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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0075

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117

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

118

Mittelalterlicher Buchdeckel in der Landesbibliothek zu Kassel.

Mit Abbildung,
ie ständische Landesbibliothek zu
Kassel bewahrt unter „Ms. theol.
fol. 60" ein Evangeliar aus dem
XL Jahrh., welches durch den land-
gräflich hessischen Bibliothekar Raspe neben
anderen wichtigen Archivalien und Handschrif-

ten auf einer
wissen schaft-
lichen Reise
im Stift Pa-
derborn im
Jahre 1773
von dem Abt
zu Abdinghof

erworben
wurde. Die
Pergament-
Handschrift
selbst enthält
einige nicht
hervorragen-
deblattgrofse

Miniaturen
(Kreuzigung,
Auferstehung,
Petrus auf
dem Wasser
etc.) Hier soll
aber nur der
Einband be-
sprochen
werden, wel-
cher sich noch
ganz im ur-
sprünglichen
Zustand be-
findet. Er ist ^^^^^^^_^^
Ende des XV. Jahrhunderts unter Benutzung
von zwei byzantinischen Elfenbeintäfelchen her-
gestellt, und empfiehlt sich bei aller Einfachheit
durch Solidität und gute Wirkung als Vorbild
für ähnliche Neugestaltungen. Der eigentliche
Einband besteht aus den üblichen gespaltenen
Buchenbrettern mit rofhem, sämischgarem Leder
überzogen. Auf dem Vorderdeckel liegt nun ein
Rahmen aus starkem Silberblech, welcher mit
gravirtem Laubwerk verziert ist, während in den
Ecken Buckel mit kantig geschliffenen Berg-
krystall-Cabochons, und auf der Mitte der vier

Seiten silberne Rosen aufgenietet sind. Das
Laubwerk ist zuerst leicht aufgezeichnet, dann
der Grund gepunzt und nun der Umrifs kräftig
gravirt. Dabei wurde der in stumpfem Winkel
geschliffene Grabstichel so geführt, dafs der
Schnitt nach dem Blattwerk zu einen flacheren

Winkel bil-
det, als nach
dem Grund
hin. Die Rip-
pen sind da-
gegen mit ge-
rad aufgesetz-
tem Stichel
leicht gezo-
gen. Derar-
tige die Wir-
kung be-
dingende
Details ver-
dienen recht
wohl berück-
sichtigt zu
werden. Be-
sonders her-
vorzuheben
ist sodann die
durch theil-
weise Ver-
goldung des

Metalles,
rothe Email-
lirung (bezw.
Lasurfarbe)
der äufseren
Rosenblätter,
bläuliche Per-
gamentunterlage der Krystalle in Verbindung
mit dem milden, gelblichen Ton des Elfenbeins
erzielte farbige Wirkung. Vergoldet sind näm-
lich die glatten Ränder des Rahmens, die Fas-
sungen der Steine, die runden Unterlagen und
die innern Blätter der Rosen. Auf den Elfen-
beintafeln sind die Heiligenscheine vergoldet,
ebenso die Pallien der Engel und die Attribute.
Neben den Engeln finden sich Reste einer mit
Zinnober in horizontalen Reihen aufgemalten
Inschrift in griechischen Buchstaben, welche ich
Michael (links), Gabriel (rechts) zu lesen geneigt
 
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