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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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Reichensperger, August: Den Bau von Pfarrkirchen betreffend
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Pieper, J.: Romanischer Taufstein zu Brenken
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https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0144
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1888. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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geschlossene Masse von Kindern ein geeigneter
Raum zu beschaffen sein sollte, wie in einer
einschiffigen, sofern man erstere nur in ent-
sprechender Weise vergröfsert. Zu „einem
Dome" würde dieselbe dadurch in keinem Falle
sich gestalten, eine Eventualität, welche Herr
S. solcher Vergröfserung entgegenhält.

Von den der Abhandlung beigegebenen
zwei Mustergrundrissen zu einschiffigen Kirchen
sei, aus Rücksicht auf den hier gewährten Raum,
nur. der, anscheinend von Herrn S. bevorzugte,
vom Architekten L. Becker entworfene, näher ins
Auge gefafst. Der dem, als fensterlos gezeich-
neten Chor gewährte Raum erscheint mir als un-
zureichend; Chorstühle würden darin schwerlich
Platz finden. Das Querschiff gibt sich kaum
als solches zu erkennen. Dessen geringer Vor-
sprung nöthigt zum Anbringen von Tonnen-
gewölben zu beiden Seiten des Kreuzgewölbes,
was der Anlage gewifs nicht zur Zierde ge-
reicht, vielmehr eine störende Dissonanz in die-
selbe bringt. Die zwischen den hereingezogenen
Streben angelegten Kapellen (?) sollen „der
Privatandacht ihr Recht gewähren, Gebetswinkel
sollen dadurch geschaffen werden, die zur Pflege
besonderer Andacht sich eignen". Wie man
sich dies zu denken hat, ist nicht näher ange-
geben. Bleiben diese Räume offen, so drängen
sich beim Gottesdienst sicher Besucher des-
selben hinein, welche dann weit isolirter sind,
als wenn sie in einem gewöhnlichen Seitenschiff
sich befänden ; schliefst man diese sog. Kapellen
durch Gitter ab, so ergeben sich todte Räume,
entgegen einem Hauptzweck der Einschiffigkeit.
Und wo sollen die Beichtstühle aufgestellt wer-
den, wenn nicht in diesen „Gebetswinkeln"?
Die beiden Seitenaltäre decken die nur 7 Fufs
messende Rückwand vollständig; für die Hand-
leistungen des Messedieners fehlt es demselben
an dem benöthigten Räume. Die Seitenein-

gänge haben, mit dem Zirkel gemessen, nicht
mehr als 3 Fufs Breite ; dieselben sind zu beiden
Seiten des Hauptschiffes der Kirche einander
gegenüber angebracht, so dafs, auch wenn Wind-
fänge hergerichtet werden könnten, die zwischen
denselben befindlichen Besucher der Kirche um
ihre Plätze von deren Hinterleuten, trotz deren
weiterer Entfernung vom Altare, wahrlich nicht
zu beneiden wären. — Das ästhetische Moment,
die Gesammtwirkung des Innern anlangend,
behauptet Herr S. nicht, dafs der einschiffigen
Halle der Vorrang, im Vergleich mit der mehr-
schiffigen zuzuerkennen sei; ichmeinestheils hege
die gegentheilige Ansicht, halte mich aber nicht
veranlafst, dieselbe hier näher zu begründen.
Das vorstehend Ausgeführte soll nur den
Satz bekämpfen, dafs im Allgemeinen die ein-
schiffige Anlage für Pfarrkirchen die geeig-
neteste, „die vorzüglichste Lösung in einer Halle
zu finden sei, an deren Seiten zwischen den
hereingezogenen Streben Kapellen angelegt
sind". Ausnahmsweise mag eine ein-
schiffige, weit öfter eine zweischiffige Anlage
einer dreischiffigen vorzuziehen sein. Die alten
Baumeister waren denn auch so einsichtig und
so praktisch, dafs sie in jedem einzelnen Falle
den obwaltenden Verhältnissen Rechnung tru-
gen, und gewifs können die heutigen Baumeister
nicht besser thun, als einfach dem im Pro-
gramme zu dieser Zeitschrift (S. 4) aufgestellten
Satze sich anzuschliefsen, welcher dahin lautet:
„Für die kirchlichen Neubauten haben die drei
letzten Jahrhunderte des Mittelalters, als die
eigentliche Glanzzeit der kirchlichen Baukunst,
zumal in Deutschland, den höchsten Anspruch
auf Berücksichtigung. An ihre Schöpfungen
wird daher vornehmlich anzuknüpfen, deren
Weiterbildung nach Mafsgabe der berechtigten
Ansprüche unserer Tage zu erstreben sein."
Köln. A. Reichensperger.

*

Romanischer Taufstein zu Brenken.

Mit Abbildung.

as Dort Brenken, Diözese Paderborn,
besitzt eine alte romanische Kirche,
von der die Legende geht, sie sei
die älteste Kirche Westfalens. In
wie weit diese Meinung berechtigt ist, kann nicht
bewiesen werden, da hierorts jedes Dokumenten-
material fehlt. Der Thurm scheint indefs noch

älter zu sein, als die jetzt vorhandene Kirche;
obschon auch letztere, nach den rein roma-
nischen, frühen Formen zu urtheilen, dem An-
fange oder Mitte des XII. Jahrhunderts ange-
hören dürfte.

Bis zum Jahre 1800 beherbergte der Thurm
einen alten Glockengufs mit der Inschrift:


 
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