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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0096

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157

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

158

Einiges über die Anlage von Missionsbauten.

Mit 10 Abbildungen.

it Recht wurde in dieser Zeitschrift
schon wiederholt gewarnt vor der
Ausführung zu reicher, zu grofser,
über die Mittel, Verhältnisse und
Bedürfnisse hinausgehender Kirchenbauten, und
mit Recht wurde es den Architekten an's Herz
gelegt, sich namentlich für das Land den Ent-
wurf einfacher, in Landschaft und Umgebung
hineinpassender Dorfkirchen angelegen sein zu
lassen. Das ist eine interessante und lohnende
Aufgabe. Der Formenschatz der Architektur ist
ein so unendlich mannigfaltiger, dafs sich auch
für das Kleinste und Bescheidenste der richtige
und würdige Ausdruck finden läfst. Dadurch
offenbart sich ja die wahre Kunst, dafs sie es
versteht, auch dem Einfachsten ihren idealen
Stempel aufzudrücken.

Wie reich war nicht das Mittelalter an
überaus reizenden und malerischen Dorfkirch-
lein, von denen manche noch auf uns gekom-
men sind, wie arm dagegen ist die Neuzeit an
solchen! Die Gründe dieser leider allzuwahren
Thatsache hat Herr Stadtpfarrer Münzenberger
in einem eingehenden Aufsatze im ersten Heft
dieses Jahrganges dargelegt, und man darf sich
seinen Erörterungen in jeder Beziehung an-
schliefsen.

Aber auch in Bezug auf ihre Gröfse sollen
neue Kirchen nicht allzuweit über das gegen-
wärtige Bedürfnifs der betr. Gemeinde hinaus-
gehen obschon es immer angezeigt ist, auf eine
Zunahme der Seelenzahl Bedacht zu nehmen-
denn Kirchen werden nicht für Jahrzehnte!
sondern für Jahrhunderte gebaut. In Pfarreien
in welchen eine Vermehrung der Gemeinde
mit Sicherheit vorauszusehen ist, soll daher
der Kirchen-Neubau so angelegt werden, dafs
eine Vergröfserung zur Zeit ohne allzu grofse
Schwierigkeiten auszuführen ist. Einen sehr
beachtenswerten Fingerzeig für die Anlage
später zu vergrößernder Kirchen hat Herr
Waethase im 12. Heft des vorigen Jahrganges
dieser Zeitschrift gegeben. Es würde eine ver-
dienstvolle Arbeit sein, diesen praktischen und
schönen Gedanken weiter zu vervollkommnen,
insbesondere dahin zu wirken, dafs die schweren
Strebepfeiler, welche bei der vorgeführten An-
lage später m die vergröfserte Kirche hinein-
fallen, möglichst wenig Raum einnehmen.

Schwerlich werden dieselben ganz vermieden
werden können, und ein störender Mifsstand
werden sie wohl immer bleiben.

In noch höherem Mafse, als bei bestehenden
Pfarreien, trifft das vorhin Gesagte bei neu zu
errichtenden Missions pfarrsteilen zu.
Hier ist der Mangel an Baukapital ein chronisches
Uebel, um so nothwendiger ist dagegen der Seel-
sorger und ein, wenn auch noch so bescheidener,
Raum zur Abhaltung des Gottesdienstes. Aber
gerade hier sollte man dasjenige, was gemacht
wird, von vornherein so anlegen, dafs es später
erweitert und ergänzt werden kann und sich
als organisches Glied dem Ganzen anfügt. Alle
provisorischen Bauten, welche später abge-
brochen werden müssen, sind kostspielig, weil
das zu denselben verwendete Geld verlorenes
Kapital ist.

Einfachheit wird bei Errichtung von Mis-
sionskirchlein immer das Grundprinzip bleiben
müssen; man darf aber diese Einfachheit nicht
bis zur Stillosigkeit und Häfslichkeit treiben,
und es darf der Eindruck nicht unterschätzt
werden, welchen, zumal in der Diaspora, die
durch würdige und edle Formen Achtung ge-
bietende Erscheinung der Missionsbauten, so-
wohl auf die Pfarrangehörigen, wie auch auf
die Andersgläubigen, ausübt. Gewifs wurden
schon viele erfolgreiche Versuche auf diesem
Gebiete gemacht und manch Vortreffliches ge-
leistet: Vieles ist aber auch gleich zu Anfang
mifsglückt, oder zum wenigsten minderwerthig
ausgeführt worden, weil man glaubte, mit den
wenigen zur Verfügung stehenden Mitteln gleich
alles zusammen, Kirche und Pfarrhaus, bauen
zu müssen. Wäre man da langsamer vorgegangen
und hätte beispielsweise zuerst nur das Pfarrhaus
gebaut, mit einem als Betsaal eingerichteten
Räume im Erdgeschofs, — ich werde darauf
gleich noch zurückkommen — so hätte man
vieles besser und würdiger gestalten können.
Auch hier ist häufig die moderne Sucht, alles
auf einmal zu machen mit geringfügigen Mitteln,
das Verderben, alles „billig und — schlecht".

Auf der ersten Wanderversammlung desBoni-
fatius-Vereins, der bei seinem hohen Interesse an
der Errichtung von Missionsstellen, der Frage,
wie man am besten bei Ausführung der Bauten
für dieselben vorgehe, ganz besondere Beach-
 
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