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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0052

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Abhandlungen.

Die

polychrome Ausstattung der Aufsen-

fassaden mittelalterlicher Bauten.

II.

eider sind uns nicht viele Bauten
|| erhalten geblieben, an denen die
Aufsenbemalung noch deutlich zu
erkennen ist; häufige/ sind die Fälle,
wo einzelne Bautheile, besonders Portale und
Statuen, noch die alte Bemalung aufweisen. In
de Farcy »Clochers, Sonnerie, Horloge et
Forche de la Cathe'drale d'Angers« fand ich fol-
gende Notiz: „Oberhalb der vier Dachluken des
Glockenthurmes befanden sich Kriegerfiguren.
Die Statuen aus Tuffstein hatten 5% Fufs Höhe.
Sie waren von dem Bildhauer Mace Bryand an-
gefertigt und wurden demselben mit 37 livres
10 sous bezahlt. Der Maler Roland Lagout
schmückte dieselben mit lebhaften Farben, ver-
goldete die Lanzen und bemalte den Grund hinter
den Dachluken, worauf die Figuren standen."

Weiter: „Als die Thurmspitze vollendet war,
gab man sich daran, Thürmchen an den vier
Ecken des Glockenthurmes aufzumauern. Diese
waren mit den Statuen der zwölf Apostel ge-
schmückt, welche von Mace Bryand angefertigt
und von Roland Lagout bemalt waren. Auf der
Spitze jedes Thürmchens glänzt ein vergoldetes
Kreuz aus Kupfer, von Nik. Trotte gegossen. Die
ganze Arbeit war am 27. Juli 1521 vollendet."1)

„Die Kuppel, welche 1540 der Mittelthurm
ersetzte, war mit Blei gedeckt und in Blau mit
Gold bemalt (estoffe d'or et d'azur), ebenso wie
das Zifferblatt der Uhr. Das Dach des kleinen
Dachreiters, ebenfalls mit Blei gedeckt, war mit
goldenen Lilien bemalt.

Am 23. April 1537 bemalte Roland Lagout
die Bleideckung der kleinen Laterne der Kirche.
(»Fait le portrait de la plomberie de la petite
lanterne de l'e'glise.«)

Am 27. Oktober 1540 bemalte derselbe Maler

l) Die Strebebögen der Kathedrale von Orleans
hatten in ihren Nischen vergoldete und bemalte Hei-
ligenstattten. (H. d'Orleans par F. le Maire, 1648, p. 39.)

die Leiste und die Köpfe unterhalb der Laterne.
Auf diesem Fries steht die Inschrift: „DA PA-
CEM DOMINE IN DIEBUS NOSTRIS
ET DISSIPA GENTES QUI BELLA
VOLUNT. 1540."

Eine ungemein reiche Ausstattung des Daches
von Notre-Dame in Chälons-sur-Marne erwähnt
Viollet-le-Duc in seinem »Dictionnaire d'archi-
tecture, article Plomberie«. „Die Eindeckung
datirt in ihren ältesten Theilen aus dem Ende
des XIII. Jahrh. Die Bleiplatten waren gravirt;
die vertieften Linien, mit einer schwarzen Masse
gefüllt, bildeten Figuren und Ornamente. Be-
malung und Vergoldung hob die zwischen den
gravirten Linien liegenden Theile hervor. Zu
bemerken ist, dafs fast alle Bleideckungen des
Mittelalters mit Farben, die mittelst einer sehr
kräftigen Beize aufgetragen wurden, geschmückt
waren. Auch die Dachrinnen waren oft bemalt.2)

Die Portale von St. Maurice in Angers, Puy-
Notre-Dame und ein Seitenportal von Notre-
Dame in Rheims, welch letzteres von Gail-
habaud veröffentlicht wurde, sind ebenfalls reich
polychromirt.

Das Südportal der Kreuzkirche in Gmünd
hat auch noch seine prachtvolle alte Polychro-
mie bewahrt. (Lübke »Plastik«.)

Als ein eigenthümliches Beispiel der Her-
stellung dauerhaft farbiger Skulptur für das
Aeufsere von Gebäuden mag noch die 25 Fufs
hohe Hauptrelieffigur der Madonna mit dem
Kinde erwähnt werden, die sich am Chor der
Schlofskirche zu Marienburg i. Pr. befindet. Sie
besteht aus Stucco und ist durchaus mit einem
Mosaiküberzuge, von farbigen und vergoldeten
Glasstückchen, versehen.3) Der plastische Stil
ist an diesem Werke zwar keineswegs ausge-

2) [Auch die Kuppel der St. Gereonskirche zu Köln
war bis in die 70 er Jahre noch mit einigen Bleiplalten
gedeckt, welche durch theilweisen Aufstrich von Asphalt
eine gewisse Musterung erhalten hatten. D. H.]

s) [Dafs diese musivische Ummantelung ursprüng-
lich nicht beabsichtigt war, beweisen die Spuren der
Polychromie, welche sich unter ihr als Bemalung der
Stuckfigur erhalten haben. D. H.J
 
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