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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0025

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25

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 1.

26

geführt werden darf, der wohl zur Klasse der
Miniatoren gehörte.

Mindestens ein halbes Jahrhundert später
dürften aus derselben Schule hervorgegangen
sein die hier unter Figur 2, 3, 4, 5, 6 darge-
stellten Glasbilder, die, in verschiedener An-
ordnung zu einer Serie gehört haben mögen
(aus der sich noch weitere drei weniger gut er-
haltene Bilder im Kunstgewerbe-Museum vor-
finden). Sie erreichen weder an Feinheit der
Empfindung, noch an Zartheit der Ausführung,
noch auch an Bravour der Technik die Figur 1,
der gegenüber sie als handwerksmäfsige Erzeug-
nisse bezeichnet werden müssen. Von ihnen
sind Figur 2 und 3 besonders hervorzuheben
als etwas schlanker in der Haltung, etwas sorg-
samer in der Zeichnung und durch die Ver-
wendung von Silbergelb ausgezeichnet, welches
in den drei andern Bildchen fehlt. Das Silber-
gelb erscheint dort bereits im Anschlüsse an
die Pergament-Miniaturen und Tafelgemälde der
damaligen Zeit zur Betonung der Architektur,
der Nimben und Attribute benutzt. Die Fär-
bung ist noch keine intensiv-goldige, was wohl
hauptsächlich der Härte des Glases, weniger der
Ungeschicklichkeit des Auftrages zuzuschreiben
ist. Die beiden Bildchen 4 und 5, je 101/, cm
breit und 20 cm hoch, bildeten offenbar Gegen-
stücke in den beiden Flügeln eines Fensters;
zu Figur 6, bei der die Zierarchitektur beson-
dere Beachtung verdient, bewahrt das Kunst-
gewerbe - Museum noch ein weniger gut er-
haltenes Pendant.

Es dürfte die Annahme berechtigt sein, dafs
die sämmtlichen bisher besprochenen sechs Glas-
Mimaturen in einem frühgothischen kölnischen
Kloster zur Ausstattung des Refektoriums oder
Kapitelssaales gedient und in je einem Fenster-
flügel von geometrisch gemusterten kleinen
Scheibchen umgeben, als deren Mittelpunkt figu-
rirt haben.

In der spätgothischen Periode bildeten aufser
den polygonen Musterungen auch schon die
sogen. Butzen- oder Nabelscheibchen die Um-
gebung der Mittelstücke, denen gleichfalls gerne
eine runde Form gegeben wurde, und deren
Darstellungen theils in Gruppen, theils in Wap-
pen zu bestehen pflegten. Die Erfindung des
•sogen. Eisenroths und anderer auf die Scheibe
aufzutragender Schmelzfarben erleichterte die
koloristische Behandlung dieser Scheiben unter

Verzicht auf die Anwendung von Bleifassungen.
Wenngleich religiöse, besonders biblische Stoffe
noch die meisten Motive für diese Darstellungen
lieferten, so begegnen doch auch schon manche
profane Bildchen. In welcher Anordnung diese
Medaillons in den vielfach beweglichen Fenster-
flügeln erschienen, beweisen noch mehrfach selbst
in der ursprünglichen Fassung erhaltene Exem-
plare sowie zahlreiche Abbildungen derselben auf
alten Gemälden und Kupferstichen, die das Innere
von Wohnräumen wiedergeben. Die Zeichnung
ist oft eine sorgsame und geschickte, zumal bei
den sogen. Grisaillen. Als eine solche erscheint
Figur 7 unserer Abbildungen, welche die hl.
Katharina vorstellt als Patronin der rings um
sie knieenden Frauen und Jungfrauen. Nicht
nur durch die Eleganz der Auffassung und
Durchführung zeichnet sich dieses 22 cm im
Durchmesser fassende Scheibchen aus, sondern
auch durch den eigentümlichen Umstand, dafs
der Maler es nicht vollendet hat, indem er
nicht nur die Damaszirung des Hintergrundes
zur Hälfte, das Wappenbild ganz unausgeführt
liefs, sondern auch auf alle und jede Farbe ver-
zichtete, selbst auf das Silbergelb, welches doch
ohne Zweifel mindestens für die Landschaft und
die Attribute in Aussicht genommen war. Ge-
rade auf der Augenhöhe oder nur wenig über
derselben befindlich zogen diese Medaillons die
Aufmerksamkeit in besonderem Mafse auf sich,
und es ist daher nicht auffallend, dafs sie viel-
fach als freundschaftliche Stiftungen bei allerlei
Familienfesten eingeführt wurden, die häufig
durch Beifügung von Wappen oder Inschriften
angedeutet, auf diese sinnige Art eine Art Ver-
ewigung erfuhren.

Das Bestreben unserer Tage, dem Innern
der Wohnräume auch durch bunte Fenster wieder
eine gewisse Heimlichkeit zu geben, hat zur
Aufnahme auch von figürlichen Darstellungen
in den Fensterschmuck geführt. Diese sind,
wenn in Zeichnung und Farbe gut behandelt,
sehr geeignet, das Auge zu erfreuen und den Ge-
schmack zu bilden. Würde auch die alte Sitte
wieder Anklang finden, sie als freundliche An-
denken an frohe Familienereignisse in die Häuser
von Verwandten und Freunden zu stiften, so
würde die Familiarität des Herdes, die Be-
haglichkeit des Heims, die Gastlichkeit des
Hauses dadurch in sinnigster Weise gehoben
werden. Schnütgen.
 
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