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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0188

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Abhandlungen.

Die Hedwigsgläser.

Mit Lichtdruck (Tafel XIV) und 5 Abbildungen.

nter den Geschenken, welche der
fromme Sinn des Mittelalters an die
Kirchen zu machen liebte, finden
sich, neben Seltenheiten und Kost-
barkeiten aller Art, oft von Pilgerfahrten heim-
gebracht, auch Profangeräthe, namentlich
Trinkgefäfse aus edlen Metallen, Halbedelstei-
nen und Glas. Fast sämmtliche bedeutenderen
Kirchen schätze weisen Beispiele von solchen
auf. Häufig wurden solche Gefäfse mit kost-
baren Fassungen, die krystallenen und gläsernen
mit Schutzhüllen aus durchbrochenem Edel-
metall oder Filigranarbeit versehen. Sie dienten
meist als Reliquienbehälter und, entsprechend
umgewandelt, selbst als Kultgeräthe. Von den
hier insbesondere zu betrachtenden Glas- und
Krystallgefäfsen seien erwähnt: ein orientalisches,
ehemals für Erde aus dem heiligen Lande im
German. Museum zu Nürnberg (K.-G. 169,
Abb. Katal. Tafel 16); die sogen. Lampe der
hl. Kunigunde im Dom zu Bamberg (Becker-
v. Hefner III, Tafel 37); ein Glaspokal mit dem
Brustbild Karls d. Gr. als Deckelknopf aus dem
XIII. (?) Jahrh. im Zither des Domes zu Hal-
berstadt (Nr. 68); ein Krystall aus dem XIV.
Jahrh. im Dom zu Prag (Oest. Atlas LXXXVI, 2);
eine Krystallschale mit einem Dorn von der
Dornenkrone in der Burgkapelle zu Würzburg
von 1519 (Becker-v. Hefner I, Tafel 3); ein
Glas in der Franziskanerkirche zu Wien (Oest.
Atlas XCVI1I, 8); der sogen. Pokal Heinrichs IL,
zu einer Art Henkelkelch umgestaltet, in der
Reichen Kapelle zu München (Becker-v. Hemer
III, Tafel 9; Zettler etc. Reiche Kapelle Tafel 17)
und der schöne Apolloniabecher im Stift Her-
zogenbusch in Oesterreich, schon in Renais-
sanceformen (Abb. v. Sacken »Archäolog. Weg-
weiser durch Niederösterreich« II, S. 50). Von
Flaschen eine bauchige von grünem Glase mit
der Statuette der hl. Katharina in Gräfrath
(aus'm Weerth Tafel XLI Figur 8', ferner die
29 cm hohe Krystallkanne mit einem Fragment

vom Abendmahls-Tischtuch im Dom zu Prag
(Abb. in Mitth. der Centralkomm. XIV, S. 32).1)

Meist knüpft die Ueberlieferung diese Ge-
fäfse an bestimmte Heilige an und namentlich
Trinkgeschirre, welche als heilig verehrte Per-
sonen im Gebrauch gehabt, standen in beson-
derer Werthschätzung. Von der hl. Elisabeth
haben sich ein silberner Becher im Kloster der
barmherzigen Schwestern zu Trier2) und eine
silberne Kanne im fürstlichen Besitz zu Braun-
fels erhalten.8) Von einem anderen Trinkgefäfs
derselben Heiligen, welches als Reliquie verehrt
wurde, berichtet Mathesius in seiner Predigt
über das Glasmachen4): Ich hab auch ein
cristallinen Glas gesehen, welches S. Elisabeth
solle gewesen sein, dafs man zu Wittenberg für
Hetltumb im Schlofs gezeiget.....

Noch zahlreicher als die Trinkgefäfse der
thüringischen Landgräfin sind die Becher, Krüg-
lein und Schalen — meist aus Glas —, welche
mit ihrer Base, der als Landespatronin von
Schlesien und Polen hochverehrten hl. Hed-
wig (-]- 1243) in Verbindung gebracht werden.

Zwei dieser Gefäfse — in Breslau und
Krakau —, welche die nämliche bemerkens-
werthe Verzierung des Glases mit alterthümlich
stilisirten Thierfiguren im Tiefschnitt zeigen,
sind als kunstgewerbliche Seltenheiten dem
Publikum durch Veröffentlichungen verschie-
dener Forscher und Kunstgelehrten bekannt
geworden.5) Diese sind es, für welche sich
heutzutage in den kunstgewerblichen Hand-
büchern allein der Name Hedwigsgläser ein-
gebürgert hat. Hierdurch ist in der Literatur
eine gewisse Verwirrung eingerissen, welche
mehrfach zu Irrthümern geführt hat. Es haben
Schriftsteller, welche sich mit diesem Gegen-

') Vorsteh. Zusammenstellung nach Otte »Hand-
buch der christl. Kunstarchäologie« 5. Aufl. I, S. '209 ff.

-) Inschrift: Elisabeth Lantgravin van Hessen gibt
dit zu einem Testament. Bit Gat vor mich. (»Ann.
Archeol.« V, S. 280.)

3) aus'm Weerth Tafel 53.

*) Sarepta oder Bergpostill, »Predigt vom Glas-
machen«, Nürnberg 1562.

») S. unten Sp. 341 und 343.
 
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