DIE KÜNSTGEWERBESCHULE IN STRASSBURG (ELSASS).
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Holzschnitzerei aus dem ehem. Benediktinerkloster in Stein a. Rh. Aufgenommen von Heinrich Müller, Konstanz.
wird dann in der Dekorationsmalerei, Keramik, Gold-
schmiedekunst, Kunstschlosserei und Kunstschreinerei
erteilt. Und das Wort des Franzosen Laborde: „Es
giebt keinen wirklichen Unterricht in der Industrie,
als mit abgelegter Weste, aufgestülpten Ärmeln, dem
Lederschurz auf dem Leib und
dem Hammer in der Hand" erhält
hier, in den Lehrwerkstätten,
seine volle Bestätigung. Und
man erkennt auch, dass unter
den Gesichtspunkten, welche für
die Auswahl der Spezialfächer
bestimmend waren, die Rück-
sichten auf örtliche Verhältnisse
und auf früher im Lande blühende
Kunsttechniken nicht außer Acht
gelassen wurden. Einzelne dieser
„Fachschulen" werden mit der
Zeit noch eine weitere Ausgestal-
tung erfahren; namentlich gilt
das von der keramischen Abtei-
lung, die sich für Straßburgs
Ofenindustrie wie für die heimi-
sche Thonindustrie des Unter-El-
sasses geradezu unentbehrlich er-
wiesen hat.
In diesen „Fachschulen" ist
das Prinzip der Vereinigung der
theoretischen Ausbildung mit der
Lehrwerkstätte durchgeführt. Die Abteilung für Deko-
rationsmalerei, deren oberste Klasse unter Seders per-
sönlicher Leitung steht, sorgt zwar in erster Linie
für die Ausbildung des Malers, welcher die durch
die Architektur an der Wand oder an der Decke
gegebenen Flächen mit Malwerk zu verzieren hat,
aber sie trägt auch allen anderen kunstgewerblichen
Richtungen dekorativer Natur gebührend Rechnung.
Der eigentliche Dekorationsmaler aber empfangt in
der Schule nicht nur seine gründliche theoretische
Erziehung, sondern macht hier auch seine praktische
Lehrzeit durch. Ein Saal der Schule nach dem an-
Kunstgewerbeblatt. N. F. VI. H 4.
Ohr von der kgl. sächs. Porzellan-Manufaktur
in Meißen. Aus K. DÜmmler : Ziegel- und Thon-
waarenindustrie (s. Bücherschau).
deren wird nämlich auf dem Gerüste sorgsam ausge-
malt, so dass die Schüler das Zusammenarbeiten für
einen bestimmten Raum und die Erzielung einer
malerischen Gesamtwirkung in demselben allmählich
erlernen. Ein prächtiges Zeugnis für die Leistungs-
fähigkeit der Dekorationsmaler-
abteilung besitzt die Schule in
der einheitlichen, in sich abge-
schlossenen malerischen Ausstat-
tung eines großen Oberlichtsaales,
der anziehende Motive aus Straß-
burg und aus dem Elsass mit
figürlichen Darstellungen harmo-
nisch vereinigt, so dass das land-
schaftliche und figurale Können
mit der technischen Gewandtheit
im vollen Einklang erscheint.
Schon die Auffassung dieser.
Raumdekoration enthüllt das
künstlerische Glaubensbekenntnis
der Schule, welches sich genug-
sam aus der Richtung erklärt, die
Prof. Seder in seinem bekannten
Farbendruckwerke: „Die Pflanze"
mit so glänzendem Erfolge ver-
treten hat1). Er war der ersten
einer, die mit lauter Stimme ver-
kündeten, dass der einzige Weg,
welcher uns zu einer selbständi-
gen modernen dekorativen Kunst verhelfen kann,
durch die Natur geht. Und wie Seder in seinem
vielbenützten Werke eindringlich auf die gewaltige
Schatzkammer der Pflanzenwelt hinwies, durch eigene
künstlerische That den einzuschlagenden Weg zei-
gend, so hält er auch als Leiter seiner Schule
an der Notwendigkeit des Naturstudiums mit eiser-
ner Konsequenz fest. Ja, man darf wohl behaupten,
1) Prof. Seder ist soeben mit der Herausgabe eines ähn-
lichen Werkes: „Das Tier in der dekorativen Kunst" be-
schäftigt, das auf langjährigen Studien nach der Natur beruht.
