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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0117

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1890. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

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es sich auch in dieser als direkt verwendbar
behauptet. Die farbige Wirkung ist eine ge-
radezu bestechende, insoweit das himmelblaue,
fast lasurartig wirkende Dessin von dem, sei es
cremegefärbten, sei es naturfarbenen Grunde
sich in einer das Auge ungemein befriedigenden
Weise abhebt. —■ Für die Dauerhaftigkeit des
Gewebes einschliefslich der Musterung liefert
der Umstand den schlagendsten Beweis, dafs es
noch jetzt, nach mehr als dreihundertjähriger
Benutzung, in fast ursprünglicher Frische er-
glänzt, während der Sammet derart abgegriffen
und verschlissen, dafs er für 'den liturgischen

Gebrauch ganz unverwendbar ist. — Die mo-
derne Industrie wird sich dieses ihr ja nicht
unbekannten Verfahrens unter Benutzung ihrer
vollkommeneren Werkzeuge (Walze etc.) wie
zum kirchlichen, so zum profanen Gebrauche,
mit grofsem Vortheile bemächtigen, wenn sie
die hier gebotenen zeichnerischen und kolo-
ristischen Gesichtspunkte genau berücksichtigt.
Auch an kleineren und viel älteren Mustern
fehlt es nicht, wie die Technik des Zeugdruckes
sogar (nach einem Berichte von Plinius und auf
Grund uralter Grabfunde) bis in die vorchrist-
liche Zeit zurückreicht. Schnütgen.

Ein romanischer Kruzifixus von 1381.

Mit Abbildung.

enn im vorletzten Hefte dieser Zeit-
schrift der älteste Kruzifixus bekannt
gemacht ist, welcher über einander
gelegte Füfse hat, so sind wir jetzt
in der Lage, die Aufmerksamkeit auf einen Kru-
zifixus lenken zu
können, welcher
zwei Jahrhunderte
später noch auf ei-
nem Trittbrette ne-
ben einander ste-
hende Füfse zeigt.
Jener etwa um 1180
entstandene noch
romanische Kruzi-
fixus hat in den
übergeschlagenen
Füfsen bereits ein
frühes gothisches
Merkmal, dieser
1381 gemachte, des-
sen Formen mithin
fast schon spätgo-
thisch sein müfsten,
trägt aber noch
durchaus romanischen Charakter. Warum, das
ist die Frage. Sic wird sich beantworten lassen,
wenn wir dieses Kreuzigungsbild mit Hilfe un-
serer Abbildung kennen gelernt haben. Es be-
findet sich an einer Glocke der Stadtkirche zu
Blankenburg, eines jener malerisch unter einem
fürstlichen Schlosse am Berge gelegenen Orte
des Harzes, wo trotz der Eisenbahn uns noch
ein gutes Stück echt deutscher Xaturpoesie um-

weht, wenn wir in den Strafsen umherklettern
und ab und zu unser Auge über die Schiefer-
dächer hinweg nach dem verwetterten Raub-
schlosse Regenstein, nach dem längst verschwun-
denen Kloster Michaelstein oder auch die bi-
zarren, graublauen
Felsblöcke der Teu-
felsmauer entlang
sich ergehen lassen.
Am Fufse desKirch-
thurmhelmes in ei-
nem dem Norden
der Stadt zugekehr-
ten, keck ausgebau-
ten Renaissance-
thürmchen, welches
von einer „wälschen
Haube" überdeckt
u. ganz mit Schiefer
bekleidet ist, hängt
unsere Glocke. Sie
ist an sich schon
merkwürdig als ei-
ne der ältesten
Schlagglocken,
d. h. eine Glocke, die von vornherein ohne
Ring für den Klöppel gegossen und gegenüber
den Läuteglocken zu ihrer Höhe unverhältnifs-
mäfsig breit gestaltet ist. Wohl giebt es Schlag-
glocken schon seit dem XV. und in Menge seit
dem XVI. Jahrh., aber solche des XIV. Jahrh.
dürften sich zählen lassen. Die unselige mifet
0,87 m im unteren Durchmesser und ist nur
etwa 0,57 m hoch. Ihr Gufs ist sauber. Ihre
 
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