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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0183

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Abhandlungen.

Das Trierer Bild
,VerkündigungMariäu.

Mit Lichtdruck (Tafel XI).

dem Trierer Provinzial - Mu-
seum überkommene Hen-
ner'sche Sammlung enthielt
dieses merkwürdige und aus-
gezeichnete, kleine Tripty-
choii. Früher befand sich
dasselbe, von Kugler in sei-
nen »Kleinen Schriften« (II,
S. 322) erwähnt, im Gym-
nasium, ohne dafs über die eigentliche Her-
kunft desselben etwas bekannt war. Er be-
merkt nur, dafs es dem im Berliner Museum
befindlichen Bilde der Verkündigung des Hugo
van der Goes durchaus verwandt sei. In dem
VIII. Bande seines grofsen Werkes (S. 210) ver-
tritt dagegen Schnaase die Meinung, dafs es wohl
aus der Zeit des Hugo van der Goes stamme,
allein im Typus der Köpfe einen anderen Meister
verrathe. In neuester Zeit bemerkt Justi anläfs-
lich der Einordnung der Bilder in das neue Mu-
seum, jedoch ohne die Notiz der Oeffentlichkeit
zu übergeben, dafs es sich um ein flandrisches
Bildchen aus dem Anfange des XVI. Jahrh.
handle. Dies ist Alles, was ich, Dank der lie-
benswürdigen Beihülfe des Herrn Direktors Prof.
Dr. Hettner, an Angaben in der Literatur und
sonstwo zu finden vermochte. Dennoch ver-
dient das Gemälde die vollste Beachtung, da es
sich nicht allein um ein Werk der alten flan-
drischen Schule, sondern zugleich um ein Bild
von hervorragendem Kunstwerth und verhältnifs-
mäfsig guter Erhaltung handelt.

Im Mittelbilde sitzt Maria, das blonde Haar
von einem weifsen Kopftuch bedeckt, bekleidet
mit einem blauen Untergewand, mit grauem Pelz-
besatz am linken Aermel und umhüllt von einem
blauen, goldgesäumten Mantel, welcher etwas
auf den vergoldeten Rahmen übergreift und von
rechts nach links über den Schoofs hinüberge-
schlagen ist, vor einem Teppich aus Goldbrokat
und auf einer schwarz, weifs und roth gemuster-
ten Decke. In ihren Händen ruht ein aufge-
schlagenes, roth eingebundenes Gebetbuch, und

unter ihren Füfsen befindet sich ein rothes
Kissen. Im Lesen gestört, blickt sie klaren
Auges und erwartungsvoll den Engel an, wel-
cher soeben in das Gemach schwebte. Der
blondgelockte Engel kündet, das Haupt leicht
gegen Maria geneigt, mit erhobener linker Hand
und sprechender Geberde, dabei aber voller
Ehrfurcht im Blick der überirdisch leuchtenden
Augen die Botschaft. Das bläulich-weifse Unter-
gewand fällt über die nackten Füfse in schönen
Falten auf den Boden. Ein kostbarer Gold-
brokatmantel, welcher leider in den mittleren
Theilen stark abgerieben ist, bedeckt, in pracht-
volle Falten gelegt, die Gestalt. Die Flügel ha-
ben braune Ober- und grau-weifse Unterflächen.
Die rechte Hand hält einen Lilienstengel.

Das Gemach zeigt Renaissance-Architektur
und braune Marmorsäulen, an deren einer die
Lichtreflexe in wunderbarer Weise wiedergegeben
sind. Zwischen den Säulen ist eine schmale
rothe Kappe mit grünen Fransen angebracht.
Hinter dem im Hintergrunde des Gemaches
stehenden, mit einem rothen Teppich bedeckten
Bette befindet sich ein rother Vorhang. Die
offene Thür des Gemaches gewährt einen Ein-
blick in den Hof eines altflandrischen Hauses,
über welchem sich ein klarer, leicht bewölkter
Himmel wölbt. Im Inneren des Gemaches
herrscht ein tiefer, warmer Ton, aus dem sich
die beiden Gestalten in grofser Klarheit her-
vorheben.

Die Seitenflügel tragen in zierlicher, gelber
Schrift Worte zur Verherrlichung der Gottes-
mutter. Dieselben sind auf der linken Tafel
stark abgerieben.

Als ich das Triptychon im Jahre 1889 zum
ersten und im Herbste des Jahres 1890 zum
zweiten Male sah, fesselte mich dasselbe sofort
und andauernd. Ich stehe keinen Augenblick
an, dasselbe als eine Perle unter den alten Ge-
mälden des Rheinlandes zu bezeichnen. Es ist
daher wohl erklärlich, dafs die Frage nach der
Herkunft und nach dem Urheber des Gemäl-
des, worauf keine Jahreszahl, kein Künstler-
zeichen, kein Buchstabe hinweist, mich lebhaft
beschäftigte. Auf meinen letzten Reisen in
Deutschland und in den Niederlanden bin ich
 
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