DAS HAUS DES DEUTSCHEN REICHSTAGES.
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gewerbes. Das Kunstgewerbe fördert den Wohlstand,
denn es steigert den Wert der toten Materie zur höch-
sten Höhe, sichert Ansehen und Macht und hält gegen-
über dem banausischen Getriebe des Tages als wohl-
thuendes Gegengewicht den idealen Sinn frisch und le-
bendig. Nichts Kleinlicheres, als bei der Ausführung von
Bauten, die den nationalen Geschäften zu dienen haben,
sparen zu wollen. Ein solches Sparen erinnert an den
Geizhals, der Schätze in seinen Truhen aufhäuft, ohne
sie zu verwerten. Die für eiuen großen Bau freigebigen
Sinnes aufgewendeten Mittel bringen hundertfältige
errichtet wurden. Da ist das mittelalterliche Chinon und
Loches, der Aufenthalt eines Karl VII., da ist Plessis
les Tours, die Residenz eines Ludwig XI., da sind die
Schlösser Amboise, Chaumont, Chäteau Meillant, Chäteau
d'Usse, Bauwerke Karls VIII. und des genialen Karls
von Amboise, da ist Chenonceaux am Cher, einst im
Besitze der Diana von Poitiers, da sind die Schlösser
von Blois und Chambord. Und Paris und Umgebung
blieben nicht zurück. Schon Franz jzkonnte zu Karl V.
sagen: „Paris ist eine Welt-'. Igfciönigliche Macht
verherrlichte ihre Siege durch den^^fbau großer Pa-
HAüPTGESCHOSS
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Früchte. Wenn das französische Kunstgewerbe groß
und gebietend geworden ist, woher kommt das anders,
als dass man ihm Gelegenheit gab, sein Können an
hervorragenden Aufgaben zu bilden und zu äußern, und
wo anders hat es diese Aufgaben vorzugsweise gefunden,
als bei der Ausschmückung jener zahlreichen Schlösser,
Staats- und Stadtbauten, die seit mittelalterlicher Zeit
w fast ununterbrochener Folge nicht nur in Paris,
sondern in fast allen Teilen des Landes, insbesondere
in der Normandie und in den Gegenden an der Loire
von dem Adel, der Bürgerschaft und der Staatsgewalt
laste und ausgedehnter städtischer Anlagen. Karl IX.
schuf den gewaltigen, leider 1618 abgebrannten
Grand'salle mit einem Fußboden von kostbarem
Marmormosaik, mit einer prächtigen Holzdecke und
mit Wänden in azurblauer Farbe und Gold, die ge-
gliedert waren durch Pilaster, zwischen denen die poly-
chrom behandelten Statuen der Könige standen. Die
Bau- und Prachtliebe einer Katharina von Medici
gründete die Tuilerien, Maria von Medici schuf den
Luxemburg, jenen Palast, den sein Baumeister „würdig
der ersten Frau der Welt" zu errichten hatte. Ihr Ge-
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gewerbes. Das Kunstgewerbe fördert den Wohlstand,
denn es steigert den Wert der toten Materie zur höch-
sten Höhe, sichert Ansehen und Macht und hält gegen-
über dem banausischen Getriebe des Tages als wohl-
thuendes Gegengewicht den idealen Sinn frisch und le-
bendig. Nichts Kleinlicheres, als bei der Ausführung von
Bauten, die den nationalen Geschäften zu dienen haben,
sparen zu wollen. Ein solches Sparen erinnert an den
Geizhals, der Schätze in seinen Truhen aufhäuft, ohne
sie zu verwerten. Die für eiuen großen Bau freigebigen
Sinnes aufgewendeten Mittel bringen hundertfältige
errichtet wurden. Da ist das mittelalterliche Chinon und
Loches, der Aufenthalt eines Karl VII., da ist Plessis
les Tours, die Residenz eines Ludwig XI., da sind die
Schlösser Amboise, Chaumont, Chäteau Meillant, Chäteau
d'Usse, Bauwerke Karls VIII. und des genialen Karls
von Amboise, da ist Chenonceaux am Cher, einst im
Besitze der Diana von Poitiers, da sind die Schlösser
von Blois und Chambord. Und Paris und Umgebung
blieben nicht zurück. Schon Franz jzkonnte zu Karl V.
sagen: „Paris ist eine Welt-'. Igfciönigliche Macht
verherrlichte ihre Siege durch den^^fbau großer Pa-
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Früchte. Wenn das französische Kunstgewerbe groß
und gebietend geworden ist, woher kommt das anders,
als dass man ihm Gelegenheit gab, sein Können an
hervorragenden Aufgaben zu bilden und zu äußern, und
wo anders hat es diese Aufgaben vorzugsweise gefunden,
als bei der Ausschmückung jener zahlreichen Schlösser,
Staats- und Stadtbauten, die seit mittelalterlicher Zeit
w fast ununterbrochener Folge nicht nur in Paris,
sondern in fast allen Teilen des Landes, insbesondere
in der Normandie und in den Gegenden an der Loire
von dem Adel, der Bürgerschaft und der Staatsgewalt
laste und ausgedehnter städtischer Anlagen. Karl IX.
schuf den gewaltigen, leider 1618 abgebrannten
Grand'salle mit einem Fußboden von kostbarem
Marmormosaik, mit einer prächtigen Holzdecke und
mit Wänden in azurblauer Farbe und Gold, die ge-
gliedert waren durch Pilaster, zwischen denen die poly-
chrom behandelten Statuen der Könige standen. Die
Bau- und Prachtliebe einer Katharina von Medici
gründete die Tuilerien, Maria von Medici schuf den
Luxemburg, jenen Palast, den sein Baumeister „würdig
der ersten Frau der Welt" zu errichten hatte. Ihr Ge-
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