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Zeitschrift des Badischen Kunstgewerbevereins zu Karlsruhe — 6.1895

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Buss, Georg: Das Haus des deutschen Reichstages, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3803#0143

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DAS HAUS DES DEUTSCHEN REICHSTAGES.

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In dem sich anschließenden zweiten Erfrischungs-
räume, einem achtseitigen Saale von 13,20 Meter Durch-
messer, der im Südwest-Eckturm liegt, ist die Lösung
eine entschieden glücklichere. Organisch sind aus der
Wandtäfelung der vier Schmalseiten ebensoviele gepol-
sterte, auf Sitz und Rücklehne mit Leder bezogene
Bänke entwickelt. Mit ihren vollen Säulen, auf denen
vorgekröpftes Gebälk ruht, und mit ihrer nach Prnskas
Modellen ausgeführten figuralen und ornamentalen Bild-
hauerarbeit, der es an Putten, Masken, Schilden nicht
fehlt und in der sogar hochgeschürzte fesche Schank-
madl eine Rolle spielen, ist die Täfelung zur höchsten
Pracht gesteigert; durch das Gestühl ist jedoch der Reich-

Kunstgewerbeblatt N. F. VI. H. 6.

Aufgang zur Redner- und Präsidententribüne im Sitzungssaal.
Ausgeführt von Gebr. LÜdtkb, Berlin

tum an dekorativen Mitteln zwecklich mehr begründet
und zu einer behaglicheren Wirkung gebracht.

Zu der kraftvoll vorladenden Holzarchitektur, deren
System jedesmal durch zwei Pfeiler, vier verzierte Säulen
und zwei Nischen bedingt ist, passt die Dekoration der
mit Kreuzkappen eingewölbten Decke vorzüglich. Ein
in weißem Stuck von Biehl-München freihändig ange-
tragenes Rankenwerk mit Blättern und Blumen zieht
sich in feinen, graziösen Linien über die leicht ins
Gelbliche spielende Gewölbefläche dahin, an den vier
Schmalseiten aufsteigend aus den geist- und humorvoll
erfundenen, meisterlich modellirten Flachreliefs der vier
Elemente. Diese sind heraldisch behandelt: die Erde
zeigt in ihrem Schilde den Löwen und als Helmzier den
Baum im Paradiese, dessen Frucht für das Menschen-
geschlecht so verhängnisvoll ward, die Luft den Adler
und über dem Schilde den mit ihm zum Äther kühn
hinanschwebenden Luftballon, das Wasser den Fisch und
als Helmzier den mit dem Schwanz nach oben gerich-
teten Delphin, der aus seinen Nüstern Wasserstrahlen
in schönen Bogen emporwirft, das Feuer den gluthauchen-
den Drachen und über ihm den Dreifuß, dem Weih-
rauch in Wolken entströmt. Den Entwurf zu dieser
Stuckdecke hat im Geiste Wallots Prof. Stuck-München
geliefert. Als Schlussverzierung strahlt oben vom Ge-
wölbe in mildglänzendem Metall eine Mondmaske herab.
Von dort senkt sich auch der gewaltige, vielarmige
Cuivre-poli-Kronleuchter in den Raum hernieder.

Zu alledem noch der auf einem Unterbau von Bayer-
felder Sandstein ruhende graufarbige Kamin mit seinem
steil aufsteigenden, oben von einer Galerie gekrönten

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