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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0208

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365

1890. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

366

Die Cappenberger Schale.

Mit 3 Abbildungen.

m Besitze des Kanonikus Franz Pick
(f zu Bonn 1819) befand sich eine
aus Cappenberg stammende silberne
Schale, welche bei seinem Ableben,
wohl auf Anregung von Göthe, für die Erbgrofs-
herzogin Maria Paulowna von Sachsen-Weimar
erworben wurde, und noch heute im Grofsher-
zoglich Sächsischen Familien-Museum zu Wei-
mar aufbewahrt wird.

Das Interesse, welches Göthe und der Wei-
marer Kreis an dem Gegenstande nahmen,
schlofs nicht mit seiner Erwerbung ab, wie es
in Sammlerkreisen heute vielfach üblich ist, son-
dern fand durch dieselbe noch weitere Nahrung.
Zunächst veranlafste Göthe die Anfertigung einer
Zeichnung nach dem gravirten Medaillon im
Innern, welche Dank der Möglichkeit, eine Ab-
reibung zu machen, selbst in der Uebertragung
auf den Stein noch recht gut ausgefallen ist.1)
Jetzt sind wir durch den Kunstsinn Sr. Königl.
Hoheit des Grofsherzogs von Sachsen-Weimar
in der angenehmen Lage, von diesem in litur-
gischer, kunstgeschichtlicher und historischer
Beziehung gleich interessanten Stücke eine voll-
ständige Abbildung nebst Detail zu bringen und
die Grundform durch einen Querschnitt anschau-
lich zu machen, so dafs bei denjenigen, welche
das Original nicht selbst gesehen haben, alle die
Irrthümer nicht aufkommen können, zu welchen
die erste Abbildung Anlafs gegeben hat.

Unsere Figur auf Sp. 369/70 zeigt ein aus
Silber geschlagenes napfartiges Gefäfs. Der
Durchmesser variirt zwischen 24 und 24,4 cm,
die Tiefe ist etwa 4,5 cm und die Dicke des
Metalls + 1 mm. Nach einer älteren Angabe2)
beträgt das Gewicht 2 Mark 4S 4 Loth und der
Feingehalt 15 Loth. Der äufsere Rand ist mit
einem gravirten und vergoldeten Blattornament
bedeckt, die Mitte zeigt, ebenfalls gravirt und
vergoldet, eine figurale Komposition, welche
einen Taufakt darstellt. Wir erkennen in dieser
mit sicherem Stichel hergestellten Gravi rang ein
cylindrisches, wohl aus Metall gedachtes Tauf-
becken von etwa 90 cm Höhe.3; Es ist mit drei

x) »Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Ge-
schichtskunde« 111 (1821), S. 454 ff.

2) a. a. O. S. 454.

8) Der Taufstein zu Brenken ist 98 cm, das Tauf-
becken im Dom zu Hildesheim 105 cm hoch. Corblet

Reifen versehen, von welchen der unterste als
Fufs ausladet, während der oberste eine Ver-
stärkung des Randes bildet. In dasselbe wird,
bis zum Nabel sichtbar, ein nacktes Kind ge-
halten, dessen Kopf mit einem Tuche, dem
chrismale4) bedeckt ist. Die Inschrift bezeich-
net den Täufling als FRI | DE-1 RI | C(VS) |
I(M)P(ERA)T(OR) |5) und wir erkennen in
ihm, wie aus dem Folgenden ersichtlich werden
wird, den späteren Kaiser Friedrich I. (Barba-
rossa). An dem Vollzuge der Taufe betheiligen
sich zunächst zwei Männer, welche, wie Nord-
hoff zuerst betont hat, das Kind in einer Weise
halten, welche die Möglichkeit gewährt, dasselbe
dreimal unterzutauchen und jedesmal rasch wie-
der empor zu ziehen. Die Figur links ist durch
die Mitra, welche um die hier in Betracht kom-
mende Zeit den Aebten noch nicht verliehen zu
werden pflegte, als Bischof charakterisirt, wie es
ja auch das Bestreben fürstlicher Eltern gewesen
sein wird, von einem solchen die Taufe an ihren
Kindern vollziehen zu lassen. Wenn die Tracht
im Uebrigen von der damals bei den Bischöfen
üblichen abweicht, so stimmt sie dagegen um
so genauer mit der durch eine Mailänder Ver-
ordnung von ca. 1130 speziell für den Taufakt
vorgeschriebenen Kleidung: der Erzbischof soll
Stola, Dalmatika und Kasel ablegen, sich mit
dem paludamentum baptismale bekleiden und
die Lenden gürten.6) Beides erkennen wir aut
unserer Gravirung, die gegürtete Alba und dar-
über den Mantel. Das Fehlen der Stola, welche
in der neuern Liturgie der Taufe unentbehrlich
ist, soll uns nicht zwingen, die Taufe des jungen
Friedrich in die Mailänder Diözese zu verlegen.
Wie in Mailand kann es auch anderswo üblich
gewesen sein, die Stola für die Taufe abzulegen.

*Histoire du bapteme* zählt auf 47 Seiten die ihm
bekannten Taufsteine und Taufbecken auf, ohne die
Mafse anzugeben.

*) Vergl. Gay »Glossaire arche'ologique s. v. chris-
male«, besonders die Stelle aus dem Durandus.

5) Die Auflösung des an dieser Stelle befindlichen
Abkürzungszeichens in OR nach der Vermuthung von
Moser im »Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche
Geschichtskunde« (1822), S. 271.

6) Du Cange Glossarium s. v. paludamentum;
archiepiscopus exuit stolam et dalmaticam et planetam
et induit se paludamento baptismali, et praecingit se
mattuttrgio cum cingu/o . . . Et sie incedil ad fontes . ..
 
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