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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0168

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291

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

292

Nachrichten.

f Dr. Christoph Heinrich Otte,

so oft zitirt in dieser Zeitschrift, darf auch bei Gelegen-
heit seines am 12. August d. J. im Alter von 82 Jahren
erfolgten Todes in ihr nicht unerwähnt bleiben, obwohl
sie sonst (bei ihrem knapp gemessenen Räume und bei
der Unmöglichkeit, die in der Tagespresse gewöhnlich
sogleich erfolgenden Nachrichten schnell zu bringen) nur
denjenigen Verstorbenen eine besondere Erinnerung zu
weihen vermag, welche zu ihr in ganz unmittelbaren Be-
ziehungen gestanden haben. Seine Verdienste um die
„kirchliche Kunstarchäologie des deutschen Mittelalters",
also gerade um die Erforschung des von dieser Zeitschrift
vorzugsweise gepflegten Kunslgebietes sind aber viel zu
bedeutend, als dafs an dieser Stätte ein Wort dankbarer
Erinnerung fehlen möchte. — Seitdem er (im Jahre 1833
als Landpastor nach Fröhden bei Jüterbog berufen) seine
»Antikritische Bemerkungen über Geschichte und Archi-
tektur des Domes zu Merseburg« erscheinen liefs, hat
seine Feder nicht geruht, selbst nicht nach dem er-
schütternden Brandunglück, welches am 28. Dezember
1877 sein Pfarrhaus und seine sämmtlichen Manuskripte
zerstörte. Im Jahre 1885 vollendete er unter Mitwirkung
des Herrn Oberpfarrers E. Wernicke zu Loburg die
V. Auflage von seinem »Handbuch der kirchlichen
Kunstarchäologie« und im Jahre 1889 veröffentlichte er
unter dem Titel: »Wie ich ein Archäologe wurde« eine
kleine Selbstbiographie. In die Zwischenzeit fallen sein
»Archäologischer Katechismus« (1859, II. Aufl. 1873),
seine »Glockenkunde« (1858, II. Aufl. 1884), sein »Ar-
chäologisches Wörterbuch« (1875, II. Aufl. 1877), seine
»Geschichte der kirchl. Kunst des deutschenMittelalters«
(1862), seine »Geschichte der rom. Baukunst in Deutsch-
land« (1874), zahlreiche Artikel in Zeitschriften, nament-
lich in der von ihm und von Quast (1856 bis 58) heraus-
gegebenen »Zeitschr. für christl. Archäologie und Kunst«.
Alle diese Veröffentlichungen zeichnet grofse Reichhal-
tigkeit, Gründlichkeit, Zuverlässigkeit, Objektivität aus;
sie sind keine leichte Lektüre, aber eine sehr solide Unter-
weisung, ganz unentbehrliche Hülfsmittel für Alle, welche
sich mit kirchlicher Kunst oder Archäologie beschädigen,
mögen sie noch im Anfange dieser Studien stehen oder
in denselben bereits ergraut sein. Der Dank von diesen
Allen wird dem hochverdienten Verfasser folgen in's Grab.

D. H.

Die Mosaikfufsböden

finden auch in die Kirchen, in die alten, wie St. Martin
in Köln, die Münster in Bonn und Neufs (Fabrik von
Villeroy & Boch in Mettlach), und in die neuen, wie die
Pfarrkirche in Rheinböllen und St. Willibrord in Ant-
werpen (Fabrik von Rud. Leistner in Dortmund) mit Recht
immer mehr Eingang. Damit dieselben aber den berech-
tigten Ansprüchen genügen, müssen sie nicht nur in tech-
nischer Hinsicht, also in Bezug auf die Härte und Färbung

des Materials, d. h. der einzelnen Würfel, wie in Bezug
auf die Sauberkeit und Dauerhaftigkeit in der Zusammen-
setzung derselben befriedigen, was bei den Arbeiten der
genannten Fabriken der Fall ist, sondern auch in Hin-
sicht der Zeichnung, also in Bezug auf deren stilgerechte
Behandlung in Muster und Farbe, sowie in Bezug auf die
Auswahl der darzustellenden Gegenstände.
Bis zu welchem Mafse gerade in letzterer Beziehung
nicht blofs die Regeln der Tradition, sondern auch die
Forderungen des einfachsten Gefühles aufser Acht ge-
lassen werden können, beweisen die Entwürfe für den Be-
lag des Chores der St. Willibrorduskirche in Antwerpen,
welche der betr. Mosaikfabrik für die Ausführung auf-
genöthigt worden sind. Nicht von ihren ungeschickten
Eintheilungen, willkürlichen Ornamenten, geschmack-
losen Farbenkompositionen soll hier des Weiteren ge-
redet werden, sondern von den geradezu provozirenden
Darstellungen, welche bei dem Chorquadrat in einem
kolossalen Kreuz mit den Leidenswerkzeugen, bei der
Apsis sogar in einem Kelche mit der von einem Strahlen-
kranze umgebenen hl. Hostie bestehen, welche von zwei
fliegenden Engeln angebetet wird. Wenn nun schon alle
heil. Personen, Gegenstände, Symbole, Allegorien gegen
die Profanirung, welche deren Darstellung auf dem Fufs-
boden bedeuten würde, geschützt sein sollten, um wieviel
mehr das Allerheiligste, auf dessen Abbild zu treten der
Fufs sich sträuben müfste! Der Kreis der Bilder, die sich
für den Fufsboden eignen, ist ja grofs genug und der
Halbzirkel mit den Gestalten des Thierkreises, der die
beiden vorgenannten Engel von einander scheidet, -pafst
vollkommen in den Rahmen des hier Zulässigen. Hierzu
gehört im Allgemeinen alles dasjenige, was sich auf das
Geschöpfliche bezieht, insoweit es berufen ist, seines
Schöpfers Ehre zu künden. Der Mensch, seine Ent-
wickelung und Schicksale, seine Arbeiten und Leiden,
seine Tugenden und Laster, seine Gliederungen in Völker
und Familien, in Stände und Berufsarten, in Vereine und
Genossenschaften bilden hier den bevorzugten Gegen-
stand für die Darstellungen. Auch was Einzelne, oder
die Gesammlheit bezw. Theile derselben erlebt haben
in der Welt oder Kirchengeschichle, gehört in diesen
Bilderkreis, der noch der mannigfachsten Erweiterungen
fähig ist durch die Hineinziehung anderer Geschöpfe
Gottes am Himmel und auf der Erde mit Einschlufs der
zahllosen Allegorien, welche sich in Bezug auf sie im
Laufe der Zeit entwickelt haben. Das Gebiet ist also
ein sehr umfassendes, so ausgedehnt, dafs keine Kirche
Raum genug bietet, es auch nur annähernd zu er-
schöpfen. Es handelt sich nur darum, im gegebenen
Falle die richtigen Motive herauszugreifen und zu einem,
wenn auch noch so kleinen, aber in sich abgeschlossenen
Bilderkreise zusammenzustellen, wobei natürlich die
Mitwirkung eines erfahrenen, mit dem Stile vertrauten
Zeichners nicht entbehrt werden kann. s.
 
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