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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 1
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Tafel I
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Schnütgen, Alexander: Entwurf eines romanischen Hochaltars
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0022

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1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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auch in Holz ausgeführt werden können. Die
Säulen hätten dann, auf steinerne Postamente
gestellt und etwa mit dünnen Messingröhren
umkleidet, ein flaches Giebelzeltdach zu tragen,
dem im Inneren durch eingespannte mit Bögen
versehene Leisten eine gewölbeartige Gestaltung
gegeben werden könnte.

Jeder Baldachinaltar aber verlangt aus ästheti-
schen und namentlich aus praktischen Gründen
für die Mensa eine Bekrönung und für diese
bedarf es einer neuen Erfindung. Es kommt also
auch hier wieder auf den Altaraufsatz hinaus,
und dieser wird verschieden zu behandeln sein,
je nachdem es sich um einen Hoch- oder Seiten-
altar handelt.

Beschränken wir uns diesmal darauf, für den
romanischen Hochaltar und seine Konstruk-
tion einige Gesichtspunkte aufzustellen. Was
zunächst den Altar tisch anbetrifft, der nur
ausnahmsweise aus anderem Material als aus
Stein gebildet werden soll, so fehlt es hier
nicht an alten Vorbildern, weder für die Sar-
kophag-Mensa, die am einfachsten mit Blend-
arkaden zu verzieren ist, wie in Werden, Gerres-
heim, Brauweiler, noch für den Säulentisch,
wie in der Allerheiligenkapelle zu Regensburg
und im Dom zu Braunschweig, noch auch für
das gemischte System, welches zwischen den
Frontsäulen figürliche Darstellungen sich ent-
falten läfst, daher einen besonderen Reichthum
in der Ausführung gestattet. Im Unterschiede
aber von den alten Altartischen, die keiner
Rückwand bedurften, weil sie nicht die Bestim-
mung hatten, einen Aufsatz zu tragen, darf jetzt
auf die Errichtung eines solchen Hinterbaues
nicht mehr verzichtet werden, damit er dem
Aufsatze als Träger diene und nicht etwa die
Tischplatte selber, die dadurch leicht als zum
blofsen Sockel degradirt erscheinen könnte, also
zu einer ihrer erhabenen Bestimmung durch-
aus nicht entsprechenden Aufgabe.

Der Aufsatz verlangt heute ein unmittelbar
auf ihm stehendes verschliefsbares Taberna-
kulum, und über demselben ein von einem
Baldachin bekröntes Exposito rium. Der aus
diesen beiden sich zusammensetzende Thurm,
dessen Höhe zumeist bestimmt wird durch das
in der Regel hinter bezw. über ihm sich ent-
faltende Mittelfenster, würde aber zu isolirt, die
ganze Erscheinung viel zu dürftig und öde, die
Umgebung viel zu schmucklos und gedanken-
arm sein, wenn ihn nicht mit bezüglichen Dar-

stellungen versehene Tafeln flankiren würden.
Diese würden, bis zur Höhe des möglichst niedrig
zu bemessenden Tabernakels hinaufgeführt, eine
Art von Sockel bilden, dessen schon konstruktiv
nicht gut zu entbehrende Unterstufe als Leuchter-
bank um so geeigneter wäre, als eine solche
ohnehin aus praktischen Rücksichten nur un-
gern entbehrt wird, obwohl das Mittelalter sie
nicht gekannt hat. Auf diesen Seitentheilen
des Tabernakels könnten Leuchter aufgestellt
werden, zumal bei der Ausstellung des Sanctissi-
mum, auch Reliquien oder sonstige Schmuck-
gegenstände je nach der Bedeutung des Festes
bezw. der liturgischen Feier. Viel monumen-
taler und wirkungsvoller wäre es, architekto-
nisch eingefafste selbständige Bildertafeln dar-
über sich aufbauen zu lassen, mit Anschlufs
an die Expositionsnische und mit dieser harmo-
nisch sich unterordnenden Frontispizbildungen.
Diese Tafeln könnten mit der Laube verbun-
den, aber auch so lose an sie angegliedert sein,
dafs eine Benutzung derselben von der einen
wie von der andern Seite möglich, also durch
einfaches Umstellen eine Verschiedenheit der
Darstellungen und der Wirkung zu erreichen
wäre. Diese ganze Einrichtung erfordert aber
unter allen Umständen zunächst künstlerisch
abgewogene Rücksichtnahme auf die Mafsver-
hältnisse des Chores, bezw. der Hauptapsis, wie
auf deren Wand- und Fenstergestaltung, sodann
eine richtige konstruktive Behandlung, endlich
für die architektonische, ornamentale und figu-
rale Ausstattung, die nur durch eingehendes
Studium der alten Denkmäler zu erreichende
Korrektheit der Formen. Das eine aber wie
das andere, Schmuck wie Konstruktion, ist we-
sentlich bedingt durch das Material, als welches
Stein, Metall und Holz in Frage kommen
können, jedes mit den ganz eigenartigen An-
forderungen, welche es an die Verzierungstech-
niken in Form und Farbe stellt.

Die Ausführung in Stein empfiehlt sich /j '
wegen ihrer echt monumentalen Wirkung, wegen
ihrer einfachen Zusammenstellung, wegen der
derberen Formen, welche sie nicht nur für die
Hauptgliederungen, sondern namentlich auch für
die Verzierungen zuläfst, endlich wegen der
durch Anwendung verschiedenfarbigen Materials,
wie grauer und rother Sandstein, gelblicher
Kalksinter, weifser Marmor, schwärzlicher und
röthlicher Granit, leicht zu bewirkenden Mar-
kirung der Hauptglieder und Schaffung far-
 
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