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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 11
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Firmenich-Richartz, Eduard: Der Meister der heiligen Sippe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0181

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S23

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

324

Brust. Zwei liebliche Engelknaben in Diakonen-
srewändern halten die Krone über ihrem srold-
lockigen Haupte. Im Bemühen, den Falten-
wurf möglichst reich und üppig zu gestalten, ist
das rothe Kleid Marias zum Theil in die Höhe
geschlagen, so dafs ein kostbares Brokatunter-
gewand und graues Stofffutter hervorschauen.
In der Höhe erscheint Gottvater ganz en
face auf goldenem Thronsitz; ein Purpur-
pluviale umgibt seine Schultern, er hält Szepter
und die krystallene Weltkugel in der Hand.
Die Taube des hl. Geistes schwebt in einer
Aureola herab; Engel in lichten Gewändern
beten den Schöpfer an. Ein goldener Hinter-
grund soll den Himmel andeuten, rosige Wol-
ken scheiden ihn von der tietblauen, irdischen
Atmosphäre. Unten in der Feme vollzieht sich
in weiter Landschaft das Erlösungswerk. Leicht
skizzirte Figürchen vergegenwärtigen zwischen
wilden Felspartien und auf der grünen Ebene vor
den Mauern Jerusalems vier Szenen der Passion:
das Gebet Christi auf dem Oelberg, die Kreuz-
schleppung, Kreuzigung und Grablegung.

Den Vordergrund begrenzt zu den Seiten
eine Reihe Chorstühle, Edelsteinsäulen tragen
über denselben goldene Bogen mit reichem
Maafswerk geziert. Vor der Halle kniet die
Stifterfamilie von Heiligen empfohlen. Links
erkennen wir zunächst St. Jakobus maior,
welcher Maria begrüfst, indem er das Haupt
vom Muschelhute entblöfst und das Antlitz,
umrahmt von grauem Barte, voll inbrünstiger
Verehrung zu ihr erhebt; an seinem Sitz lehnt
der Pilgerstab; er trägt blaues Gewand und
rothen Mantel; St. Thomas hinter ihm mit der
Lanze wendet sich zu dem Beschauer. Sein
Gesicht ist gebräunt, Bart und Haupthaar
kraus und schwarz, über die violettröthliche
Tunika hat er einen maigrünen Mantel ge-
worfen; ihm schliefst St. Georg sich an, ein
Jüngling mit blonden Locken in reicher phan-
tastischer Rüstung, Fahne und Schild in der
Hand. Zur Rechten stützt sich der greise
Apostel Andreas auf sein Kreuz und weist
auf die Gottesmutter hin, er ist in Graublau
gekleidet mit grünem Mantel. Im zweiten
Stuhl sitzt St. Hieronymus mit den Abzeichen
der Kardinalswürde in die Offenbarung ver-
tieft; ihm folgt der Diakon St. Laurentius mit
Buch und Palme.

Die zahlreiche Stifterschaar ist nach den
Geschlechtern geschieden. Der Ritter und sein

Gefolge zur Linken fesseln uns schon durch
ihren prunkvollen Aufzug; er selbst und zwei
seiner Söhne tragen über der glänzenden
Rüstung einen goldenen Tournierrock, ge-
schmückt mit schwarzen Adlern. Dies Wappen
wiederholt sich am Betstuhl. Stiftsherren im
Chorhemd oder schwarzen Habit wechseln
mit den Gepanzerten ab. Ueber den Letzten
schaut der Kopf eines Knaben hervor. Die
rechte Seite enthält sechs weibliche Gestalten
in reicher modischer Kleidung mit gefalteten
Händen und eine Franziskanerin im Andachts-
buche lesend. Auch die Gattin an der Spitze
ihrer Töchter und Enkel ist durch ein Wappen-
schild ausgezeichnet. Sie führt einen rothen
gekrönten Löwen auf goldenem Feld.

Die Kombination dieser beiden Wappen des
Ehepaares ermöglicht uns eine genaue Be-
stimmung ihrer Person4) und die Datirung
des Bildes.

Den betenden Ritter, dessen bartloses Haupt
eine schwarze Perücke deckt, können wir als
den Erbvogt von Köln, Graf Gumprecht zu
Neuenahr, Herr zu Alpen, Hackenbroich,
Rodensberg bezeichnen; seine Gemahlin ist
Gräfin Margaretha von Limburg, zu Broich,
Erbin zu Bedburg. Sie war seit 1425 mit dem
Erbvogt vermählt und starb um 1459. Gumprecht
zu Neuenahr spielt seit dem ersten Jahrzehnt
des XV. Jahrb. in der rheinischen Geschichte
eine bedeutende Rolle. Fast beständio; las: er
mit der Bürgerschaft Kölns in Fehde. 1449
begab sich Gumprecht als Gesandter des Erz-
bischofs Dietrich IL an den Hof Kaiser Fried-
richs III. Er starb am 9. März 1484.

Unser Gemälde enstand offenbar für die
Begräbnifsstätte der gräflichen Familie, die
Klosterkirche St. Maria in horto zu Köln, und
ist mit dem Jahre 1484 ziemlich genau datirt.
Die Annahme, das Bild sei noch zu Lebzeiten
der Gräfin, also vor 1459, gemalt worden, ist
aus stilistischen Gründen ganz undenkbar. Der
Künstler hat das Ehepaar mit ihren sämmt-
lichen Nachkommen dargestellt, als der Tod
beide wieder vereinte. Die Gruft schmückte
ein prachtvolles Denkmal. Freiherr v. Mering6)
theilt uns die Grabschrift auf demselben mit

4) Gütige Mitlheilung des Herrn Hauptmann
E. v. Oidtmart in Spandau.

5) Vgl. Freiherr v. Mering »Die Bischöfe und
Erzbischöfe von Köln nebst Geschichte der Kirchen
und Klöster der Stadt Köln etc.« (Iö4-1) II, S. 173 f.
 
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