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DAS KÜNSTHANDWERK.
verzichten? Gewiss nicht! Werden wir nicht viel-
mehr infolge unserer geschichtlichen Bildung, unserer
Stil-Sucht und Sammelwut auch dann noch den einen
Gegenstand oder Raum gerade in diesem, den andern
in jenem Stile wünschen? Ja, die Verhältnisse
liegen heute durchweg ganz anders, als es je früher
der Fall gewesen war! — Jedenfalls ist auch unser
kunstgewerbliches Treiben vollkommen charakte-
ristisch für unsere ganze Zeit. Die nie dagewesene
Vielseitigkeit oder noch besser
Universalität derselben spiegelt
sich darin wieder, sowohl was
Material und Technik, als was
die gefertigten Gegenstände und
•deren Schmuck betrifft.
Warum in Russland, in dem
wir nur einen kleineren Teil der
Bevölkerung gebildet und in ver-
möglicher, freierer Stellung sehem
während die Mehrzahl in ziem-
lich rohen, gedrückten Verhält-
nissen lebt, ein nationales Kunst-
gewerbe von größerer Bedeutung
nicht besteht, ist ebenso einleuch-
tend, als dass in dem jungen Amerika bei seiner mehr
auf das Praktische, Realistische gerichteten Eigen-
art dasselbe bis jetzt keine aktive Rolle gespielt
hat. Bei solchen Betrachtungen finden wir, dass
ein wirklich blühendes Kunsthandwerk stets erst
auf einer verhältnismäßig sehr hohen Kulturstufe
anzutreffen, und das politische und materielle Leben
von großem Einflüsse darauf ist. Wie sollte es
überhaupt anders möglich sein? Denn dazu gehört
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Entwurf zu einer Bank von Maler H. Haase, Hamburg.
DAS KÜNSTHANDWERK.
verzichten? Gewiss nicht! Werden wir nicht viel-
mehr infolge unserer geschichtlichen Bildung, unserer
Stil-Sucht und Sammelwut auch dann noch den einen
Gegenstand oder Raum gerade in diesem, den andern
in jenem Stile wünschen? Ja, die Verhältnisse
liegen heute durchweg ganz anders, als es je früher
der Fall gewesen war! — Jedenfalls ist auch unser
kunstgewerbliches Treiben vollkommen charakte-
ristisch für unsere ganze Zeit. Die nie dagewesene
Vielseitigkeit oder noch besser
Universalität derselben spiegelt
sich darin wieder, sowohl was
Material und Technik, als was
die gefertigten Gegenstände und
•deren Schmuck betrifft.
Warum in Russland, in dem
wir nur einen kleineren Teil der
Bevölkerung gebildet und in ver-
möglicher, freierer Stellung sehem
während die Mehrzahl in ziem-
lich rohen, gedrückten Verhält-
nissen lebt, ein nationales Kunst-
gewerbe von größerer Bedeutung
nicht besteht, ist ebenso einleuch-
tend, als dass in dem jungen Amerika bei seiner mehr
auf das Praktische, Realistische gerichteten Eigen-
art dasselbe bis jetzt keine aktive Rolle gespielt
hat. Bei solchen Betrachtungen finden wir, dass
ein wirklich blühendes Kunsthandwerk stets erst
auf einer verhältnismäßig sehr hohen Kulturstufe
anzutreffen, und das politische und materielle Leben
von großem Einflüsse darauf ist. Wie sollte es
überhaupt anders möglich sein? Denn dazu gehört
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Entwurf zu einer Bank von Maler H. Haase, Hamburg.