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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 10
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0175

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313

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 10.

314

Buch erschau.

Dürer's schriftlicher Nachlafs auf Grund der
Originalhandschriflen und iheihveise neu entdeckter
alter Abschriften herausgegeben von Dr. K. Lange
und Dr. F. Fuhse. Halle a. S. 1893, Max Niemeyer.
Es gab bisher weder eine vollständige, noch eine
kritisch genaue Ausgabe des Dürer'schen schriftlichen
Nachlasses. Campe's »Reliquien«, die nur noch anti-
quarisch zu dem hohen Preise von 10—12 Mark zu
haben sind, mufsten noch durch Publikationen von
Heller, Becker, Waagen, Grimm, v. Zahn, His, Heusler,
Thausing, Leitschuh u. a. ergänzt werden, um ein nur
annähernd vollständiges Material zusammenzustellen.
Die Benutzung dieser Publikationen wurde durch ihr
zerstreutes Erscheinen in verschiedenen Dürer-Bio-
graphien, besondern Werken und Zeitschriften sehr
erschwert. Auch »Conway's Literary remains of Al-
brecht Dürer«, Cambridge 1889, bieten keine voll-
ständige Originalausgabe Dürer's, sondern eine nach
sachlichen Gesichtspunkten geordnete Biographie des
Meisters mit eingestreutem Originaltexte oder englischen
Uebersetzungen der meisten Theile seines Nachlasses.
Die neue Publikation entspricht daher einem vor-
handenen Bedürfnisse um so mehr, als sie vollständiger
und exakter im Vergleiche mit den bisherigen, auf der
Entdeckung mehrerer bisher unbekannter alter Ab-
schriften nach einzelnen Theilen des Dürer'schen Nach-
lasses beruht. Am Wichtigsten ist darunter die Ab-
schrift der Reime, durch welche die Zahl der bekannten
Reime Dürer's um nicht weniger als '225 vermehrt wird.
Als einen Vorzug der neuen Ausgabe müssen wir es
mit den Verfassern betrachten, dafs sie durch Aufnahme
der theoretischen Schriften die wichtigste Seite von
Dürer's litterarischer Thätigkeit zum ersten Male einem
weitern Leserkreise zugänglich macht. Die sämmtlichen
theoretischen Schriften des Meisters konnten natürlich,
ohne die neue Ausgabe über das zulässige Maafs zu
erweitern, nicht in voller Ausführlichkeit wieder ab-
gedruckt werden. Dagegen sind von den gedruckten
Büchern Dürer's aufser den Widmungsbriefen alle die-
jenigen Stellen wieder abgedruckt worden, die von all-
gemeinem Interesse und ohne Zugabe von Abbildungen
verständlich sind. Die Form, in welcher der Dürer'sche
Nachlafs publizirt wurde, weicht vortheilhaft von der
bisher üblichen ab. Während Thausing mit Andern den
Text ganz modernisirt, haben die Herausgeber die
Orthographie in allen Aeusserlichkeiten modernisirt, aber
dabei die ursprüngliche Wortform unter allen Umständen
bewahrt. Um auch dem Interesse der Germanisten
vollauf Rechnung zu tragen, haben sich die Verfasser
mit mehreren namhaften Germanisten in Beziehung
gesetzt, und sich an durchgehends ausgeführte, ganz
bestimmte und zweckmäfsige Regeln gebunden. Wenn
man auch über Einzelnes verschiedener Ansicht sein
kann, so ist doch immer daran festzuhalten, dafs die
vorliegende Dürer-Ausgabe kein Material für ortho-
graphische Studien, sondern vor allen Dingen einen
leicht lesbaren und doch für sprachliche Untersuchungen
brauchbaren Text liefern will. Der Text ist mit grofsem
Fleifse von zahlreichen sachlichen Erklärungen begleitet,
am Umfangreichsten beim Tagebuche der Niederländi-
schen Reise. Im Allgemeinen fufsen die Verfasser dabei

