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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Stummel, Friedrich: Teppichartige Wirkun, [3]: Der Fußboden
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1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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grabungen Schliemann's gezeigt; er fand noch
die Spuren der Nägel, mit welchen die Erz-
platten an den Wänden befestigt waren.

Aehnliche Arten von ehernen Schwellen,
welche in obigen Versen mit den durch das-
selbe Material bekleideten Wänden erwähnt
worden, haben die Ausgrabungen in den Trüm-
merstätten von Chorsabad, Nimrud und Ko-
jundjik zu Tage gefördert, interessante Funde
von steinernen und ehernen Schwellen assy-
rischer Kunst, welche in ihrem flachen Relief
und in ihrer bedeutenden Ausdehnung zwischen
den dicken Mauern den Raum füllend uns einen
Begriff ermöglichen von der künstlerischen Aus-
gestaltung dieses Materials für den Fufsboden.

Die ganze Fläche der Schwelle ist mit einem
vielgliedrigen Rande umsäumt. Zwei schmale
Streifen mit Rosetten umfassen die aus Pal-
metten gebildete Bordüre. Der äufsere Rand,
fransenartiges Auslaufen andeutend, schliefst im
Lotosmotive, mit Blume und Knospe wechselnd.
Das mittlere Flächenmuster bildet eine dichte
Menge Sterne, welche aus ineinanderhängen-
den Kreissegmenten geformt sind. Abgesehen
von der eigenartigen assyrischen Detailform
gleicht die ganze Eintheilung dem Orient-
teppich; sein Flachmuster ist hier in ein schwa-
ches Relief übersetzt, um auf der sonst zu
glatten Metall- oder Steinfläche dem Fufse
festeren Halt und dem Auge Abwechselung zu
bieten, ein Verfahren, welches wir im Mittel-
alter wiederfinden, da man die glasirten Terra-
kottaplatten zum Fufsbodenbelag benutzte und
die glatte farbige Fläche sowohl mit vertieften als
mit etwas hervortretenden Mustern schmückte.

Von Metallbekleidung des Fufsbodens ist
aus christlicher Zeit eine Nachricht vorhanden,
wonach Papst Hadrian I. (772—795) einen Theil
des Bodens im Presbyterium der Basilika des
hl. Petrus in Rom mit dem reinsten Silber be-
kleiden liefs. Es ist anzunehmen, dafs bei der
damals viel angewandten Kunstausübung des
Mosaiks in Gold und farbigen Glasstiften die
Wände in harmonischer Weise dem kostbaren
Fufsboden sich anschlössen.

Eine andere Art des Fufsbodenschmuckes
erwähnt die heilige Schrift im Buch Esther I, 6
mit folgenden Worten: „Auch standen goldene
und silberne Lagerpolster auf dem Pflaster, das
mit smaragdgrünem und parischem Marmor ein-
gelegt und mit wunderbarer Abwechselung des
Fufsbodens malerisch geziert war."

So sehen wir schon in frühester Zeit die
reichste Ausgestaltung des Fufsbodens, neben
welcher für einfachere Bedürfnisse sich auch
der Plattenbelag aus gebranntem Thon, aus
hartem Stein und dem edlen Marmor von Asien,
der Wiege der Civilisation, nach Griechenland
und Rom ausbreitet. Den römischen und früh-
christlichen Vorbildern folgen die einfachen aus
Quadrat und Zirkel und den davon abgeleiteten
Formen hergestellten Plattenmusterungen der
romanischen Periode, die in den einfachsten
Formen, z. B. den in schwarz und weifs wech-
selnden Quadraten in jedem Stil verwendet
sind, wie im hohen Chor des Xantener Domes
aus gothischer Zeit. Neben den ganz einfachen
Formen entfaltete sich eine Reihe charakteristi-
scher Musterungen, welche theils aus Marmor,
theils aus Thonplatten, glasirten und unglasirten,
im Jahre 1500 auch aus emaillirten Platten ge-
bildet wurden. Diesen aus Platten in geome-
trischen Formen hergestellten Musterungen ist
es gemeinsam, dafs sie grofse Flächen des Fufs-
bodens ohne besondere Gliederung gleichmäfsig
bedecken und aus wenigen Farben zusammen-
gesetzt sind. Die feingliedrige Gothik gestaltet
diesen Plattenbelag in zierlichen und kleinen
Formen, während mit den breiteren Wirkungen
der romanischen Baukunst auch der Platten-
belag in kräftigerer Musterung auftritt.

Bevor wir deren Form und Herstellungsart
im Einzelnen betrachten, sei ein Blick auf den
Zusammenhang von Wand- und Fufsboden-
dekoration geworfen, wie ein solcher schon in
der Metallbekleidung sich zeigte. Bei dem
Plattenbelag ist in der Farbe ein harmonischer
Uebergang aus der Wanddekoration in den
dekorirten Fufsboden dadurch hergestellt, dafs
auch hier ein ähnliches oder dasselbe Material
in beiden verwendet ist. Einige Beispiele aus
verschiedenen Stilperioden können als Beleg
hierfür dienen. Eine solche Einheit tritt am
bestimmtesten dann zu Tage, wenn Wand und
Fufsboden in derselben Zeit entstanden, ob-
gleich auch solche Beispiele nicht selten sind,
an denen verschiedene Jahrhunderte in ihrem
Geschmacke arbeiteten, ohne den grofsen Fa-
den einer einheitlichen Wirkung ganz zu ver-
lieren, wie z. B. die vom XI. bis XVI. Jahrh.
sich hinziehende musivische Ausstattung von
St. Marco in Venedig.

Ein Beispiel einer Dekoration einfacher Art
aus dem XIV. Jahrh. liefert eine der Seiten-
 
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