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Zeitschrift des Badischen Kunstgewerbevereins zu Karlsruhe — 6.1895

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Leitschuh, Franz Friedrich: Die Kunstgewerbeschule in Straßburg (Elsass)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3803#0079

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DIE KÜNSTGEWERBESCHULE IN STRASSBURG (ELSASS).

Holzschnitzerei aus dem ehem. Benediktinerkloster in Stein a. Rh. Aufgenommen von Heinrich Müller, Konstanz.

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dass keine zweite Schule in Deutschland existirt, in
welcher als Grundprinzip des gesamten Unterrichts
das Studium nach der Natur so energisch durch-
geführt wird, wie in Straßburg. Welcher Abteilung
auch der Schüler angehören mag, er muss zu-
nächst an den einfachsten Naturgegenständen sehen
lernen. Gelingt ihm das, dann geht er dazu über, das
Gesehene bildlich wiederzugeben. Ist er im Zeich-

wird dabei auch das Zeichnen, Aquarelliren und
Malen nach dem lebenden Modell (Lehrer: Kunst-
maler Jordan) keineswegs vernachlässigt. In der
Modellirklasse werden besonders mustergültige Or-
namente angefertigt. Auch hier gilt als Grund-
prinzip das Studium nach der Natur: der Schüler
muss lernen, die Formen der Natur frei oder sti-
listisch für das Kunstgewerbe zu verwerten. Mo-

Gemaltes Assyrisches Bordürenmuster. Aus Alois Riegl: Stilfragen.

nen und Sehen genügend vorgeschritten, so wird
er versuchen, die Motive, die er der Natur entlehnte,
entweder realistisch zu behandeln oder sie in regel-
mäßige Formen zu bringen, sie zu stilisiren. Und
schließlich wird sich der Schüler darin üben, an-
knüpfend an die Natur, eigene Kompositionen zu
entwerfen und farbig auszuführen. Die zeichnerische
Führung des Pinsels, die Leim- und Ölfarbentechnik
wird in der Malklasse der Dekorationsmaler eifrig
geübt. Bei der Wahl der Motive in dieser Klasse
(Lehrer: Kunstmaler Hacker, Daubner und Höpfner)
ist wohl die Erkenntnis, dass die Pflanzendekoration
zu den wichtigsten Lebenselementen kunstgewerb-
lichen Schaffens gehört, zumeist entscheidend, doch

dellirt wird zuerst nach Blättern und Blumen und
endlich nach dem lebenden Modell (Lehrer: Bild-
hauer Muschweck und Wetzel). Auch für die Gold-
schmiedeabteilung gelten dieselben Grundsätze, die
hier dem Lehrgang einer Fachschule für Edelschmuck
(Ciseliren, Graviren und Metalltreiben) angepasst
sind. Der Schüler lernt zuerst nach dem frischen
und dann nach dem getrockneten, dem dürren Blatte
und der welken Blüte zeichnen und aquarelliren.
Die vorzüglichen Treibarbeiten, Gravirarbeiten und
Schmucksachen, welche aus dieser Fachabteilung
(Lehrer: Ciseleur Eberbach) hervorgegangen sind,
zeigen zur Gentige, dass den Schülern, welche das
Endziel des Zeichenunterrichts, die selbständige Korn-
 
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