Von Julius Meyer.
57
Als einer der Namhaftesten ist Auguste Gendron, Schüler von Delaroche, schon
seit Mitte der vierziger Jahre thätig. Seine Willis und Sylphiden, Horen und Nereiden,
die wie dnftige Traumgestalten durch den Wald oder über den Wassern schweben, Haben
vielen Beifall gefunden; leicht und gefällig, in den Linien stüchtig, hell und freundlich in
der Färbung, wenngleich bisweilen etwas schwer, mit mehr malerisch verschwimmenden als
plastisch durchgebildeten Formen. Auch mit poetischen Scenen aus den schönen festlichen
Tagen der Renaissance hat er Glück gehabt, indem er es verstanden, die poetische Stim-
mung in eine malerische, anschauliche zu übersetzen. Sein „florentinischer Sonntag" (im
Luxembourg, vom Jahre 55) zeigt uns eine Gesellschaft stillfroher Menschen bei den edlen
Vergnügungen der verschiedenen Lebensalter, in dem farbigen Gewände nnd den dankbaren
Formen einer ästhetisch gestimmten Zeit; eine Art Gegenbild dazu ist sein Begräbniß einer
jungen Venetianerin, welche die Gondel durch den stillen Kanal zu ihrer letzten Ruhestätte
trägt, nicht minder ansprechend durch den Ansdrnck milder Trauer der begleitenden, in der
Nacht wie verschwebenden Gestalten. In seinen dekorativen Arbeiten (Malereien in der
Kirche St. Gervais und die Tageszeiten im Palast des Staatsrathes) sucht er durch rhyth-
mische Anordnung und den ruhigen Adel der Gestalten sich dem monumentalen Stil zu
nähern, ohne deßhalb eine gewisse naturalistische Wärme der Erscheinung aufzugeben. Im
Ganzen weder für die Ausbildung der Form noch die des Kolorits entschieden angelegt,
geht er auf Verbindung beider zu einer gefälligen Erscheinung aus, ohne es zu einer vollen
energischen Wirkung zu bringen. — Ein sehr vielseitiges Talent, das sich zu dieser Gruppe
zähleu läßt, ist Alfred de Curzon. Seine Psyche, die aus der Unterwelt die Büchse
Proserpinens bringt (im Luxembourg), eine in leichtem Gewand leise daherschwebende Ge-
stalt, grau und zart in der Färbung, wie die Erscheinung eines poetischen Traumbildes, ist
nicht ohne Anmuth, aber ganz losgelöst vom klassischen Boden und in das weiche Element
moderner Empfindung übertragen. Die Genrebilder des Künstlers aus dem italienischen
Volksleben haben ebenfalls einen poetischen Anflug; sie sind in der Gruppirnng einfach und
in der Bewegung der Figuren anziehend, doch geben sie die natürliche Größe und Schön-
heit des Stammes in einer äußerlichen Weise wieder und schwächen die Energie seiner
charaktervollen Erscheinung ab durch das Empsiudsame des Ausdrucks und dnrch gewöhnliche
malerische Reizmittel. Ernster und tüchtiger, in den Ton der warmen, klaren Luft des
Südens getaucht sind die italienischen Landschaften Curzon's. — Fast ganz ins poetische
Gebiet zieht Jean Aubert die schönen Frauengestalten der Antike hinüber, die er meistens
in stillen einfachen Situationen und im weichen Fluß der griechischen Gewandung darstellt.
Im Grunde ist es auch ihm nur um die ideale, aber unserer Gefühlsweise nahe gebrachte
Erscheinung jugendlicher Frauen zu thunz er zeigt sie uns gern am Ufer des Meeres träu-
mend und sinnend („Reverie" v. 1859) oder im vertraulichen Austausch holder Geheim-
nisse, die der Beschauer errathen mag („Confidence" von 1861).
