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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Firmenich-Richartz, Eduard: Die Flügelgemälde des Essener Altares
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0150

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t«04. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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und 1552 (Weihnachten) wurde er zum Raths-
herrn gewählt. Barthel Bruyn starb 1555; seine
Söhne Arnold und Bartholomäus d. J. widmeten
sich ebenfalls der Malerkunst.

Einige seiner vorzüglichsten Gemälde hat
Bruyn eigenhändig mit Daten versehen; über
die Entstehung seiner Hauptschöpfungen sind
wir durch die noch erhaltenen Verträge und
mannigfache urkundliche Aufzeichnungen auf
das Genaueste unterrichtet. An dieser Stelle
wollen wir nur kurz erwähnen, was sich an
Nachrichten über das Essener Altarwerk er-
halten hat, dessen Flügelgemälde wir in vier
Lichtdruckreproduktionen vorführen.

Die Bilder der Innenseiten „die Geburt
Christi" (Tafel VII in Heft 7) und „Epiphanien"
(Tafel VIII in diesem Hefte) liegen dem Leser
vor. Die Aufsenseiten mit Darstellungen des
„Crucifixus" und der Klage um den göttlichen
Leichnam werden durch die Tafel IX und X in
den beiden folgenden Heften veranschaulicht.

In dem »Catalogus oder Verzeichnifs der
Äbtissinnen des Kayserl. freyweltlichen Stiffts
Essen, wie sie nach einander regirt haben«
(Bibl. royale zu Brüssel cod. 14742.)3) findet
sich bei Moena von Oberstein (1489—1525)
die Eintragung: anno 1522 ist die taffei (pic-
tura) auf dem hohen chor in summo altari
bei dem weitberümten Meister Bruin bedingt
zu mahlen und anno 1525 auffgehangen, kostet
allein zu mahlen 247 goldgulden.

Diese kurze Notiz wurde durch werthvolle
Funde in dem bisher unzugänglichen Essener
Stiftsarchiv von Dr. P. Clemen4) aufs Glück-
lichste berichtigt und erweitert.

In dem uns nunmehr bekannt gewordenen
Vertrage mit dem Essener Stifte vom 17. Juli
1522 verpflichtet sich Barthel Bruyn zur Zierde
des Hochaltares zwei gröfsere und zwei kleinere
Flügeltafeln sowie die Flügel der Predella mit
Gemälden zu schmücken. Als Preis wurde
die Summe von 300 Gulden festgesetzt und
gleichzeitig ausgemacht, dafs die Bilder inner-
halb zweier Jahre vollendet sein sollten.

Am 20. Dezember 1525 stellt dann der
Künstler dem Essener Stift eine General-

s) Vgl. Dr. O. Seemann in den »Beiträgen zur
Geschichte von Stadt und Stift Essen« Heft V (1883).
P. Clemen »Kunstdenkmäler der Rheinprovinz«r Bd. II
S. 258.

4) Vgl. P. Clemen im »Repertorium für Kunst-
wissenschaft. Bd. XV (1892) S. 245.

quittung aus über den Empfang von 380 Gulden
IG alb. für die Gemälde des Hochaltares und
21 Gulden für drei seidene karmesinfarbene
Fahnen, die er „mit bylden gemalt. . . und myt
golden blomen overguylt" hatte. Als Donatorin
findet sich aber in dem Akkord nicht Monika
von Oberstein sondern Margaretha von Bich-
lingen genannt, welche der Maler auch auf
seiner Darstellung der Geburt Christi verewigte.

Bruyn's Werk fand bei seinen Zeitgenossen
die höchste Bewunderung, mehrere ältere Schrift-
steller gedenken der Essener Tafeln mit grofsem
Lob, so Georg Braun in seinem Städtebuch
1593 Bd. III p. 40 und Merian in der »Topo-
graphia Westphaliae« p. 25.

Und in der That hat der Künstler sein
Wort gehalten, wenn er versprach die Ge-
mälde „truwelich mit allem vleyss und syns
besten Vermögens" zu vollenden, sie sind sein
Meisterwerk geworden.

Von dem reichen Bilderschmuck des Essener
Altares blieben uns leider nur zwei beiderseitig
bemalte Tafeln erhalten, zwei weitere Flügel,
welche nur zur Passionszeit am Altar prangten,
wurden vor einigen Jahren von ungeschickter
Hand vernichtet. Die noch vorhandenen Ge-
mälde befanden sich auch nach ihrer Restau-
ration durch Professor Busen 1839 in bedauer-
lichem Zustand. Sie werden nun von Batzem
in Köln wiederhergestellt und sollen demnächst
den Platz ihrer ursprünglichen Bestimmung auf
dem Hochaltar wieder einnehmen.

Die Aufsenseiten der Flügel enthalten die
Bilder Christus am Kreuze und die Klage um
den göttlichen Leichnam. Der Meister be-
mühte sich hier, seine Figuren zu geschlossenen
Kompositionen zusammenzufassen, den Vor-
gang deutlich und ergreifend zu vergegenwär-
tigen. Unter bewölktem Himmel hängt die
edle Gestalt des Erlösers am Kreuzespfahl.
Links sinkt Maria ohnmächtig in die Arme
des Lieblingsjüngers Johannes, Maria Salome
betrachtet den Schmerz der Gottesmutter mit
inniger Ergriffenheit. Zu den Füfsen des Cruci-
fixus kniet Magdalena mit inbrünstigem Gebet,
Kriegsknechte und Pharisäer beschliefsen rechts
die Gruppe.

Im Hintergrunde breitet sich eine wilde
Landschaft aus mit mächtigem Felsenthor,
durch welches der Zug sich dem Richtplatze
naht. An einem einsamen vom Sturm zer-
zausten Baum hat sich Judas erhängt.
 
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