auf früheren Arbeiten, doch stellen sie auch in einzelnen
Fällen neue Ansichten auf. Besonderen Dank verdient
die Publikation in Beziehung auf die bisher noch nicht
abgedruckten wichtigen Dürer-Handschriften des Briti-
schen Museums in London durch den Wiederabdruck
der sämmtlichen Abschritte, die sich nur irgendwie
durch neue Gedanken oder Formulirungen auszeichnen,
und, um auch über die nicht abgedruckten Theile eine
Uebersicht zu ermöglichen, durch die kurze Angabe
des Inhalts der einzelnen Bände. Die Londoner Manu-
skripte sind gerade die wichtigsten Urkunden für die
Geschichte der theoretischen Studien Dürer's, sie zeigen,
wie in früherer Zeit diese begonnen und wie sie sich
im Laufe der Zeit verändert haben. Sehr erfreulich
ist hierbei die Notiz, dafs Mr. Sidney-Colvin in dem
nächsten Hefte der »Jahrbücher der preufsischen Kunst-
sammlungen« über dieLondonerDürer-Zeichnungen und
Handschriften Mittheilungen zu machen beabsichtigt.
Nach dem ganzen Inhalte der neuen Publikation kann
man den Herausgebern zugestehen, dafs sie damit den
Fachgenossen, sowie allen Freunden Dürer's einen
grofsen Dienst geleistet haben.

Bonn. L. Kaufmann.

Kardinal Albrecht von Brandenburg und das
Halle'sche Heilig thu msbuch von 1520. —
Albrecht Dürer's venetianischer Aufenthalt
1494 —1495. - - Verzeichnifs der Gemälde des
Hans Baidung gen.Grien. — Drei kunstgeschicht-
liche Studien von Dr. Gabriel von Terey. Strafs-
burg 1S92 und 1894, Verlag von J. H. Ed. Heitz.
Die I. Studie beschäftigt sich mit dem Halle'schen
Heiligthumsbuche, der in 257 Holzschnitten bestehen-
den, von Kardinal Albrecht von Brandenburg 1520
veranstalteten Veröffentlichung des von ihm in die
neue Domkirche seiner Residenz Halle gestifteten Re-
liquienschatzes, sowie mit dem einige Jahre später an-
gefertigten, denselben Schatz darstellenden Miniaturen-
Kodex, der sich in der Hofbibliothek zu Aschaffen-
burg befindet. Beide Werke prüft der Verfasser sehr
eingehend, vornehmlich in der Absicht, deren Verhält-
nifs zu einander klar zu stellen, und gelangt durch
sehr geschickte Kombinationen zu dem Resultate, dafs
die Miniaturen den Holzschnitten nicht als Vorlage
gedient haben und diese unabhängig von jenen ent-
standen sind. Die Miniaturen, nach Verschwinden von
9 Blättern, noch 341 Reliquiare des X.-XVI. Tahrh.,
ganz vorwiegend aber der spätgothischen Zeit dar-
stellend, sind von, wahrscheinlich nur zwei, tüchtigen
(vielleichtNürnberger) Kunstlern gezeichnet und kolorirt,
daher für das damalige Kunstgewerbe, besonders der
Goldschmiede, sehr bezeichnende Denkmäler, so dafs
deren Reproduktion recht wünschenswerth wäre. Da
der Abschlufs dieses Miniaturen-Kodex nicht nach 1520
erfolgt sein kann, so darf in ihm der mit dem Wappen
des Kardinals Albrecht und der Jahreszahl 1539 ver-
sehene Bischofsstab, den ich vor Jahresfrist im National-
museum zu Stockholm fand und demnächst hier ver-
öffentlichen werde, nicht gesucht werden.

Die II. Studie sucht Dürer's venetianischen Auf-
enthalt im Winter 1494/1495 zu begründen durch den
 
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