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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0116

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195

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 6.

196

Spätgothischer Zeugdruck als Futterstoff für liturgische Gewänder

Mit Abbildung,
em Bedürfnisse nach in Bezug auf

Zeichnung, Farbe, Technik durch-
aus befriedigenden Stoffen für litur-
gische Festgewänder ist durch die
neuen Fabrikate des Kunstweberei-Besitzers Th.
Gotzes in Crefeld bereits mannigfaches Genüge
geschehen. Unsere Zeit-
schrift hat wiederholt (IL
Band Sp. 35/36 und Sp.
71/72) auf dieselben hin-
gewiesen und, da sowohl
die glänzendsten Brokate
wie einfache geschnittene
Sammete in den verschie-
denen liturgischen Farben,
auch einfache ornamentale,
wie reiche figurale Borten
zur Ausstattung derselben
vorliegen, so kann er-
freulicherweise bereits ein
gewisser vorläufiger Ab-
schlufs festgestellt werden.
Zu diesem wäre nur noch,
insoweit es sich um die
fertigen Paramente han-
delt, ein ganz geeigneter
Futterstoff nöthig, den
meines Wissens die ganze
moderne Industrie noch
nicht hervorgebracht hat.
Denn, was als solcher ver-
wendet zu werden pflegt:
Seide, Wolle, Leinen, lei-
det an erheblichen Män-
geln. — Die Seide ist ent-
weder unverhältnifsmäfsig
theuer, oder sehr schnel-
lem Verschleifse unterwor-
fen, immer aber (bei un-
gemusterter Behandlung) nur zu sehr geeignet,
den farbigen Effekt wegzustehlen auf Kosten
des Gewandstoffes. — Bei der Wolle begegnet
leicht derselbe Uebelstand, stets aber der wei-
tere, dafs sie nicht glatt genug über das Unter-
gewand herabfällt, auf diesem sich staut und
sackt, ein in ästhetischer, wie in praktischer Hin-
sicht fatales Hemmnifs für den freien Falten-
wurf. — Das Leinen, welches die Alten fast
ausschliefslich zu diesem Zwecke verwendet

haben, erscheint, zumal in der Stärke, die hier
erforderlich ist, wenigstens für die Festkleider,
als nicht vornehm genug, als viel zu roh und
schwerfällig in der Wirkung. — Unter diesen
Umständen würde guter Rath theuer sein, wenn
uns nicht das unerschöpfliche Mittelalter wie-
derum, wie für die Para-
menten-Stoffe selber, so
auch für ihre Futterbe-
handlung mit guten Vor-
bildern an die Hand ginge.
Der Dom zu Köln hat
vor Kurzem eine alte Ka-
pelle (Kasel nebst den
beiden Tunicellen) erwor-
ben, welche aus rothem,
ungemustertem Sammet
besteht und mit spätgo-
thischen Stäben in feinster
Nadelmalerei ausgestattet
ist. Das Futter der beiden
Tunicellen bildet grobes
blaues Leinen, dasjenige
der Kasel creme farbi-
ges Köperleinen mit
in himmelblauer Far-
be aufschablonirtem
G ranatapfelmuste.r.
Das letztere, welches in
seinem Rapport eine Län-
ge von 74'/2 cm De> einer
Breite von 25'/2 cm hat,
erscheint auf der hier bei-
gegebenen nach der Pho-
tographie reproduzirten
Abbildung mithin in mehr-
facher Reduktion, aber in
ganz klarer Wiedergabe.
Sie läfst deutlich erkennen,
dafs dem schablonenmäfsigen Auftrag eine eigens
für diesen Zweck gefertigte Zeichnung zu Grunde
liegt, welche im Unterschiede von der Webe-
technik (in welcher der Granatapfel in wunder-
barer Mannigfaltigkeit und Abwandlung ein gan-
zes Jahrhundert hindurch das Muster beherrscht),
eine breite, mehr malerische Behandlung zeigt.
Trotz seines Reichthums bewahrt dieses vor-
treftliche Muster seine Klarheit und Durchsich-
tigkeit selbst bei starker Verkleinerung, sodafs
 
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