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Zeitschrift für christliche Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3822#0219

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387

1890. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 12.

388

Nur wo vollauf Mittel zur gediegenen, wür-
digen Ausstattung einer gothischen Kirche zur
Verfügung stehen, und hierzu gehört vor allem
eine Ausführung, die im Aeufsern eine Blendung
in Sandsteinen, etwas bearbeitbaren Bruchsteinen,
Tuff oder Ziegeln von durchaus gleicher Färbung
und Form, zuläfst, gebe sich der Meister an den
Versuch einer gothischen Lösung. Eine Gothik
ohne scharfe Hausteinprofile an den Gewölbe-
rippen und Gesimsen entbehrt gerade des Cha-
rakteristischsten und zeigt leider nur zu oft, dafs
hier das Wollen über das Können geht, was
künstlerisch immer mifslich ist. Verachten wir
deshalb die vorgothischen christlichen Stilarten
nicht. Versuchen wir sie wenigstens dort zu
verwenden, wo wir mit der Gothik Vollkom-
menes nicht zu leisten im Stande sind, denn
das strenge System des gothischen Stils verlangt
die vollkommenste Ausführung sowohl was Ent-

wurf wie Material anbelangt, und daher noch
einen geschulten ausführenden Meister, der auch
nicht überall zur Verfügung steht. Wenn wir
aber gothisch, romanisch oder altchristlich bauen,
suchen wir Originelles, suchen wir etwas Neues
zu schaffen und vermeiden wir aus wiederholten
ähnlichen Ausführungen alle Schablone. Jede
einzelne Ausführung bietet Gelegenheit bei sonst
fast gleichartigem Bauprogramm durch Aus-
nutzung der durch die Lage gegebenen Eigen-
thümlichkeiten, Abwechselung in die Entwürfe
zu bringen. Hüten wir uns aber vor zweck-
losen Spielereien, denn aus dem Zweck mufs
auch das kleinste Motiv hervorgehen. Dann
bin ich überzeugt, werden wir den Beifall von
allen wahrhaft Kunstverständigen finden, gleich-
viel ob wir gothisch, romanisch oder altchrist-
lich bauen.

Köln.

H. Krings, Regierimgsbaumeister.

Neues über den Meister P W von Köln.

as Werk des erst in allerjüngster Zeit
seiner wahren Bedeutung nach er-
kannten Meisters P W von Köln,
dessen Namen leider der Vergessen-
heit anheimgefallen ist, obwohl er zu den besten
Künstlern seiner Vaterstadt gezählt werden mufs,
umfafst aufser dem grofsen Schweizerkrieg und
dem köstlichen runden Kartenspiel nur eine
kleine Anzahl von Blättern und Blättchen reli-
giösen und profanen Inhalts. Ich versuchte vor
einigen Jahren im »Repertorium für Kunstwissen-
schaft«1} ein Verzeichnifs seiner sämmtlichen
Stiche zu geben, mufs aber schon heute bekennen,
dafs dasselbe in mehr als einem Punkte der Er-
gänzung und Berichtigung bedarf. So gehört
z. B. der hl. Martin, den ich a. a. O. unter Nr. 9
nach dem Katalog Durazzo (1. Nr. 166) als „in
der Weise des Meisters P IV gestochen" citirt
hatte, schwerlich dem kölnischen Stecher an.
Ich fand im Frühjahr 1888 ein zweites Exemplar
in der Sammlung Papst Benedict XIV. zu Bo-
logna, und demnach schien mir das unbezeich-
nete Blättchen eher dem niederrheinischen Mei-
ster B R mit dem Anker anzugehören, wenn
sich die Frage auch zur Zeit noch nicht mit
Bestimmtheit entscheiden läfst.

') Bd. X (1887), S. 261 bis 270.

Dagegen kann ich hier ein in meinem Ver-
zeichnifs fehlendes reizendes Blättchen aufführen,
welches, zwar ebenfalls unbezeichnet, dennoch
dem Meister mit Sicherheit zugeschrieben wer-
den darf. Der Stich — ein Unikum des Berliner
Kabinets — stellt die hl. Anna selbdritt dar: Die
hl. Jungfrau mit langem Haar sitzt rechts und
reicht mit beiden Händen das Jesuskind, dessen
Köpfchen ein Strahlenkreuz-Nimbus umschliefst,
der links sitzenden hl. Anna. Letztere mit Kopf-
und Rissentuch, fafst das rechte Aermchen des
Knaben. Beide heiligen Frauen haben Strahlen-
nimben. Der Vordergrund ist mit Rasen bedeckt,
auf dem man links und rechts Blattpflanzen, in
der Mitte ein Häschen bemerkt. Im Hinter-
gründe links auf einer Anhöhe ein Schlofs, rechts
am Himmel Wolken. —. Die Darstellung umgiebt
ein Rahmen, welcher, unten und auf der linken
Seite breiter, in 22 dreieckige Felder getheilt ist,
deren jedes mit Blumen oder Früchten: Rosen,
Nelken, Veilchen, Aggeley, Bohnenblüthen und
Erdbeeren gefüllt ist. (Unbezeichnet. 67 : 41 mm
Einfassung ohne den Rahmen, 103 : 69 mm Ein-
fassung mit demselben. P. III. 66, 185.)

Sotzmann2) beschreibt das anmuthige Blätt-
chen unter den Stichen des wahrscheinlich köl-

2) »Naumann's Archiv« III. (1857), 29, 9.
 
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