiedsgericht kürzlich gekrönte Entwurf von Zumbusch zum Nationaldenkmal, welches
dem verstorbenen König Maximilian II. in der von ihm erbauten Maximilianstraße er-
richtet werden soll. Beide Fälle sind Wohl geeignet, das Konkurrenzversahren, das etwas
in Mißkredit gerathen war, wieder zum gebührenden Ansehen zu bringen; denn dort wie
hier haben wir Ursache, die Schönheit und Bedeutsamkeit der künstlerischen Entwürfe als
Bürgschaft für eine würdige Gestaltung der zu errichtenden Denkmale zu begrüßen; dort
wie hier ist es ein jüngerer Künstler, der sich auf dem Wege des öffentlichen Wettkampfes
zu einer der höchsten Aufgaben des heutigen Kunstschaffens und dadurch in die Reihe der
schon bewährten Meister aufgeschwungen hat. Der Münchener Fall hat sogar noch das
besonders Anziehende, den Beweis zu liefern, daß auch mit Ausschluß von Berlin in den
Zeitschrift für bildende Kunst. II.
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