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DAS HAUS DES DEUTSCHEN REICHSTAGES.
Lorbeerzweigen ru-
hig und gebietend ab.
So auch an der an-
deren Querwand die
Wappen Sachsens
und Württembergs.
Hier auch spreizt im
Giebelfelde des Por-
tals der Aar breit
und mächtig sein
Gefieder aus. Das ist
im wesentlichen der
steinerne Schmuck
jedes der beiden Vor-
säle, und zwar ein
Schmuck, der, wie
noch hervorzuheben
ist, vortrefflich auf
die Größe des Bau-
mes komponirt ist.
Eigenartig im
höchsten Grade ist
die übrige Ausstattung. Hochlehniges
Gestühl, mit goldgepresstem Leder über
der Polsterung des Sitzes und der vier-
feldrigen, senkrecht ansteigenden Bück-
lehne, hebt sich mit seinem reich ge-
schnitzten dunklen Holzwerk kräftig
von dem hellen Stein der beiden Längs-
wände ab. Ausspähende Adler mit zu-
sammengelegten Flügeln krönen die
hohen Pfosten der Lehne und zwischen
ihnen schießen fialenartige Spitzen über
das Gesims empor, Wappen mit Laub-
werk oder Körbe mit Früchten ein-
schließend. Gotisirend sind der ganze
Aufbau und der Fialenschmuck, renais-
sancirend alles übrige, insbesondere die
ornamentalen Motive an den in Löwentatzen auslaufenden
Untersätzen und an den niedrigen Armlehnen mit Masken-
schmuck. Trefflich gliedern sich diese ehrwürdig und
monumental wirkenden Aufbauten, zu deren Schnitzereien
Pruska-München die Modelle geliefert hat, den Wand-
flächen zwischen den Thüren, bezw. zwischen diesen
und den Querwänden ein. Ihre technische Ausführung
ist vorzüglich. Von Peter-Mannheim rührt das Gestühl
im Vorsaale für den Keichstagsvorstand, von A. Pössen-
bacher-München das im Vorsaale für den Bundesrat her.
Einen weiteren Schmuck bilden die tief dunklen Thüren,
die in der oberen Füllung eiDes jeden Flügels ge-
schnitzten ornamentalen und figuralen Schmuck nach
A. Vogels Modellen aufweisen. Und endlich die drei
mächtigen Bronze-Lichtkronen, die von dem eisernen
Firstbalken des Oberlichtes herabhängen — Meisterwerke
von L. A. Biedinger-Augsburg, welche deren Architekt
Sehlusstein-Cartouehen über den Seiteneingängen in die Wandelhalle
Modellirt von Professor 0. Lessing.
Oskar Dedreux ent-
worfen hat. Von De-
dreux rühren über-
haupt die Entwürfe
zu sämtlichen her-
vorragendenBeleuch-
tungskörpern im
Beichstagshause her.
Das Motiv der mittel-
alterlichen Beifen-
krone ist hier in aus-
gezeichneter Weise
für Glühlichtbeleuch-
tung verwertet. Je-
der dieser doppel-
reifigen Beleuch-
tungskörper findet
seinen krönenden
Schluss in einer Kai-
serkrone. Von dieser
laufen die kräftigen
Zugstangen ans, wel-
che dieBeifen halten. Um den schmalen
und engen oberen Beif zieht sich ein
Sinnspruch, hingegen ist der breite und
weite untere in Kartuschen mit den
Belief-Bildnissen der alten Kurfürsten
oder mit solchen geschichtlich hervor-
ragender deutscher Männer und zwischen
ihnen mit Wappenschilden besetzt, aus
deren Krönungen sich die Glühbirnen
herabneigen. Das ist sinnvoll erfunden
und zur schönsten malerischen Wirkung
gebracht, ohne die Klarheit der Kon-
struktion zu verdecken. Mit Kronen,
Thüren und Gestühl im Bunde wirkt,
koloristisch kräftig noch das tiefe, satte
Bot eines weichen, den Marmorfußboden
deckenden Teppichs. Das gelbliche Weiß der mildglän-
zenden Steinarchitektur und das warme Rot des Teppichs
— ein köstliches Farbenduo! Die Malerei, welche einst
die Wölbung erhalten soll, wird hoffentlich harmonisch
in dieses Duo einstimmen.
Von diesen Vorsälen und aus der Ostvorhalle
hinaus zur Südvorhalle! Sie ist schmaler als die Ost-
halle. Dass sie ausnahmslos von Reichstagsboten und
Mitgliedern des Bundesrates begangen wird, hat Anlass
gegeben, in ihr mit besonders reicher Entfaltung dekora-
tiver Mittel vorzugehen und mit diesen vornehmlich an
die geschichtliche Größe des Eeiches zu erinnern und
an die Eintracht zu mahnen. Von allen Vorhallen ist
sie die schönste und stimmungsvollste. Mächtigen Pfeilern,
vor denen acht in Erz gegossene Kaisergestalten, von
Karl dem Großen bis Maximilian I., dargestellt in vollem
Herrscherornat, ihren Standort erhalten, entwachsen auf
DAS HAUS DES DEUTSCHEN REICHSTAGES.
