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Zeitschrift für christliche Kunst — 2.1889

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Schnütgen, Alexander: Frühgothische gestickte Stola und Manipel im Domschatze zu Xanten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3570#0195

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Abhandlungen.

Frühgrothische gestickte Stola und
Manipel im Domschatze zu Xanten.

Mit Lichtdruck (Tafel XVI).

,tola und Manipel werden
in den mittelalterlichen
Schatzverzeichnissen fast
'immer nur zusammen an-
geführt, ein Beweis, dafs
sie zur Kasel (resp. Dal-
matik) gehörten und mit
ihr gebraucht zu werden
die Bestimmung hatten.
Dem Umstände aber, dafs
die Stola vielfache Ver-
wendung auch aufserhalb der heil. Messe findet,
also stärker in Anspruch genommen werden
mufste als die Kasel, ist es wohl vornehmlich
zuzuschreiben, dafs von dieser sich eine gröfsere
Anzahl alter Exemplare erhalten hat, als von
jener. In der That dürfte, was sich an roma-
nischen Stolen in Kirchenschätzen oder Samm-
lungen noch vorfindet, kaum ein Dutzend be-
tragen und bei den meisten derselben ist ihre
Erhaltung nur dem Umstände zu danken, dafs
sie von einem Heiligen herrühren oder mit ihm
in Verbindung gebracht, mithin als Reliquien
betrachtet und behandelt wurden. Wohl die
älteste, zugleich eine der kostbarsten derselben
ist diejenige, welche (gemäfs der Inschrift) der
Bischof Fridestan von Winchester (-j- 931j
anfertigen und auf die Gebeine des heil. Cuthbert
legen liefs, dessen Namen sie deswegen trägt. Die
eingestickten Heiligenfiguren, die sie schmücken,
stehen übereinander unter ganz dekorativ be-
handelten Baldachinen. — Die Stola des heil.
Bernulphus von Utrecht (f 1056) zeigt in
einer Länge von 274 cm (ohne die Fransen)
bei einer Breite von 8 cm eine ganze Reihe
netitestamentlicher Darstellungen, während die
sogen. St. Martins-Stola, welche in der Stifts-
kirche zu Aschaffenburg aufbewahrt und wohl
auch für das XL Jahrhundert anzusprechen sein
wird, nur eingewebte, durch Inschriftbänder ge-
schiedene geometrische Musterungen aufweist.

In ähnlicher Weise, jedoch unter Ersatz der
Inschriften durch kleine Thiergebilde (Vögel,
Löwen etc.), sind vornehmlich die Stolen ge-
mustert, die aus der Spätzeit des romanischen
Stils stammen und meistens gewebt sind (viel-
leicht in Palermo, der Heimstätte der gold-
durchwirkten Borten aus dieser Epoche). Eine
Ausnahme macht die (nach unten ganz allmäh-
lich sich erweiternde) gestickte Stola des heil.
Eda in Pontigny, auf der langgezogene mit
Standfigürchen ausgestattete Spitzovale (Man-
dorlen), die durch Rankenwerk von einander
geschieden sind, das fortlaufende Dessin bilden;
eine Verzierungsart, welche sich auch für die
heutzutage vielbegehrten Fest-Stolen als eine
ganz besonders geeignete empfehlen dürfte, weil
sie klar in der Anordnung, organisch in der
Entwicklung, wirkungsvoll in der Zeichnung ist.
—-In der gothischen Periode wurden Stola
und Manipel meistens aus dem in der Regel
gemusterten Stoff der Kasel gebildet, zuweilen
auch aus eigens hierfür gewebten Stäben her-
gestellt und zwar ohne dafs die Ausläufer sich
erweiterten. Mit reichen Stickereien scheinen
sie selten ausgestattet gewesen zu sein. Selbst
die schon aufsergewöhnlich schmuckvolle (bei
Bock „Geschichte der liturgischen Gewänder"
Bd. II Taf. XXXIV abgebildete) Stola, die mit
der Kasel des sei. Albertus Magnus in St. An-
dreas zu Köln aufbewahrt wird, zeigt nur eine
Anzahl (um die Mitte des XIV. Jahrhunderts)
aufgestickter Standfigürchen, welche je eine
Konstellation von fünf Blättern trennt. Die
Stiftskirche zu Xanten aber bewahrt als
offenbar für sie angefertigte Paramentenstücke
Stola und Manipel von aufserordentlich
reicher und kunstvoller Ausstattung. Wie ver-
hältnifsmäfsig gut, trotz der deutlichsten Ge-
brauchsspuren, die Stola erhalten ist, beweist
die hier beigefügte, auf photographischer Auf-
nahme beruhende Abbildung von den Haupt-
theiien derselben. Sie hat eine Länge von 297 cm,
eine Breite von 8l/o cm- ^nie Mitte bildet die
horizontal gestaltete, hier wiedergegebene Dar-
stellung der Krönung Mariens zwischen zwei
aus Wolken schwebenden, weihrauchfafsschwin-
 
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