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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0166

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287

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

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Dafs der Leuchter schön und für den Altar
nachahmenswert sei, soll nicht behauptet wer-
den, wohl aber läfst sich derselbe als ein seltenes
und höchst originelles Werk bezeichnen, welches
für die Erfindungsgabe und Gewandtheit des
Verfertigers ein gutes Zeugnifs ablegt, vielleicht
eines ländlichen Schmiedes, der mit ihm etwa
ein Weihgeschenk dargebracht haben mag. Für

gottesdienstlichen Zweck wird der Leuchter aber
von vorne herein bestimmt gewesen sein, denn
zum häuslichen Gebrauche ist er zu unhandlich;
der starke Dorn spricht ebenfalls für einen Altar-
leuchter, und wäre er häusliches Geräth gewesen,
so wäre er schwerlich in die Kapelle gekommen.
Die volle Höhe des Leuchters beträgt b2l/2cm,
die gröfste Breite 2Z1licrh. Dr. F. Crufl.

Gestickter Behang des XV. Jahrh. im Dom zu Xanten.

Mit Abb

it den mittelalterlichen Aufnäh-
Arbeiten ist es schlecht bestellt,
insofern nur wenige derselben
sich erhalten haben. Wenn hier-
aus der Schlufs gezogen werden
sollte, dafs im Mittelalter diese
Technik vernachlässigt worden
wäre, so würden zahlreiche Ur-
kunden, Notizen und Inventar-Beschreibungen
dagegen Widerspruch erheben.

Die schon bei den Römern bestehende Sitte,
zum Schmucke der Gewänder an deren Säumen
einen oder mehrere Bandstreifen von Stoff vor-
beizuführen, welche auf denselben durch Stiche
befestigt wurden, also eigentliche Aufnäh-Arbeit
bildeten, blieb durch das ganze Mittelalter in
Uebung. Viel mehr noch, als an den profanen
Kleidern begegnet diese Technik an Teppichen
und Behängen allerlei Art, die zur Dekoration
kirchlicher und weltlicher Räume dienten. So
erwähnt Dehaisne in der L'Art en Flandre I, 15
„cortinam quamdam invisae magnitudinis preci-
puique operis variorum colorum adornatam
tabulis", welche Mathilde, die Frau des Grafen
Arnold, im Jahre 969 der Abtei von St. Bertin
schenkte. Auch zur Zimmerausstattung des
Grafen Gottfried von Fleury (1316) gehörten
Stoffe, welche mit gelben Auflagen in Gestalt
von Blumen geschmückt waren. Im Jahre 1387
geschieht einer Bezahlung an einen Sticker Er-
wähnung, der die Wappen eines Herzogs mit
Stoffausschnitten verziert hatte. Um solche und
ähnliche Dekorationsgegenstände handelt es sich
vornehmlich, wenn dieses opus consutum, die
Applikations-Arbeit zur Sprache kommt. Und wo
auf alten Miniaturen das festlich geschmückte
Innere von Kirchen oder Palästen, wo Fest-
gelage oder Festzüge dargestellt werden, da
machen die Behänge und Baldachine, die Fahnen

ildung.

und Mäntel meistens den Eindruck von Appli-
kations-Arbeiten, die sich ja auch vornehmlich
dort empfahlen, wo es sich um weithin durch
ihre Farben wirkende, zumal in der Eile her-
gestellte Dekorationsstoffe handelte. Ihr Zweck
wie ihre Entstehungsart boten keine Gewähr für
lange Dauer, und dieser Umstand mag es daher
auch erklären, dafs so wenige mittelalterliche
Aufnäh-Arbeiten erhalten geblieben sind. Für
die kirchlichen Festgewänder mochte diese,
immerhin nicht gerade subtile Technik nicht
vornehm genug erscheinen, an ihnen hatte viel-
mehr der feine Plattstich und das glänzende
opus anglicanum sich zu entfalten.

Von mittelalterlichen Aufnäh-Arbeiten, die
sich in unsere Tage hinübergerettet haben, sei
hier zunächst eine Seidenstickerei angeführt, die
sich im Privatbesitze zu Köln befindet. Ihren
Grund bildet dünne gelbliche Seide, der ab-
wechselnd springende Löwenfiguren in braunen
Konturen eingestickt und rothseidene Wappen-
schildchen derartig aufgenäht sind, dafs die
Stiche von jenen wie von diesen zugleich dazu
dienen, die dünne Schicht von Wolle, welche
den Seidengrund von der Leinenunterlage trennt,
steppartig festzuhalten. Die Form der Löwen
wie der Wappenschildchen spricht für das Ende
des XIV. Jahrh. als Ursprungszeit.

Als zweites Beispiel möge der hier abge-
bildete Behang gelten, der sich im Dom-
schatze zu Xanten erhalten hat. Er ist 46 cm
hoch und 43 cm breit. Der Grund besteht in
dünner, blafsgrüner Seide, auf welche sämmt-
liche Verzierungen, mit Ausnahme der Figur
nebst Baldachin und der beiden Wappenschild-
chen in dem obern Streifen, durch Applikation
gebildet sind. Der Baldachin setzt sich näm-
lich aus durch Ueberfangstich befestigten Gold-
und Silberfäden zusammen, wie die unter ihm
 
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