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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0154

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Abhandlungen.

Kirchensiegel des Mittelalters.

Mit Lichtdruck (Tafel Xr u. XU).

ecoy de la Marche hat soeben in
der Quantin'schen »Bibliolheque de
l'enseignement des beaux arts« ein
Buch über mittelalterliche Siegel
veröffentlicht, worin er mit Recht hervorhebt,
dafs diese Siegel ein bis jetzt noch viel zu
wenig beachtetes Gebiet umfassen, in dem die
Künstler der Vorzeit, besonders vom XIII. bis
XV. Jahrh., Vortreffliches schufen. Da er seit
25 Jahren als Angestellter der Nationalarchive
zu Paris die grofsartige Siegelsammlung jener
Archive überwacht, hat er nicht nur die zahl-
reichen Illustrationen, womit seine schöne Ar-
beit in vortrefflicher Weise geziert ist, aus jener
französischen Sammlung genommen, sondern
auch im Text die dort zusammengebrachten
Stücke mit Vorliebe besprochen. Dafs er die
Schätze, welche Deutschland in dieser Beziehung
besitzt, nicht kennt und nicht nach Gebühr
würdigt, darf man ihm umsoweniger verübeln,
weil dieselben noch so wenig gehoben sind, dafs
selbst Einheimische kaum ahnen, wieviel Schö-
nes unsere Archive in dieser Hinsicht bergen.
Hunderte von mittelalterlichen Siegelstempeln
ruhen, obschon sie als Kunstwerke von hervor-
ragender Bedeutung einen ehrenvollen Platz in
Museen und Publikationen verdienen, dennoch
in den nur zu oft mit ängstlicher Sorgfalt ver-
schlossenen Schränken. Einige Proben mögen
zeigen, dafs Deutschland den Vergleich mit
Frankreich nicht zu scheuen hat. Dem Zweck
dieser Zeitschrift entsprechend, sollen dabei
geistliche Siegel, deren Stempel in deutschen
Archiven ruhen, den Vorzug erhalten, beson-
ders solche, die entweder in ikonographischer
Hinsicht oder als Vorbilder wichtig sind.

Das grofse Siegel der Kirche der hei-
ligen Apostel zu Köln (2) zeigt noch den
Charakter des rheinischen Uebergangs - Stiles.
Seine Umschrift: Sigillum ■ ecclesie ■ sanctorum ■
apostolorum • in ■ Colonia + weist noch keine
gothische Formen auf; ebensowenig verräth sich

der gothische Stil in den um das Marienbild
gestellten Häuptern der Apostel. Bemerkens-
werth ist, dafs sich Petrus, nicht wie bei den
meisten päpstlichen Bullen auf der linken, son-
dern auf der rechten Seite des Siegelbildes
findet. Solchen Bullen ist jedenfalls die In-
schrift PE - PA sowie die Form der Köpfe
der Apostelfürsten entlehnt.

Ein schönes frühgothisches Siegel ist dasjenige
des Frankfurter Marienklosters (8). Seine
Umschrift: S.' ecce ■ montis • sce - Marie • in •
Frankenford + ist so kräftig geschnitten, wie
der Faltenwurf des Gewandes der hier stehend
dargestellten Gottesmutter. Zu ihren Füfsen
knieen zwei Nonnen, „Gissela" und „Kath'ina".

Charakterisiren diese beiden Siegel den
Gegensatz zwischen der romanischen und früh-
gothischen Kunst der Rheinlande, so behauptet
dasjenige des Kölner Andreasstiftes (1) eine
Mittelstellung. Auffallender Weise nennt seine
Legende nicht den Besitzer, sondern bringt nur
Namen und Wahlspruch des Patrons: „/am —
diu • desideravi; te • amplecti • o (•) bona • crux +"
„Pius Andreas Chri famulus"; weiterhin zeigt
das Siegel den Apostel nicht auf dem nach ihm
genannten Kreuze, sondern auf einem, welches
dem Martyrwerkzeug des Herrn gleich ist.
Durch die Form des M steht es noch dem
Siegel der Apostelkirche nahe, dagegen ist das
T weiter entwickelt.

Das vornehme Siegel des Stiftes zu
Bingen (6) zeigt durch die Musterung der bi-
schöflichen Kasel, dafs sein Stecher demjenigen
des im Jahrgang 1889 Seite 382 abgebildeten
Stempels des Mainzer Domes nahe steht. In-
dessen weisen doch die Buchstaben der Le-
gende: ,,S.' capituli • sancti • Martini • in •
J'inguia +" und die schlankere Gestalt des
hl. Martin, dem der Nimbus fehlt, auf eine
spätere Hand, welche das Mainzer Siegel wohl
als Vorlage benutzt hat.

Das grofse, runde Siegel der Stadt
Aachen fS.' renalis : sedis : Aquensis : ad :
causas + (10), in dem Karl der Gottesmutter
sein Münster darbietet, ist bemerkenswerth, weil
 
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