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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0165

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285

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 9.

286

Ein Altarleuchter von Schmiedeeisen.

Mit Abbildung.

Jie gothischen Altarleuchter haben, ab-
gesehen von den leuchtertragenden
Engeln, überall den gleichen, durch
die Zweckmäfsigkeit bedingten Ty-
pus: eine zur Aufnahme des etwa herunterfliefsen-
den Wachses bestimmte
Schale mit einem Licht-
dorne im Mittelpunkte,
ruhend auf einem Schafte,
welcher von einem glok-
kenförmigen, der Gröfse
der Schale und der Höhe
des Schaftes angemessenen
Fufse sich erhebt; häufig
sind unter letzterem noch
besondere stilisirte Thier-
beine oder Löwen als Un-
terstützungen angebracht.
Das Material der Leuchter
ist in der Regel, wenig-
stens nördlich der Elbe,
Bronce oder Rothgufs;
selten sind sie dort von
Messing und hölzerne ver-
goldete bisher nicht be-
kannt geworden. Durch-
aus abweichend, sowohl
der Form wie dem Material
nach, ist ein Altarleuchter
gebildet, welcher sich in
der Kapelle zu Zaschen-
dorf, einem Gute des Frei-
herrn Langermann, etwa
2 Meilen von Schwerin,
erhalten hat. Derselbe ist
näml. durchaus aus Eisen
hergestellt und zwar in der

Gestalt eines heraldischen Doppeladlers, dessen
Schwanz als Fufs des Leuchters und dessen
Krone als Wachsschale verwerthet sind. Der
flache, glockenartige Fufs wird von drei am
Ende gerollten Beinen gestützt, wahrend andere
Rollen zur Verzierung der Verbindung mit dem
Körper und unten an diesem angebracht sind,
der, aus vier gebogenen Platten zusammengesetzt,
einen nach oben sich erweiternden Cylinder
bildet; in zwei entgegengesetzte Platten sind
die im Durchschnitte rechteckigen Beine und
die flach gearbeiteten Flügel eingenietet. Aus

der Deckplatte des Cylinders erheben sich die
stark gebogenen und flachen Hälse, an welche
die seitlichen Stützen der mit einem Zinnenrande
versehenen Wachsschale, der Krone, angenietet
sind. Eine eiserne Stange, welche durch das
ganze Gebilde geht und
über die Schale als Licht-
dorn hinausragt, ist unter-
halb des Fufses mit einer
Mutter festgemacht und
hält die einzelnen Theile
zusammen. Der Leuchter
ist, wenn auch nicht zer-
fressen, so doch vom Rost
stark mitgenommen, und
daher auch nicht auszu-
machen, ob derselbe früher
etwa bemalt, beziehentlich
vergoldet war, oder ganz
ohne schützenden Ueber-
zug geblieben ist.

Die Zeit seiner Her-
stellung anlangend, so wird
der Leuchter dem Ende
des XV. oder dem Be-
ginne des XVI. Jahrh. zu-
zuschreiben sein. Auf
diese Zeit deuten der Stil
der Arbeit überhaupt und
insbesondere die gezinnte
Schale und die abwärts
hangenden Flügel; letztere
wurden in der späteren
Zeit stets aufgerichtet dar-
gestellt, und statt der Zin-
nen liebte die Renaissance
die Durchbrechungen. Zu
jener Zeit pafst auch die Altartafel der Kapelle,
welche in ihrem Mitteltheile die seltene Dar-
stellung der Verkündigung Mariens, im rechten
Flügel oben die heilige Katharina und einen
unkenntlichen Heiligen, unten St. Barbara und
St. Jürgen, im linken oben St. Nikolaus (?) und
eine gekrönte Heilige mit einem Buche, unten
St. Christopher und St. Dorothea enthält. Beide,
Leuchter und Altartafel, werden aus einem
früheren Bauwerk in den jetzigen, wohl dem
Ende des XVII. Jahrh. entstammenden Dürftig-
keitsbau hinübergerettet sein.
 
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