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Holzschnitzerei aus dem ehem. Benediktinerkloster in Stein a. Rh. Aufgenommen von Heinrich Müller, Konstanz.
wird dann in der Dekorationsmalerei, Keramik, Gold-
schmiedekunst, Kunstschlosserei und Kunstschreinerei
erteilt. Und das Wort des Franzosen Laborde: „Es
giebt keinen wirklichen Unterricht in der Industrie,
als mit abgelegter Weste, aufgestülpten Ärmeln, dem
Lederschurz auf dem Leib und
dem Hammer in der Hand" erhält
hier, in den Lehrwerkstätten,
seine volle Bestätigung. Und
man erkennt auch, dass unter
den Gesichtspunkten, welche für
die Auswahl der Spezialfächer
bestimmend waren, die Rück-
sichten auf örtliche Verhältnisse
und auf früher im Lande blühende
Kunsttechniken nicht außer Acht
gelassen wurden. Einzelne dieser
„Fachschulen" werden mit der
Zeit noch eine weitere Ausgestal-
tung erfahren; namentlich gilt
das von der keramischen Abtei-
lung, die sich für Straßburgs
Ofenindustrie wie für die heimi-
sche Thonindustrie des Unter-El-
sasses geradezu unentbehrlich er-
wiesen hat.
In diesen „Fachschulen" ist
das Prinzip der Vereinigung der
theoretischen Ausbildung mit der
Lehrwerkstätte durchgeführt. Die Abteilung für Deko-
rationsmalerei, deren oberste Klasse unter Seders per-
sönlicher Leitung steht, sorgt zwar in erster Linie
für die Ausbildung des Malers, welcher die durch
die Architektur an der Wand oder an der Decke
gegebenen Flächen mit Malwerk zu verzieren hat,
aber sie trägt auch allen anderen kunstgewerblichen
Richtungen dekorativer Natur gebührend Rechnung.
Der eigentliche Dekorationsmaler aber empfangt in
der Schule nicht nur seine gründliche theoretische
Erziehung, sondern macht hier auch seine praktische
Lehrzeit durch. Ein Saal der Schule nach dem an-
Kunstgewerbeblatt. N. F. VI. H 4.
Ohr von der kgl. sächs. Porzellan-Manufaktur
in Meißen. Aus K. DÜmmler : Ziegel- und Thon-
waarenindustrie (s. Bücherschau).
deren wird nämlich auf dem Gerüste sorgsam ausge-
malt, so dass die Schüler das Zusammenarbeiten für
einen bestimmten Raum und die Erzielung einer
malerischen Gesamtwirkung in demselben allmählich
erlernen. Ein prächtiges Zeugnis für die Leistungs-
fähigkeit der Dekorationsmaler-
abteilung besitzt die Schule in
der einheitlichen, in sich abge-
schlossenen malerischen Ausstat-
tung eines großen Oberlichtsaales,
der anziehende Motive aus Straß-
burg und aus dem Elsass mit
figürlichen Darstellungen harmo-
nisch vereinigt, so dass das land-
schaftliche und figurale Können
mit der technischen Gewandtheit
im vollen Einklang erscheint.
Schon die Auffassung dieser.
Raumdekoration enthüllt das
künstlerische Glaubensbekenntnis
der Schule, welches sich genug-
sam aus der Richtung erklärt, die
Prof. Seder in seinem bekannten
Farbendruckwerke: „Die Pflanze"
mit so glänzendem Erfolge ver-
treten hat1). Er war der ersten
einer, die mit lauter Stimme ver-
kündeten, dass der einzige Weg,
welcher uns zu einer selbständi-
gen modernen dekorativen Kunst verhelfen kann,
durch die Natur geht. Und wie Seder in seinem
vielbenützten Werke eindringlich auf die gewaltige
Schatzkammer der Pflanzenwelt hinwies, durch eigene
künstlerische That den einzuschlagenden Weg zei-
gend, so hält er auch als Leiter seiner Schule
an der Notwendigkeit des Naturstudiums mit eiser-
ner Konsequenz fest. Ja, man darf wohl behaupten,
1) Prof. Seder ist soeben mit der Herausgabe eines ähn-
lichen Werkes: „Das Tier in der dekorativen Kunst" be-
schäftigt, das auf langjährigen Studien nach der Natur beruht.
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