In einer eigenen Weise suchen Charles Landelle und Francois Jalabert, beide
Schüler von Delaroche, zwischen der Strenge des Ideals und dem Reiz anmuthiger nnd
empfindungsvoller Natur eine gemäßigte Mitte zu Halten. Landelle, namentlich in der
religiösen Kunst seit Mitte der vierziger Jahre thätig, bemüht sich in der Weise Ary Schefsers
seinen heiligen Figuren eine besondere Innigkeit des Ausdrucks und einen gewissen Adel
der Erscheinung zu geben, geräth aber ins Empfindsame und kann doch ans eine weltliche,
das Auge anlockeude Anmnth der Franen nicht verzichten. Jalabert, mag er nnn antike
oder christliche Mythe behandeln, geht auf eine weiche, elegische Wirkung aus, die sich auch
in den zarten Uebergängen und verschmelzenden Tönen seines Kolorits kundgiebt und im
Ausdruck oft bis zur schmachtenden Schwermuth geht. Auch für die verschiedenen Mo-
57
Als einer der Namhaftesten ist Auguste Gendron, Schüler von Delaroche, schon
seit Mitte der vierziger Jahre thätig. Seine Willis und Sylphiden, Horen und Nereiden,
die wie dnftige Traumgestalten durch den Wald oder über den Wassern schweben, Haben
vielen Beifall gefunden; leicht und gefällig, in den Linien stüchtig, hell und freundlich in
der Färbung, wenngleich bisweilen etwas schwer, mit mehr malerisch verschwimmenden als
plastisch durchgebildeten Formen. Auch mit poetischen Scenen aus den schönen festlichen
Tagen der Renaissance hat er Glück gehabt, indem er es verstanden, die poetische Stim-
mung in eine malerische, anschauliche zu übersetzen. Sein „florentinischer Sonntag" (im
Luxembourg, vom Jahre 55) zeigt uns eine Gesellschaft stillfroher Menschen bei den edlen
Vergnügungen der verschiedenen Lebensalter, in dem farbigen Gewände nnd den dankbaren
Formen einer ästhetisch gestimmten Zeit; eine Art Gegenbild dazu ist sein Begräbniß einer
jungen Venetianerin, welche die Gondel durch den stillen Kanal zu ihrer letzten Ruhestätte
trägt, nicht minder ansprechend durch den Ansdrnck milder Trauer der begleitenden, in der
Nacht wie verschwebenden Gestalten. In seinen dekorativen Arbeiten (Malereien in der
Kirche St. Gervais und die Tageszeiten im Palast des Staatsrathes) sucht er durch rhyth-
mische Anordnung und den ruhigen Adel der Gestalten sich dem monumentalen Stil zu
nähern, ohne deßhalb eine gewisse naturalistische Wärme der Erscheinung aufzugeben. Im
Ganzen weder für die Ausbildung der Form noch die des Kolorits entschieden angelegt,
geht er auf Verbindung beider zu einer gefälligen Erscheinung aus, ohne es zu einer vollen
energischen Wirkung zu bringen. — Ein sehr vielseitiges Talent, das sich zu dieser Gruppe
zähleu läßt, ist Alfred de Curzon. Seine Psyche, die aus der Unterwelt die Büchse
Proserpinens bringt (im Luxembourg), eine in leichtem Gewand leise daherschwebende Ge-
stalt, grau und zart in der Färbung, wie die Erscheinung eines poetischen Traumbildes, ist
nicht ohne Anmuth, aber ganz losgelöst vom klassischen Boden und in das weiche Element
moderner Empfindung übertragen. Die Genrebilder des Künstlers aus dem italienischen
Volksleben haben ebenfalls einen poetischen Anflug; sie sind in der Gruppirnng einfach und
in der Bewegung der Figuren anziehend, doch geben sie die natürliche Größe und Schön-
heit des Stammes in einer äußerlichen Weise wieder und schwächen die Energie seiner
charaktervollen Erscheinung ab durch das Empsiudsame des Ausdrucks und dnrch gewöhnliche
malerische Reizmittel. Ernster und tüchtiger, in den Ton der warmen, klaren Luft des
Südens getaucht sind die italienischen Landschaften Curzon's. — Fast ganz ins poetische
Gebiet zieht Jean Aubert die schönen Frauengestalten der Antike hinüber, die er meistens
in stillen einfachen Situationen und im weichen Fluß der griechischen Gewandung darstellt.
Im Grunde ist es auch ihm nur um die ideale, aber unserer Gefühlsweise nahe gebrachte
Erscheinung jugendlicher Frauen zu thunz er zeigt sie uns gern am Ufer des Meeres träu-
mend und sinnend („Reverie" v. 1859) oder im vertraulichen Austausch holder Geheim-
nisse, die der Beschauer errathen mag („Confidence" von 1861).
In einer eigenen Weise suchen Charles Landelle und Francois Jalabert, beide
Schüler von Delaroche, zwischen der Strenge des Ideals und dem Reiz anmuthiger nnd
empfindungsvoller Natur eine gemäßigte Mitte zu Halten. Landelle, namentlich in der
religiösen Kunst seit Mitte der vierziger Jahre thätig, bemüht sich in der Weise Ary Schefsers
seinen heiligen Figuren eine besondere Innigkeit des Ausdrucks und einen gewissen Adel
der Erscheinung zu geben, geräth aber ins Empfindsame und kann doch ans eine weltliche,
das Auge anlockeude Anmnth der Franen nicht verzichten. Jalabert, mag er nnn antike
oder christliche Mythe behandeln, geht auf eine weiche, elegische Wirkung aus, die sich auch
in den zarten Uebergängen und verschmelzenden Tönen seines Kolorits kundgiebt und im
Ausdruck oft bis zur schmachtenden Schwermuth geht. Auch für die verschiedenen Mo-