DAS HAUS DES DEUTSCHEN REICHSTAGES.
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jeder der beiden Seiten vier gedrungene, kraftgesckwellte
Säulen. Zwischen ihren Sockeln ragen reich geschmückte
und gekrönte Schilde, fesselnd durch die Originalität,
mit der sie erfunden sind, aufrecht stehend empor.
Säulen und Eckpfeiler tragen hoch oben das prächtig
kassettirte Tonnengewölbe, aus dessen wuchtig behandel-
tem Fries Charakterköpfe, versinnbildlichend die verschie-
denen Epochen der alten Kaiserzeit, ernst herabschauen.
Im Hintergrunde steigt breit und stattlich die steinerne
Treppe an. In diese Pracht von Stein und Erz leuchtet
hinein die Farbenpracht zweier großflächiger Glasfenster,
ausgezeichnete, in Zeichnung und koloristischer Kraft
gleich vollkommene und wahrhaft monumental anmutende
Werke, die A. Linnemann-Frankfurt a M. geschaffen hat.
Das eine Fenster ist über dem Eingange an der Front
angebracht. Allmutter Germania thront in ihm auf
ihrem Hügel, hinter dem sich im Sonnenglanze die deut-
schen Lande dehnen. Einträchtig haben sich um das
kaiserliche Weib seine Kinder geschart, jubelnd gelobend:
Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern! Was
lässt sich Besseres wünschen, als dass dieses Gelöbnis
nie gebrochen werde. Das andere Fenster ist über dem
Podest der Treppe in die Hoffront eingefügt. Wer in
die Vorhalle eintritt, muss auf dieses Fenster hin-
schauen: auf die Wappen der deutschen Bundesstaaten,
die sich wie von flüssigem Golde abheben, auf den schier
riesengroßen, schwarz gefiederten Beichsadler, der, mitten
zwischen ihnen, als gebietende und zusammenhaltende
Figur den Kern der meisterlich stilisirten Komposition
bildet. Tief und voll wirkt diese farbige Pracht, lichter
jene des anderen Fensters. Von beiden funkelt es feier-
lich schön in den Baum hinein wie Topas, Smaragd,
Bubin und Saphir.
Vom musivisch belegten Podest wendet sich die
Treppe in gleicher Breite rechtwinklig nach Westen
zu dem „Bayrischen Portal", das den Zugang zu der
großen Wandelhalle und den Bäumen der Beichstags-
boten vermittelt, und nach Osten zu dem „Preußischen
Portal", das zu den Bäumen des Bundesrates führt.
Kreuzgewölbe mit schneidigen Gräten überspannen den
Podest und beide Treppenläufe. Den vier Ecken des
Podestgewölbes sind Putten, die in zwangloser, lebens-
voller Haltung Kronen und reich belaubte Eichen-
zweige tragen, dekorativ wirksam vorgelegt. Zu bei-
den Zeiten eines jeden Treppenlaufes öffnet sich je
eine hohe Nische, bestimmt für statuarischen Schmuck.
Ausdrucksvolle Köpfe krönen die Nischen; die am
westlichen Treppenzuge bedeuten „Gerechtigkeit" und
„Weisheit", jene am östlichen „Friede" und „Stär-
ke". Beicher ornamentaler Schmuck an den breiten
Gewölbegurten, die sich hier von Wand zu Wand
schlagen, steigert die prächtige Wirkung. Diese aber
strömt ihren vollsten Akkord in den beiden Portalen
aus. Das sind Leistungen, die sich kühn jenen der
höchsten Blüte der Kunst zur Seite stellen können. Die
Teile der Brüstung auf der Galerie der Wandelhalle.
Modellirt von Professor 0. Lessing.
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jeder der beiden Seiten vier gedrungene, kraftgesckwellte
Säulen. Zwischen ihren Sockeln ragen reich geschmückte
und gekrönte Schilde, fesselnd durch die Originalität,
mit der sie erfunden sind, aufrecht stehend empor.
Säulen und Eckpfeiler tragen hoch oben das prächtig
kassettirte Tonnengewölbe, aus dessen wuchtig behandel-
tem Fries Charakterköpfe, versinnbildlichend die verschie-
denen Epochen der alten Kaiserzeit, ernst herabschauen.
Im Hintergrunde steigt breit und stattlich die steinerne
Treppe an. In diese Pracht von Stein und Erz leuchtet
hinein die Farbenpracht zweier großflächiger Glasfenster,
ausgezeichnete, in Zeichnung und koloristischer Kraft
gleich vollkommene und wahrhaft monumental anmutende
Werke, die A. Linnemann-Frankfurt a M. geschaffen hat.
Das eine Fenster ist über dem Eingange an der Front
angebracht. Allmutter Germania thront in ihm auf
ihrem Hügel, hinter dem sich im Sonnenglanze die deut-
schen Lande dehnen. Einträchtig haben sich um das
kaiserliche Weib seine Kinder geschart, jubelnd gelobend:
Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern! Was
lässt sich Besseres wünschen, als dass dieses Gelöbnis
nie gebrochen werde. Das andere Fenster ist über dem
Podest der Treppe in die Hoffront eingefügt. Wer in
die Vorhalle eintritt, muss auf dieses Fenster hin-
schauen: auf die Wappen der deutschen Bundesstaaten,
die sich wie von flüssigem Golde abheben, auf den schier
riesengroßen, schwarz gefiederten Beichsadler, der, mitten
zwischen ihnen, als gebietende und zusammenhaltende
Figur den Kern der meisterlich stilisirten Komposition
bildet. Tief und voll wirkt diese farbige Pracht, lichter
jene des anderen Fensters. Von beiden funkelt es feier-
lich schön in den Baum hinein wie Topas, Smaragd,
Bubin und Saphir.
Vom musivisch belegten Podest wendet sich die
Treppe in gleicher Breite rechtwinklig nach Westen
zu dem „Bayrischen Portal", das den Zugang zu der
großen Wandelhalle und den Bäumen der Beichstags-
boten vermittelt, und nach Osten zu dem „Preußischen
Portal", das zu den Bäumen des Bundesrates führt.
Kreuzgewölbe mit schneidigen Gräten überspannen den
Podest und beide Treppenläufe. Den vier Ecken des
Podestgewölbes sind Putten, die in zwangloser, lebens-
voller Haltung Kronen und reich belaubte Eichen-
zweige tragen, dekorativ wirksam vorgelegt. Zu bei-
den Zeiten eines jeden Treppenlaufes öffnet sich je
eine hohe Nische, bestimmt für statuarischen Schmuck.
Ausdrucksvolle Köpfe krönen die Nischen; die am
westlichen Treppenzuge bedeuten „Gerechtigkeit" und
„Weisheit", jene am östlichen „Friede" und „Stär-
ke". Beicher ornamentaler Schmuck an den breiten
Gewölbegurten, die sich hier von Wand zu Wand
schlagen, steigert die prächtige Wirkung. Diese aber
strömt ihren vollsten Akkord in den beiden Portalen
aus. Das sind Leistungen, die sich kühn jenen der
höchsten Blüte der Kunst zur Seite stellen können. Die
Teile der Brüstung auf der Galerie der Wandelhalle.
Modellirt von Professor 0. Lessing.
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