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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0192

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335

1890.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. — Nr. 11.

336

des Kreuzherrenstiftes zu St. Matthias und
des Vinzenzstiftes zu Breslau, der Cister-
zienserklöster Leubus und Heinrichau in
Schlesien. Der Boden der Silberfassung hat das
Breslauer Beschauzeichen (W) und die Marke
eines Goldschmiedes E. R. Am unteren Theile
des Glases ist mit einem Diamanten eingeritzt:
Andreas abbas Henrichouensis. Anno 1367.
In diesem Jahre oder spätestens 1568 dürfte
die Silberfassung gefertigt worden sein. Der
Besteller und Stifter derselben war, wie aus der
oben mitgetheilten Inschrift hervorgeht und wir
aufserdem aus litterarischen Quellen wissen, der
Stiftsmeister Bartholomäus Mandel (B. M.),
welcher diese Würde von 1567 bis 1582 be-
kleidete. Die Initialen desselben finden sich
noch einmal auf dem emaillirten Wappen des
Matthiasstiftes in der Fufsfassung (B. M. j§[ S. M.,
d. i. Bartholomaeus Magister Sancti Mathiae
Sanclae Hedtvigi); auch die Wappen der an-
deren drei Klöster tragen die Namens-Chiffern
der damaligen Aebte: St. Vinzenz die Buch-
staben I. A. S. V. (Johannes abbas S. Vincetitii,
Johannes Cyrus 1561 bis 1586); Leubus I. A. L.
(Johannes abbas Lubensis, Johannes VII. 1562
bis 1568); Heinrichau A. A. H., der oben er-
wähnte Andreas, welcher von 1554 bis 1577
Abt war.

Die Goldschmiede-Arbeit, namentlich die
Relief-Figuren der sitzenden Evangelisten, ist
eine schöne; dagegen ist das Email nicht mit
besonderem Geschick angebracht, und zum Theil
ausgesprungen.

Ueber die Geschichte dieses sehr merk-
würdigen und alterthümlichen Glases sind wir
ziemlich gut unterrichtet. Es befand sich von
Alters her im Matthiasstift zu Breslau und
galt schon in der zweiten Hälfte des XVI.
Jahrh. als ein bis zu den Zeiten der hl. Hed-
wig hinaufreichendes, sehr merkwürdiges Stück.
Als im Besitz des Stiftes befindlich wird es
1704 und 1737 aufgeführt. Der oben erwähnte
Fibiger beschreibt das Glas (1704) ausführlich
und giebt die Inschrift an. Zugleich erfahren
wir, dafs es jährlich einmal, am Hedwigsfeste
(17. Oktober), im Konvente nach alter Sitte
beim gemeinsamen Mahle benutzt wurde. Jeder
der Brüder durfte einen Schluck zum An-
denken an die Patronin daraus nehmen.16)

16) Silesiographia renovata I, 600: .... Wratis-
Ittviat ad S. Matthiam eiusmodi Vitrum pia cum

Nach der Aufhebung der Stifter und Klöster
ging das Glas 1810 in fiskalischen Besitz über
und wurde lange Zeit in der durch Büsching
zusammengebrachten Alterthümersammlung der
Universität Breslau im Sandstift daselbst auf-
bewahrt. Von dort kam es 1862 in das Mu-
seum schlesischer Alterthümer.

Das Glas ist das von Nesbitt als im
Museum der Breslauer Universität befindlich
erwähnte (»Catalogue of the Collection of
Slade«, p. XXIX); ebenso ist es identisch mit
dem von Ilg (bei Lobmeyr »Die Glasindu-
strie etc.«, Stuttgart 1874, S. 50) irrthümlicher
Weise nach der hl. Elisabeth (f 1231) benann-
ten. Aus Nesbitt hat Friedrich in seinen
»Altdeutsche Gläsern« die Angabe auf S. 129
übernommen. Aber auch das von diesem For-
scher an einer zweiten Stelle (S. 196) aufge-
führte Glas, über welches auch F^ssenwein
(»Anzeiger für die Kunde der deutschen Vor-
zeit« 1877, S. 228) berichtet, ist das nämliche
Breslauer Gefäfs. Die beiden letztgenannten
Schriftsteller haben es irrthümlicher Weise mit
Berufung auf Luchs17) den geschnittenen
Hedwigsgläsern zugetheilt, zu welchen es in
keiner Weise gehört.

Das Glas gehört zu jenen Gefäfsen, bei
welchen es zweifelhaft ist, ob sie den durch
Emailmalerei verzierten orientalischen Gläsern
oder einer frühen venetianischen Nachahmung
derselben zuzurechnen sind. Es dürfte mit dem
in dem Museum der Stadt Douai aufbewahrten
„Achtpriester-Kelch" zusammenzustellen sein,
welcher ebenfalls eine Inschrift aufweist, die nur
annähernd die Form von arabischen Schrift-

veneratione asservamus, quo sanctam harte Patronam
nostram olim fuisse usam et infiymos ex eo biben-
iibus opitulante Deo, sanitali restitutos tradiderunt
majores nostri. Vitrum ipsum mundum et pellueidum
est, quartam ollae partem capiens, quod pedi argenleo
et inaurato nee non Imaginibus Quatuor Evange-
listarum quatuorque Praelatorum, Lubensis puta,
Vincentini Henrichoviensis et Mathiani Insignibus
artißeiose ornato inseri fecit ante annos tarn Cent um
et quadraginta Bartholomaeus Mandelius ad S. Mat-
thiam Magister etc. etc. (folgt die Inschrift).....

Ex quo in S. Hedwigis festo ad mensam communem
in conventu nostro Matthiano in piam Patronae
memoriam bibitur, lege quasi per consurtudinem ab
Antecessoribus nostris introdueta, ut nunquam alias
per totum annum et qtiidem unus dumtaxat haustus
ab unoquoque convictore ex eo fiat in dieta festivitate.
17) »Romanische und gothische Slilproben aus
Breslau und Trebnitz«, S. 12, 13 und Fig. 16.
 
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