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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0137

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Abhandlungen.

Elfenbein-Triptychon des
XIV. Jahrh. im Privatbesitz zu Köln.

Mit Lichtdruck (Tafel X).

eit Kurzem befindet sich in der
Sammlung des Freiherrn Albert
von Oppenheim zu Köln, durch
Vermittelung der Gebr. Bour-
geois, das herrliche Elfenbein-
Triptychon, von welchem die
nebenstehende Lichtdrucktafel,
trotz ihrer Klarheit und Schärfe
doch nur ein unvollkommenes
Bild gibt; weil der Zartheit und
Weichheit des Originals keine Reproduktion
Genüge zu leisten vermag. Die ganz aufser-
gewöhnliche Höhe desselben beträgt 39 cm,
die Breite des Ganzen 231/2 cm. Für den fran-
zösischen Ursprung spricht nicht nur die Breite
in der Behandlung, die Grazie in der Bewegung,
die Vornehmheit im Gesichtsausdrucke, sondern
auch die Art der Kolorirung, namentlich die
Anwendung der Lasurfarben in den Streifen,
welche den Untersatz ringsum verzieren. Auch
die Architektur trägt in ihrem Mafswerke, wie
in ihrer Kapitell-Gestaltung ein französisches
Gepräge. Als Ursprungszeit ist die erste Hälfte
des XIV. Jahrh. zu betrachten. — Die Madonna
hält in ihrer Rechten eine stilisirte Blume, wie
sie ihr gerade in Frankreich um diese Zeit mit
Vorliebe in die Hand gegeben wird. Auf dem
linken Arme trägt sie das noch ganz bekleidete
Jesukind, welches mit der linken Hand einen
Apfel hält, die rechte zutraulich auf die Brust
seiner Mutter legt. Ueber dieser schwebt, die
Bogenspitze vortrefflich ausfüllend, in graziöser
Haltung die Halbfigur eines Engels, welcher
der Himmelskönigin soeben die Lilienkrone
auf's Haupt gesetzt hat, die Händchen noch in
ehrfurchtsvoller Geberde über ihr ausbreitend.
In diesen Vorgang ist das noch etwas alter-
thümlich (im Sinne der romanischen und früh-
gothischen Stil-Epoche) gestaltete, sonst aber
einem Lächeln zuneigende Antlitz des göttlichen
Kindes versenkt, welches in seiner ganzen Hal-

tung schon recht deutlich das Menschliche be-
tont, in dem Spielen des linken Fufses sogar
einen Anflug von Humor zu erkennen gibt,
der sehr anheimelnd wirkt. — Die Stelle, welche
die Standfigur der Gottesmutter hier auszufüllen
hatte, nöthigte zu einer Entwickelung in die
Breite, welche durch die Bewegung und Dra-
pirung wieder möglichst auszugleichen war.
Diese Schwierigkeit hat der Künstler in über-
aus geschickter Weise gelöst durch die har-
monische Fältung, zumeist durch die Tiefe,
welche er in ihr zu erreichen wufste, trotz der
verhältnifsmäfsig flachen Reliefirung. Alle Linien
wirken äufserst harmonisch, auch diejenigen der
die Figur quer bedeckenden Säume, welche auf
der Abbildung lange nicht in dem Mafse be-
friedigen, wie in der Wirklichkeit; und nur der
das rechte Bein seitlich begleitende Zipfel ent-
behrt in seinem Wurfe einigermafsen der Eleganz.
Diese beherrscht im Uebrigen die ganze Figur
mit Ausnahme der Hände, welche noch etwas
Unbehülfliches haben und Leben wie künst-
lerische Empfindung vermifsen lassen.

Die beiden Engel, welche auf den schmalen
Flügeln mit dem Leuchter in der Hand ihre
Herrin verehren, übertreffen in der Energie
und Anmuth der Bewegung noch die Mittel-
figur. Es war keine leichte Aufgabe, diesem
langgestreckten Räume je diese Engelfigur ein-
zugliedern, bei welcher der aufstrebende Flügel
jenen mit auszufüllen berufen ist. Die Art, wie
diese beiden schlanken, edeln Gestalten, welche
den Grund fast ganz in Anspruch nehmen, kom-
ponirt sind, das Grofsartige in ihrer Haltung,
das Hieratische in ihren Zügen, das Lebendige
in ihrer dem Mittelpunkte zustrebenden Be-
wegung gehört wohl zum Besten, was die statu-
arische Plastik des Mittelalters geleistet hat.
Obgleich beide Figuren die gleichen Aufgaben,
mithin auch Bewegungen haben, sind sie doch
gänzlich verschieden in den Einzelheiten, in
denen sich die ganze Fülle der Gestaltungskraft
ausspricht, welche dem Künstler zu Gebote stand.

Trotz der äufsersten Sorgfalt, mit welcher
sämmtliche Figuren durchgeführt, trotz der
 
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