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Zeitschrift für christliche Kunst — 4.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.3823#0194

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287

1891.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 9.

288

Bücherschau.

Die farbige Ausstattung des zehneckigen
Schiffes der Pfarrkirche zum hl. Gereon in
Köln durch Wand- und Glasmalereien. Ent-
worfen, ausgeführt und herausgegeben von
Dr. Aug. Ritter v. Essenwein, erster Direktor
des Germanischen National-Museums in Nürnberg.
Mit 30 Tafeln, meist Photo-Litographieen nach den
Original-Kartons. Frankfurt a. M. 1891, Verlag von
Heinrich Keller.
Das vorliegende Prachtwerk erscheint durch den
Zeitpunkt, in welchem es der Oeffentlichkeit übergeben
wird, als eine Art von Testament; denn die Zeitungen
melden, dafs den Verfasser seine unter dem Uebermafs
der Arbeit schon im Alter von G0 Jahren zusammen-
gebrochenen Gesundheitsverhältnisse leider genöthigt
haben, seine Stelle am Germanischen National-Museum,
dem er volle 25 Jahre vorgestanden hat, niederzulegen,
und sie beklagen einmüthig den Rücktritt dieses in
der Totalität seiner Eigenschaften geradezu unersetz-
lichen Mannes. Ja, was hat ihm dieses Museum, dessen
Leitung er unter äufserst schwierigen Verhältnissen
übernahm, nicht alles zu danken! Der Umfang der
Gebäulichkeiten und Sammlungen, das gewaltige An-
sehen, ja, die Popularität, welche sie überall geniefsen,
ist ganz das Verdienst seines Leiters, dem auch die
ungemein mühsame Beschaffung der riesigen und doch
immer noch unzulänglichen Mittel fast allein oblag.
Und was hat er nicht noch nebenbei geleistet im Dienste
der allen wie der neuen Kunst! Wie umfassend war
seine literarische Thätigkeit, die er bereits im Jahre
1855 mit dem Werke über »Norddeutschland's Back-
steinbau im Mittelalter« eröffnete und ohne Unterbrech-
ung fortsetzte! Und kaum tauchte in Deutschland
und mehrfach sogar über dessen Grenzen hinaus eine
bedeutungsvolle Frage, zumal auf dem Gebiete der
mittelalterlichen Kunst, im Sinne des Neubaues und
namentlich der Neuausstattung auf, der er nicht näher
zu treten veranlafst worden wäre. Vor mehr als einem
Vierteljahrhundert begann er bereits seine auf Wände,
Fufsböden, Möbel sich beziehenden Ausstattungsarbei-
ten bei den allerhervorragendsten alten Kirchenbauten,
besonders romanischen Stils, wie in (St. Martin), St.
Maria im Kapitol, St. Gereon zu Köln, im Dom zu
Braunschweig, der Klosterkirche zu Königslutter u. s. w.,
aber auch gothischen Charakters, wie im Dom zu
Köln, der Frauenkirche zu Nürnberg u. s. w. Alles
was er in dieser und vielfacher anderweitiger Beziehung
(wie durch den Um- und Anbau des Nürnberger Rath-
hauses) im Norden und Süden Deutschlands geschaffen
hat, als der grofse bahnbrechende Meister auf diesem
schwierigen Gebiete, steht da als ein gewaltiges Zeug-
nifs seiner ungemein umfassenden Kenntnisse und sei-
nes gewaltigen künstlerischen Könnens.

Als die reifste Frucht derselben darf wohl die Aus-
stattung von St. Gereon zu Köln bezeichnet werden,
und deren Veröffentlichung ist um so freudiger zu be-
grüfsen, als sie die erste ist, welche der Künstler
von den durch ihn selber ausgeführten Arbeiten ver-
anstaltet, so oft auch an ihn das Ansinnen gestellt
sein mag, dieselben zum Gemeingut, zumal für die

kirchlichen Kunsthandwerker zu machen. Vielleicht ist
es gut, dafs er mit der Publikation gerade dieser
schwierigsten Aufgabe zuerst und in einem so glänzend
ausgestatteten Prachtwerke herausgetreten ist, welches
unter den 36 Tafeln von 80 cm Höhe und 64 cm
Breite 16 Farbendrucke aufweist. Die Schwierigkeit
der Aufgabe lag ja hauptsächlich darin, die Entstehung
der Kirche in der frühchristlichen und ihrer Ausgestal-
tung in der spätromanischen Periode zugleich in der
Dekoration durchzuführen, die folgerichtig in den Mo-
tiven des VI. und in den Formen des beginnenden
XIII. Jahrh. zu halten war. Diese beiden Gesichts-
punkte, deren Richtigkeit wohl unbestreitbar ist, be-
herrschen deswegen auch den Text, der 20 Imperial-
Folioseiten umfafst und so instruktiv ist, dafs dessen
Besprechung in unserer Zeitschrift einen über das ge-
wöhnliche Mafs weit hinausreichenden Raum verlangt.

Im ersten Abschnitt gibt der Verfasser die wich-
tigsten Notizen aus der Legende des hl. Gereon und
seiner Genossen, um sofort in eingehender Untersuchung
die Entwickelung des ihnen gesetzten Denkmalbaues zu
prüfen. Dieser reicht nur im Wesentlichen bis in den
Anfang des IV. Jahrh. zurück, während die den weiten,
ursprünglich wohl unbedeckten grofsen Mittelraum um-
gebenden acht Chörchen in der Gesammtheit ihres
jetzigen Zustandes, also auch in ihren Halbkuppeln,
zweifellos dieser spätrömischen Zeit angehören. Die
Ueberdeckung des Mittelraumes und dessen Ausstattung
mit Goldmosaiken, sowie die Anlage einer Confessio
und eines Altars erfolgte wohl erst in der fränkischen
Periode, welche vielleicht auch schon eine Kloster-
gründung herbeiführte. Diese ging in der korolingi-
schen Zeit in ein Stift über, und das Wachsthum des-
selben veranlafste den hl. Erzbischof Anno, Krypta
und Chor einer erbeblichen Vergröfserung zu unter-
ziehen, deren Abschlufs wohl die im Jahre 1069 er-
folgte Weihe des kleinen Mittelaltars bezeichnet. Das
Erweiterungswerk des Chores setzte Erzbischof Arnold II.
um die Mitte des folgenden Jahrhunderts fort, während
der Neubau der Kuppel, dieser gröfsten Gewölbe-
anlage nach dem VI. Jahrh., dem XIII. Jahrh. vor-
behalten blieb und vielleicht erst gegen die Mitte des-
selben seinen Abschlufs fand. Dafs sofort auch dessen
Ausmalung vorgenommen wurde, versteht sich eigent-
lich von selbst, ist aber auch durch zahlreiche Reste
bezeugt (die zum Theil erneut werden konnten); und
die im Jahre 1683 stattgehabte Neubemalung liefs
sogar an den Diensten bis in die neueste Zeit noch
die Wiederherstellung der ursprünglichen Bemalung
erkennen.

Im zweiten Abschnitt formulirt der Verfasser sein
Programm für den in diesem Zehneck darzustellenden
Bilderkreis und geht hierbei von dem Gedanken aus,
der, wie den Baumeister, so ohne Zweifel auch den
Maler des XIII. Jahrh. beherrscht hat (dem vielleicht
noch die alte Mosaikkuppel aus eigener Anschauung
bekannt war), nämlich in ihrer Formensprache die
Ideen der frühern altchristlichen Zeit wiederzugeben.
Hieraus ergab sich für die Kuppel die Darstellung der
Herrlichkeit des Herrn, der von den neun Chören der
 
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