Lorbeerzweigen ru-
hig und gebietend ab.
So auch an der an-
deren Querwand die
Wappen Sachsens
und Württembergs.
Hier auch spreizt im
Giebelfelde des Por-
tals der Aar breit
und mächtig sein
Gefieder aus. Das ist
im wesentlichen der
steinerne Schmuck
jedes der beiden Vor-
säle, und zwar ein
Schmuck, der, wie
noch hervorzuheben
ist, vortrefflich auf
die Größe des Bau-
mes komponirt ist.
Eigenartig im
höchsten Grade ist
die übrige Ausstattung. Hochlehniges
Gestühl, mit goldgepresstem Leder über
der Polsterung des Sitzes und der vier-
feldrigen, senkrecht ansteigenden Bück-
lehne, hebt sich mit seinem reich ge-
schnitzten dunklen Holzwerk kräftig
von dem hellen Stein der beiden Längs-
wände ab. Ausspähende Adler mit zu-
sammengelegten Flügeln krönen die
hohen Pfosten der Lehne und zwischen
ihnen schießen fialenartige Spitzen über
das Gesims empor, Wappen mit Laub-
werk oder Körbe mit Früchten ein-
schließend. Gotisirend sind der ganze
Aufbau und der Fialenschmuck, renais-
sancirend alles übrige, insbesondere die
ornamentalen Motive an den in Löwentatzen auslaufenden
Untersätzen und an den niedrigen Armlehnen mit Masken-
schmuck. Trefflich gliedern sich diese ehrwürdig und
monumental wirkenden Aufbauten, zu deren Schnitzereien
Pruska-München die Modelle geliefert hat, den Wand-
flächen zwischen den Thüren, bezw. zwischen diesen
und den Querwänden ein. Ihre technische Ausführung
ist vorzüglich. Von Peter-Mannheim rührt das Gestühl
im Vorsaale für den Keichstagsvorstand, von A. Pössen-
bacher-München das im Vorsaale für den Bundesrat her.
Einen weiteren Schmuck bilden die tief dunklen Thüren,
die in der oberen Füllung eiDes jeden Flügels ge-
schnitzten ornamentalen und figuralen Schmuck nach
A. Vogels Modellen aufweisen. Und endlich die drei
mächtigen Bronze-Lichtkronen, die von dem eisernen
Firstbalken des Oberlichtes herabhängen — Meisterwerke
von L. A. Biedinger-Augsburg, welche deren Architekt
Sehlusstein-Cartouehen über den Seiteneingängen in die Wandelhalle
Modellirt von Professor 0. Lessing.
Oskar Dedreux ent-
worfen hat. Von De-
dreux rühren über-
haupt die Entwürfe
zu sämtlichen her-
vorragendenBeleuch-
tungskörpern im
Beichstagshause her.
Das Motiv der mittel-
alterlichen Beifen-
krone ist hier in aus-
gezeichneter Weise
für Glühlichtbeleuch-
tung verwertet. Je-
der dieser doppel-
reifigen Beleuch-
tungskörper findet
seinen krönenden
Schluss in einer Kai-
serkrone. Von dieser
laufen die kräftigen
Zugstangen ans, wel-
che dieBeifen halten. Um den schmalen
und engen oberen Beif zieht sich ein
Sinnspruch, hingegen ist der breite und
weite untere in Kartuschen mit den
Belief-Bildnissen der alten Kurfürsten
oder mit solchen geschichtlich hervor-
ragender deutscher Männer und zwischen
ihnen mit Wappenschilden besetzt, aus
deren Krönungen sich die Glühbirnen
herabneigen. Das ist sinnvoll erfunden
und zur schönsten malerischen Wirkung
gebracht, ohne die Klarheit der Kon-
struktion zu verdecken. Mit Kronen,
Thüren und Gestühl im Bunde wirkt,
koloristisch kräftig noch das tiefe, satte
Bot eines weichen, den Marmorfußboden
deckenden Teppichs. Das gelbliche Weiß der mildglän-
zenden Steinarchitektur und das warme Rot des Teppichs
— ein köstliches Farbenduo! Die Malerei, welche einst
die Wölbung erhalten soll, wird hoffentlich harmonisch
in dieses Duo einstimmen.
Von diesen Vorsälen und aus der Ostvorhalle
hinaus zur Südvorhalle! Sie ist schmaler als die Ost-
halle. Dass sie ausnahmslos von Reichstagsboten und
Mitgliedern des Bundesrates begangen wird, hat Anlass
gegeben, in ihr mit besonders reicher Entfaltung dekora-
tiver Mittel vorzugehen und mit diesen vornehmlich an
die geschichtliche Größe des Eeiches zu erinnern und
an die Eintracht zu mahnen. Von allen Vorhallen ist
sie die schönste und stimmungsvollste. Mächtigen Pfeilern,
vor denen acht in Erz gegossene Kaisergestalten, von
Karl dem Großen bis Maximilian I., dargestellt in vollem
Herrscherornat, ihren Standort erhalten, entwachsen auf