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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0056

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81

1890. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

82

Hölzernes Scheiben-Reliquiar aus der Elisabethkirche zu Marburg.

Mit Abbildung.

on dem reichen Schatz an kirchlichen

Gebrauchs- und Prachtgeräthen so-
wie an Paramenten, welche die
Elisabethkirche zu Marburg
vor der Säkularisation nach Ausweis der alten
Inventare besafs, sind nur wenige Stücke er-
halten geblieben. Es sind dies: 1. der unver-
gleichliche Elisabethschrein, 2. ein roma-
nischer Bronceschlüssel, 3. zwei grofse zin-
nerne Standleuchter, 4 ein grofser fälschlich
der hl. Elisabeth zu-
geschriebener Tep-
pich mit der Le-
gende vom verlo-
renen Sohn (XIV.
Jahrhundert), 5. eine
messingne Opfer-
büchse, 6.zwei höl-
zerne Reliquien-
scheiben, 7. eine
grofse mit bemaltem
und vergoldetem
Leder und Messing-
beschlägen gezierte
Kiste und 8. die
grosfe Reihe von
Todtenschilden
der Ordensangehö-
rigen. J)

Die erwähnten höl-
zernen Reliqüien-
scheiben , welche
gleich grofs und im

wesentlichen gleich ^^^^^^^^^^^^^_
verziert sind, fehlen in dem »Inventar der hes-
sischen Bau- u. Kunstdenkmäler« von Lotz und
v. Dehn-Rotfelser und verdienen eine nähere
Beschreibung, da meines Wissens bisher weder
Parallelen an andern Orten bekannt geworden
sind, noch auch schriftliche Aufzeichnungen, aus
welchen sich der Gebrauch derartiger Prunkstücke
erklären liefse. Die schönere und besterhaltene
von beiden ist hier abgebildet und besteht in
ihrem Kern aus einer Lindenholz - Scheibe
von 46,5 cm Durchmesser und 3 cm Dicke.

') Es sind deren, was wohl an anderen Orten
nicht wieder vorkommt, noch 89! Darunter 17 aus
dem XIII. bis XV. Jahrh , welche ursprünglich K a m p f-
schi]de waren.

Eine Mittelöffnung von 7 cm im Lichten ist
von drei konzentrischen Zonen umgeben, deren
innere und äufsere ovale oder runde in der
Mitte ca. 1 cm tiefe, nach dem Rand flach ver-
laufende — „muschelförmige" — Vertiefungen
tragen, und einen Doppelring von kleinen 27 mm
langen, ca. 18 mm breiten und 15 mm tiefen
Zellen einschliefsen. Der schmale, beide Zellen-
reihen trennende Ring liegt in der Fläche der
Scheibe, während die radialen Scheidewände

dagegen um 5 mm
zurücktreten. Die
ganze Oberfläche
der Scheibe ist mit
Kreidegrund auf fei-
nem Leinen über-
zogen, welcher zwi-
schen den runden

Vertiefungen mit
kleinen flachkugeli-
gen Erhöhungen be-
sät ist, während die
einzelnen Zonen
beiderseits von ei-
nem glatten mit er-
habenen Linien um-
zogenen Rand ein-
gefafst sind. Die
Fläche der Vorder-
seite ist vergoldet,
die gröfsern Vertie-
fungen der äufseren
Zone abwechselnd

________________________fclau und grün, die

Zellen abwechselnd und in beiden Ringen
„versetzt" roth und blau (an allen Innenflächen)
bemalt. Das Blau ist Kupferlasur, Roth und
Grün in den Vertiefungen mit Lackfarben auf
Silbergrund; das Roth in den Zellen mit Zin-
nober gemalt. Die muscheligen Vertiefungen
waren, wie der Ansatz in der Kreidemasse klar
zeigt, mit dünnen hohlen Glasschalen über-
deckt, die Zellen dagegen mit Hornplättchen,
die ebenfalls in den Kreidegrund seitlich ein-
gelassen, auf den Stegen mit Messingstiften be-
festigt waren. Die kleinsten runden Vertiefungen
waren auf Silbergrund zum Theil bemalt, zum
Theil enthielten sie eingebettete Perlmutter-
plättchen. Die Mittelöffnung ist beiderseits von
 
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